Eine junge Frau sitzt gefrustet am Computer (Quelle: imago images / Pond5 Images)
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Recht | Beitrag | Lesedauer etwa 3 Minuten - Legal Techs: Verbraucherschützer warnen vor Nebenwirkungen

Legal Techs sind juristische Unternehmen, die einfach und preiswert unsere Rechte durchsetzen wollen. Das klappt oft erstaunlich gut, hat aber einige ärgerliche Haken.

Dienstleister, die juristische Sachverhalte automatisiert behandeln und dadurch für Verbrauchende in der Regel günstiger als der Gang zum Anwalt sind, das sind sogenannte Legal Techs. Sie können uns etwa vertreten, wenn wir Entschädigungen von Fluggesellschaften erstreiten, leisten als Rechtsberatungsportale "erste Hilfe" oder erstellen rechtssichere Anschreiben und andere Dokumente.
 
Durch der Arbeit dieser Dienstleister wird die Durchsetzung von Verbraucheransprüchen gegen Unternehmen in vielen Fällen leichter, "vor allem bei niedrigen Streitwerten und wenn viele Verbraucherfälle ähnlich gelagert sind", so erläutert der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). Allerdings zahlen Verbrauchende eine Erfolgsprovision "und geben so einen Teil ihrer berechtigten Ansprüche im Erfolgsfall an den Legal-Tech-Anbieter ab – mitunter bis zu 50 Prozent."
 
Der vzbv hat nun ein Rechtsgutachten veröffentlicht, in dem Schwachstellen in der Zusammenarbeit mit Legal Techs benannt werden - gleichzeitig liefert das Gutachten Verbesserungsvorschläge.

Mehr Transparenz, weniger Aggressivität

Die derzeitigen gesetzlichen Regelungen weisen laut Gutachten in vielen Bereichen verbraucherrelevante Schwachstellen auf. So zum Beispiel in ganz einfachen Fragen der Transparenz und der Kommunikation. Brechen Anbieter ihre Dienstleistung zum Beispiel ab, müssen sie Verbraucher:innen den Grund dafür nicht mitteilen.
 
Auch die Frage, warum Dienstleister manche Aufträge gar nicht erst annehmen, werde oft nicht transparent beantwortet.
 
Ein weiterer Punkt ist laut Gutachten, dass für Verbraucherinnen und Verbraucher nicht hinreichend geklärt ist, wie mit mangelhaften Dienstleistungen umgegangen werden kann.
 
Zuletzt werden die Marketingmaßnahmen vieler Legal Techs beanstandet. Durch das aggressive Auftreten am Markt würden die Verbrauchenden zu uninformierten Entscheidungen gedrängt, zum Beispiel indem versucht werde, den Kunden weiszumachen, dass keine andere oder keine bessere Möglichkeit zur Durchsetzung des eigenen Rechts bestehe, als einen Dienstleister zu beauftragen. So seien "in der Vergangenheit häufig alternative Rechtsdurchsetzungsmöglichkeiten entweder gar nicht erwähnt oder aktiv diskreditiert" worden, etwa dadurch, dass "unrichtige Aussagen über die Arbeitsweise der Schlichtungsstellen getätigt wurden oder dass die eigenen Erfolgsquoten im Vergleich zur angeblichen Erfolglosigkeit dadurch geschönt wurden, dass sie nur auf die angenommenen Aufträge (dazu sogleich) bezogen wurden", so das Gutachten des vzbv.

Besser geht immer

Wie ließen sich die Schwachstellen verbraucherfreundlich ändern? Auch darauf gibt das Gutachten Antworten.
 
• Zuerst einmal sollte es für Verbraucherinnen und Verbraucher eine konkretere Aufklärung über andere Durchsetzungsmöglichkeiten ihres Rechts geben, um aufzuzeigen, dass die Beauftragung eines Dienstleisters nur ein Weg ist, um zu seinem Recht zu kommen. Nur wenn Verbrauchende gut informiert sind, können sie den für sie besten Weg wählen.
 
• Ist ein Dienstleister erst einmal beauftragt, stellen sich mehrere Fragen: Inwieweit ist der Dienstleister tätig geworden? Warum wird ein Fall gegebenenfalls nicht mehr weiter bearbeitet? Für all diese Vorgänge sollte es klare Kommunikations-und Dokumentationsregeln geben, die innerhalb bestimmter Fristen einzuhalten sind. Nur so können Verbraucherinnen und Verbraucher nachvollziehen, was in ihrem Fall passiert ist.
 
• Außerdem wird in dem Gutachten eine personell gut aufgestellte, starke Aufsicht für Legal Techs gefordert, mit der Möglichkeit, effektive Sanktionen zu verhängen. Das Bundesamt für Justiz wird diese Aufgabe ab Januar 2025 übernehmen. Diese Aufsicht "sollte sich nicht nur auf das Registrierungsverfahren fokussieren, sondern auch die laufende Tätigkeit der Dienstleister erfassen und insbesondere Missstände bei mangelnder Erreichbarkeit und Kommunikation, bei verzögerter Weiterleitung von Fremdgeldern und bei der Abrechnung verhindern", so das Gutachten.
 
• Sinnvoll wäre laut dem Gutachten des vzbv,, wenn zusätzlich ein Beschwerdeverfahren eingeführt würde, wie es das Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz für die Aufsichtstätigkeit der BaFin vorsieht.

Politik zum Handeln aufgefordert

Diesen konkreten Verbesserungsvorschlägen folgt in dem Gutachten eine Forderung des Verbraucherzentrale Bundesverbandes an die Politik. Denn auch wenn Legal Techs ein Baustein zu mehr Verbraucherfreundlichkeit sind, erhalten sie im Erfolgsfall ein Honorar "in nicht unerheblicher Höhe", daher erhielten Verbraucherinnen und Verbraucher nicht die eigentlich im Recht vorgesehene Entschädigung in voller Höhe.
 
So bleibt laut vzbv die Frage, warum Verbraucher:innen etwa Hilfe bei einfachen Tätigkeiten wie der Kündigung eines Vertrags oder dem Ausfüllen eines Formulars überhaupt benötigen?
 
Wichtig sei, im geltenden Verbraucherrecht eine klare, "wenigstens für einen 'Durchschnittsverbraucher' verständliche Rechtslage zu schaffen, die zu deren robuster Durchsetzung gegenüber den Unternehmern beiträgt.

Ein Beitrag von SUPER.MARKT, 08.04.2024.