Zum 100. Geburtstag von Wolfgang Neuss -
Eine köstliche Satire auf die Vergangenheitsbewältigung im Nachkriegsdeutschland - der Kultfilm von und mit dem legendären Wolfgang Neuss.
Das rbb Fernsehen sendet "Wir Kellerkinder" zu Ehren von Wolfgang Neuss, der am 3. Dezember dieses Jahres 100 Jahre alt geworden wäre.
Der Minister fordert von der Wochenschau Aufnahmen von Hakenkreuzschmierereien. Man muss sie schnellstens herstellen. Es gelingt der Wochenschau drei gerade aus der Irrenanstalt entlassene Musiker und ein Mädchen zu diesem Zweck zu engagieren. Beim Malen der Hakenkreuze werden sie von der Polizei überrascht. Der Reporter und die Männer retten sich in einen Jazzkeller. Im Keller beginnt einer der Männer, Macke Prinz, in einer Rückblende - von 1938 bis heute - sein Leben zu erzählen. Als sie den Keller verlassen, begegnet ihnen das Mädchen "Nenne" mit der Polizei. Die drei Männer werden wieder in die Anstalt zurückgebracht. Der Minister bekommt seinen Film und gibt ihn ratlos weiter.
Eine köstliche Satire auf die Vergangenheitsbewältigung im Nachkriegsdeutschland - der Kultfilm von und mit dem legendären Wolfgang Neuss.
Wolfgang Neuss, am 3. Dezember 1923 in Breslau geboren, galt geheimhin als Enfant terrible des deutschen Bürgertums und wurde als scharfzüngigster Satiriker und Kabarettist der deutschen Nachkriegszeit bezeichnet. Der gelernte Fleischer, der eigentlich Clown werden wollte, kam 1941 mit 17 Jahren an die Ostfront und schließlich ins Lazarett, wo er für Verwundete spielte und den Krankhausclown gab. Sein schauspielerisches Talent nutze der nach dem Krieg und machte in West-Berlin schnell Karriere als Kabarettist. 1949 lernte er Wolfgang Müller kennen. Das Duo der zwei Wolfgangs wurde ein Riesenerfolg und landete einen Gassenhauer nach dem anderen (wie beispielsweise mit dem „Lied vom Wirtschaftswunder“, 1958). Neuss spielte Theater und in weit über 70 Filmen, darunter Werken wie „Auf der Reeperbahn nachts um halb Eins“ (1954), in der Neuverfilmung von „Die Drei von der Tankstelle“ (1955) oder „Des Teufels General“ (1955) und in späteren Jahren „Chapeau Claque“ (1974). Sein letzter Film war „Is was, Kanzler?“ (1984). 1951 begeisterte er in der Waldbühne 20.000 Berliner und wurde seitdem „Mann mit der Pauke“ genannt, weil er als Requisit eine große Trommel verwendete.
Der Tod Wolfgang Müllers stürzte Neuss in eine tiefe Krise. Dennoch gelang es ihm zusammen mit Wolfgang Gruner das gemeinsame Filmprojekt „Wir Kellerkinder“ (1960) fertig zu stellen. Um seinen Film „Genosse Münchhausen“ zu bewerben und die Leute vom Fernseher weg hin ins Kino zu bekommen, verriet Neuss per Zeitungsanzeige den Mörder des populären Durbridge-Krimis. Der daraus resultierende Skandal war 1962 vorprogrammiert. Zu Beginn der 1980er Jahre feierte Neuss im Fernsehen wie auch auf der Bühne nochmals ein Comeback, nachdem er sich in den 70ern fast vollständig zurückgezogen hatte. 1983 hatte er seinen letzten großen Fernsehauftritt. Den damaligen regierende Bürgermeister von Berlin, Richard von Weizsäcker, versuchte Neuss von der Cannabis-Legalisierung zu überzeugen. Zur Legende wurde sein Zitat: „Im Übrigen sind wir uns einig, auf deutschem Boden darf nie wieder ein Joint ausgehen.“
Als Wolfgang Neuss am 5. Mai 1989 in West-Berlin starb, endete mit ihm eine Ära der großen Kleinkunst. Der Mann mit der Pauke wäre am 3. Dezember dieses Jahres 100 Jahre alt geworden.
Wir Kellerkinder
Spielfilm Deutschland 1960
Macke Prinz (Wolfgang Neuss)
Arthur (Wolfgang Gruner)
Adalbert (Jo Herbst)
Knösel (Achim Strietzel)
Herr Briehl (Rudi Schmitt)
Frau Briehl (Inge Egger)
Nenne, 18 Jahre (Karin Baal)
Keschke (Ralf Wolter)
Almuth Prinz, Mackes Schwester (Ingrid van Bergen)
Chauffeur (Helmut Käutner) u. a.
Musik: Peter Sandloff
Kamera: Werner M. Lenz
Buch: Wolfgang Neuss
Regie: Jochen Wiedermann