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Unkontrollierter Drogenhandel über die Gefängnismauern, die Sicherungsanlagen der Jugendstrafanstalt Plötzensee spotten jeder Beschreibung. Mangelhafte Fachaufsicht, Personal- und Geldmangel führen jedoch nicht nur zum schwunghaften Handel mit Drogen, Handys und Anabolika, sondern bedrohen auch die Sicherheit von Gefängnisinsassen und Wachpersonal. Richter und Anwälte schildern erstmals Gewaltexzesse aus dem Inneren der Anstalt.
Nachdem wir in unserem ARD-Magazin KONTRASTE den Skandal über den Drogenschmuggel in der Jugend-Strafanstalt Plötzensee aufgedeckt hatten, ist Berlins Justizsenatorin Gisela von der Aue stark unter Druck geraten. Noch hat sie Rückendeckung vom Senat... Doch der offene Drogenschmuggel ist nur ein Problem in Plötzensee. Noch schlimmer geht es hinter den Gefängnismauern zu. Dort haben sich Banden gebildet, die mit brutaler Gewalt andere Mithäftlinge quälen und zu Sklaven-Diensten zwingen. Auch davon weiß die Justizsenatorin seit Monaten. Gabi Probst über den Alltag in einem Jugend-Gefängnis, in dem 14- bis 21jährige jeden Tag Schlimmstes befürchten müssen.
Namen und Gesicht dieser Mutter müssen anonym bleiben. Sie hat Angst vor Gewalt gegen ihren Sohn.
Mutter
„Ich habe Angst um meinen Sohn, dass er die Haftanstalt nicht lebend verlässt. Er ist der Gewalt einfach nicht gewachsen.“
Der Gewalt nicht gewachsen. Diese Mutter meint die Gewalt in der Jugendstrafanstalt, in der ihr 20jähriger Sohn seit einem Jahr eine Freiheitsstrafe absitzt. Eigentlich sollen hier 14-21jährige Straftäter erzogen und auf den richtigen Weg gebracht werden. Aber:
Mutter
„Er sitzt da für eine Straftat, die möchte er absitzen. Er möchte da seiner Arbeit nachgehen. Und der Junge findet da drinnen keine Ruhe, weil er immer ein ungutes Gefühl hat. Eben mit einem unguten Gefühl steht er auf, mit einem unguten Gefühl geht er schlafen.“
Vier Mal ist der Sohn innerhalb eines Jahres zusammen geschlagen worden, in der Zelle, auf der Arbeit, beim Hofgang.
Mutter
„Er hatte Prellungen gehabt an den Rippen, Prellungen an der Brust, Arme, Schenkeln – waren eben halt alles Prellungen gewesen.“
Prellungen durch Mithäftlinge. Sie sind so genannte Intensivtäter arabischer Herkunft, sagt die Mutter. Häftlinge mit Migrationshintergrund haben sich hier in Banden organisiert und den Gefängnisalltag fest im Griff, sagen Insider.
Unter diesen Bedingungen hat die Vorsitzende der Vereinigung Berliner Staatsanwälte Bedenken, junge Angeklagte überhaupt noch in die Jugendstrafanstalt zu schicken.
Vera Junker, Vereinigung Berliner Staatsanwälte
„Staatsanwälte berichten von Körperverletzungen übelster Art. Das ist ausgesprochen bedrohlich, insbesondere natürlich für die, die unterlegen sind, ist das eine echte Gefahr und auch unter diesem Aspekt muss man sich überlegen, ob man Jugendliche da noch hinschicken kann. Wir dürfen ja eins nicht vergessen: wir wollen erziehen!“
Der jahrelange Drogen- und Anabolika-Handel, der nachts über die Gefängnismauer läuft und den ein Reporterteam von Kontraste vor wenigen Tagen öffentlich machte, gehört zu der Bandenkriminalität und soll nur die Spitze des Eisberg sein. Erpressung und Körperverletzung zählen - wie der Drogenhandel - zum Gefängnisalltag.
Viele Vollzugsbedienstete hätten schon kapituliert, erklären sie uns. Darüber reden, wollen sie nur verdeckt. Angst vor Repressalien.
Vollzugsbediensteter
„Das kann ich im vollen Umfang bestätigen. Die Ausländer sind proportional gesehen zu den Deutschen um ein Vielfaches mehr. Das heißt also ein Deutscher, der vielleicht nur einen einfachen Diebstahl gemacht hat, der taucht ein in eine Subkultur, die voll ist vor schwerer Kriminalität, die mit Menschenräubern, Totschlägern, mit Mördern, Vergewaltigern zusammen gesperrt werden, wo sich Insassen damit brüsten: du ich bin ein Mörder, du musst Angst haben.“
Gefangene würden auch wie Sklaven gehalten, sagt er.
