Olaf Jacobs, Dokumentarfilmproduzent, (Foto: Hoferichter & Jacobs GmbH)
Olaf Jacobs, Filmproduzent | Bild: Hoferichter & Jacobs GmbH

Drei Filme - zwei Datenerhebungen - Olaf Jacobs: "Mit dem Wahlabend 2017 fing alles an"

Ein außergewöhnliches Angebot im rbb Fernsehen: Ostfrauen - drei Filme, zwei wissenschaftliche Datenerhebungen. Die Filme als emotionalen Kern, die präzisen Datenauswertungen als zusätzliche Dimension, so hat das Team um Produzent Olaf Jacobs sein Projekt von Anfang an verstanden. Die wissenschaftlichen Arbeiten finden Sie hier auf der Seite zum Download.

So gehören zu den Filmen über Frauen und den Texten von Frauen in diesem Webangebot selbstverständlich auch die Studie "Ostfrauen - Wege zur Macht" von Michael Schönherr und Olaf Jacobs sowie die wissenschaftliche Datenkommentierung "Ostfrauen - Mythos und Wirklichkeit" von Hildegard Maria Nickel und Martin Kopplin.  
 

"Wir haben es in gewisser Weise für ein Gebot der Sorgfalt gehalten, die Dinge, die uns auffielen, die oft zunächst nur Eindrücke waren, auch durch eine gründliche Recherche zu hinterfragen", so Olaf Jacobs. Denkt man an ostdeutsche Ministerinnen und Minister in der Bundesregierung in den letzten Jahren, fallen einem spontan mehr Frauen ein. Aber ist das nur ein Eindruck oder hat das einen faktischen Hintergrund? Und ist es ein Zufall, dass von vier ostdeutschen Vorständen im DAX drei Frauen sind oder hat vielleicht auch das eine gewisse Systematik?

Olaf Jacobs

  • 1972 in Leipzig geboren
  • Regisseur, Film- und Fernsehproduzent
  • 1993-1995 Redakteur beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk
  • 1996 gemeinsam mit Filmautor und Regisseur Matthias Hoferichter Gründung der Produktionsfirma Hoferichter & Jacobs, Jacobs ist alleiniger Geschäftsführer
  • seit 2002 Lehraufträge an Universitäten und Hochschulen
  • Medientrainer
  • 2014 Honorarprofessor für Ökonomie der Film- und FS-Produktion an der Uni Leipzig
  • 2016 Gastprofessur in Lodz, Polen
  • Mitglied der Deutschen und der Europäischen Filmakademie
  • Jacobs ist Segler (Platz 4, Paralympics, Athen, 2004)
Abgleich an der Realität

Die Filmemacher wollten überprüfen, ob ihr Thema auch tatsächlich ein gesellschaftliches Thema ist. "Weil die Recherchen dazu durchaus interessante Ergebnisse brachten, die der Hintergrund für die Filme sind, ohne in den Details darin ausgeführt zu werden, haben wir sie online und in Sachbeiträgen öffentlich gemacht", so Jacobs.

Der Ausgangspunkt lag für das Filmteam in gewisser Weise am Abend der Bundestagswahl 2017. In der sogenannten "Elefantenrunde" saßen mit Angela Merkel, Katja Kipping und Katrin Göring-Eckardt, drei Frauen. Alle drei haben eine ostdeutsche Biografie. Auf den anderen Kanälen waren mit Manuela Schwesig, Frauke Petry und Sahra Wagenknecht weitere Politikerinnen zu hören, die aus dem Osten kamen. Das fiel auf und war ein Startpunkt für die Recherchen und in gewisser Weise auch für die Filme. Und wie Jacobs ergänzt, "da stellt sich natürlich auch ein wenig die Frage: Wo ist eigentlich der ostdeutsche Mann?"
 
"Wir haben als Journalisten recherchiert und eigene Daten erhoben sowie vom GESIS – Leibniz Institut für Sozialwissenschaften - aus deren ALLBUS Datenbank umfangreiches Material zur Entwicklung von Einstellungen, Wertemustern und Verhaltensweisen erhalten", erläutert der Produzent. Frau Prof. Nickel von der Humboldt-Universität zu Berlin hat dazu die wissenschaftliche Interpretation geschrieben.

Wichtige Arbeiten

  • (Dokus) "Wem gehört der Osten?" (Preis für ausgezeichneten Wirtschaftsjounalismus), "Forgetting Dad" (Max-Ophüls-Preis), "Unter Männern - Schwul in der DDR", "Grenze", "Homemade Hillbilly Jam", "DDR ahoi" (Grimme-Preis),
  • (Spielfilme) "Balkan Traffic - Übermorgen Nirgendwo", "Three Girls", "Drei Stern Rot"
  • Etwa 50 Filme und Filmreihen, viele setzen sich mit der DDR und der Wendezeit auseinander
  • Autor und Herausgeber von 14 Fach- und Sachbüchern
89er Umbruch für Frauen einschneidender als für Männer

Da zeigt sich, was in Medien und Politik wie eine Erfolgsgeschichte aussieht, bietet anhand der Daten ein ernüchterndes Bild: Mehr Frauen wurden arbeitslos, mehr Frauen sind weggegangen. Das prägt nicht nur die Betroffenen, sondern Familien, Kinder und damit mehr als eine Generation und sogar ganze Regionen. "Persönlich ist mein Eindruck, dass der Umbruch 1989 und die Transformationszeit danach für Frauen noch einschneidender war, als für Männer", sagt Jacobs. 
 
Interessant sei aber auch, dass von den besonderen ostdeutschen Emanzipationserfahrungen das ganze Land profitiert habe. Schaue man auf die Daten im Detail, zeigen die Haltung zu arbeitenden Müttern, zur Kinderbetreuung aber auch zu Rollenbildern eine deutliche Bewegung aufeinander zu. Das weicht von anderen gesellschaftlichen Bereichen ab, in denen es primär einen Angleich des Ostens an den Westen gibt.
 
"Insofern erzählen wir mit dem Projekt interessante Geschichten", so Jacobs "und regen hoffentlich hier und da zum Nachdenken und zur Diskussion an".
 
Ullrich Nicklisch, Interview mit Olaf Jacobs

Die wissenschaftlichen Arbeiten zur Doku-Reihe für Sie zum Download