Vollzugsbediensteter
„Zu der Subkultur gehört auch, dass ein Insasse eine Wohngruppe völlig in Griff hatte. Der hatte seine Hierarchie selbst aufgebaut. Der hatte also Zuträger gehabt, der hat seine Leute gehabt, die für ihn kochen der hat seine Leute gehabt, die für ihn sauber machen.“
Nach der ersten Misshandlung hatte der Sohn noch den Vorfall gemeldet. Die Konsequenzen folgten gleich: Rache und Einschüchterung.
Aber auch Bedienstete fühlen sich eingeschüchtert – von der Anstaltsleitung. Viel zu wenig Personal sei die Hauptursache, sagt eine Bedienstete. Doch Probleme sollen unter der Decke bleiben.
Vollzugsbeamtin
„Die Leute, die in der Anstalt kritisieren, die sich eigentlich einbringen wollen, die auch die Verwahrlosung sehen, die werden gemobbt.“
Vollzugsbeamte sind machtlos – die Folgen tragen die Gewaltopfer.
Mutter
„Den macht das da drinnen einfach fertig. Mein Sohn hat abgenommen. Er sieht einfach schlimm aus. Ich denke mal, da drinnen wird seine Seele so richtig gebrochen.“
Strafverteidiger haben solche ‚gebrochenen Seelen’ oft als Mandanten.
Andreas Junge, Rechtsanwalt Berlin
„Ich habe durchaus Mandanten, die als, nennen wir es mal nach außen stabile Persönlichkeiten in die Jugendstrafanstalt, in die U-Haft hineingehen, dort, nicht alle Mandanten, aber einige, dort etwas erleben, was dermaßen erschüttert, dass sie wirklich als weinende Individuen wieder herauskommen.“
Selten gelingt es Körperverletzungen im Gefängnis durch ein Gericht ahnden zu lassen. Vor wenigen Wochen wurde aber doch ein ganz besonders, krasser Fall verhandelt. So wurde dem Angeklagten zur Last gelegt, Zitat:
„…als Insasse der Jugendstrafanstalt Berlin ab August 2006 einem ihm körperlich unterlegenen Mitinsassen in 18 Fällen planmäßig schikaniert, gedemütigt und in 9 Fällen unter Einsatz eines gefährlichen Werkzeugs – körperlich misshandelt zu haben.“
Auch Jugendrichterin Kirsten Heisig und ihre Richterkollegen verfolgen mit Sorge die zunehmenden Gewaltexsesse und das Wegschauen durch die Verantwortlichen, wie sie sagt. Sie hält es inzwischen für nötig jeden Gefangenen eindringlich nach Gewalterfahrungen in der Jugendstrafanstalt zu fragen.
Kirstin Heisig, Jugendrichterin Berlin
„Ich erinnere mich konkret an eine Situation vor nicht langer Zeit, als mir ein homosexueller Untersuchungshäftling vorgeführt wurde, der schlicht und ergreifend sagte, machen sie alles mit mir, aber schicken sie mich bitte nicht dorthin zurück zu den sechs Arabern, die da für mich zuständig sind.“
Vera Junker, Vereinigung Berliner Staatsanwälte
„Für mich ist das eine Kapitulation des Rechtsstaates. Denn, wenn wir einerseits zuschauen, wie die Drogen mehr oder weniger ungehindert in die Anstalt kommen, wenn wir zuschauen, wie dort Gewaltexzesse stattfinden, dann müssen wir uns nicht wundern, wenn die Situation irgendwann kippt. Und die Situation auch unkontrollierbar wird.“
Mutter
„Er beruhigt mich, dass ich mir keine Sorgen machen muss, aber als Mutter spürt man, dass ich mir keine Sorgen machen muss. Aber als Mutter spürt man so etwas, dass er da drinnen Angst hat.“
Diese Frau hatte auch einen Brief an die Justizsenatorin geschrieben. Unterzeichnet mit „eine Mutter, die Angst hat um ihren Sohn“. Und auch mehrere Jugendrichter haben der Senatorin schon im November 2006 über die Missstände im Jugendgefängnis berichtet. Geschehen ist - ganz augenscheinlich - nichts.
Namen und Gesicht dieser Mutter müssen anonym bleiben. Sie hat Angst vor Gewalt gegen ihren Sohn.
Mutter
„Ich habe Angst um meinen Sohn, dass er die Haftanstalt nicht lebend verlässt. Er ist der Gewalt einfach nicht gewachsen.“
Der Gewalt nicht gewachsen. Diese Mutter meint die Gewalt in der Jugendstrafanstalt, in der ihr 20jähriger Sohn seit einem Jahr eine Freiheitsstrafe absitzt. Eigentlich sollen hier 14-21jährige Straftäter erzogen und auf den richtigen Weg gebracht werden. Aber:
Mutter
„Er sitzt da für eine Straftat, die möchte er absitzen. Er möchte da seiner Arbeit nachgehen. Und der Junge findet da drinnen keine Ruhe, weil er immer ein ungutes Gefühl hat. Eben mit einem unguten Gefühl steht er auf, mit einem unguten Gefühl geht er schlafen.“
Vier Mal ist der Sohn innerhalb eines Jahres zusammen geschlagen worden, in der Zelle, auf der Arbeit, beim Hofgang.
Mutter
„Er hatte Prellungen gehabt an den Rippen, Prellungen an der Brust, Arme, Schenkeln – waren eben halt alles Prellungen gewesen.“
Prellungen durch Mithäftlinge. Sie sind so genannte Intensivtäter arabischer Herkunft, sagt die Mutter. Häftlinge mit Migrationshintergrund haben sich hier in Banden organisiert und den Gefängnisalltag fest im Griff, sagen Insider.
Unter diesen Bedingungen hat die Vorsitzende der Vereinigung Berliner Staatsanwälte Bedenken, junge Angeklagte überhaupt noch in die Jugendstrafanstalt zu schicken.
Vera Junker, Vereinigung Berliner Staatsanwälte
„Staatsanwälte berichten von Körperverletzungen übelster Art. Das ist ausgesprochen bedrohlich, insbesondere natürlich für die, die unterlegen sind, ist das eine echte Gefahr und auch unter diesem Aspekt muss man sich überlegen, ob man Jugendliche da noch hinschicken kann. Wir dürfen ja eins nicht vergessen: wir wollen erziehen!“
Der jahrelange Drogen- und Anabolika-Handel, der nachts über die Gefängnismauer läuft und den ein Reporterteam von Kontraste vor wenigen Tagen öffentlich machte, gehört zu der Bandenkriminalität und soll nur die Spitze des Eisberg sein. Erpressung und Körperverletzung zählen - wie der Drogenhandel - zum Gefängnisalltag.
Viele Vollzugsbedienstete hätten schon kapituliert, erklären sie uns. Darüber reden, wollen sie nur verdeckt. Angst vor Repressalien.
Vollzugsbediensteter
„Das kann ich im vollen Umfang bestätigen. Die Ausländer sind proportional gesehen zu den Deutschen um ein Vielfaches mehr. Das heißt also ein Deutscher, der vielleicht nur einen einfachen Diebstahl gemacht hat, der taucht ein in eine Subkultur, die voll ist vor schwerer Kriminalität, die mit Menschenräubern, Totschlägern, mit Mördern, Vergewaltigern zusammen gesperrt werden, wo sich Insassen damit brüsten: du ich bin ein Mörder, du musst Angst haben.“
Gefangene würden auch wie Sklaven gehalten, sagt er.
Vollzugsbediensteter
„Zu der Subkultur gehört auch, dass ein Insasse eine Wohngruppe völlig in Griff hatte. Der hatte seine Hierarchie selbst aufgebaut. Der hatte also Zuträger gehabt, der hat seine Leute gehabt, die für ihn kochen der hat seine Leute gehabt, die für ihn sauber machen.“
Nach der ersten Misshandlung hatte der Sohn noch den Vorfall gemeldet. Die Konsequenzen folgten gleich: Rache und Einschüchterung.
Aber auch Bedienstete fühlen sich eingeschüchtert – von der Anstaltsleitung. Viel zu wenig Personal sei die Hauptursache, sagt eine Bedienstete. Doch Probleme sollen unter der Decke bleiben.
Vollzugsbeamtin
„Die Leute, die in der Anstalt kritisieren, die sich eigentlich einbringen wollen, die auch die Verwahrlosung sehen, die werden gemobbt.“
Vollzugsbeamte sind machtlos – die Folgen tragen die Gewaltopfer.
Mutter
„Den macht das da drinnen einfach fertig. Mein Sohn hat abgenommen. Er sieht einfach schlimm aus. Ich denke mal, da drinnen wird seine Seele so richtig gebrochen.“
Strafverteidiger haben solche ‚gebrochenen Seelen’ oft als Mandanten.
Andreas Junge, Rechtsanwalt Berlin
„Ich habe durchaus Mandanten, die als, nennen wir es mal nach außen stabile Persönlichkeiten in die Jugendstrafanstalt, in die U-Haft hineingehen, dort, nicht alle Mandanten, aber einige, dort etwas erleben, was dermaßen erschüttert, dass sie wirklich als weinende Individuen wieder herauskommen.“
Selten gelingt es Körperverletzungen im Gefängnis durch ein Gericht ahnden zu lassen. Vor wenigen Wochen wurde aber doch ein ganz besonders, krasser Fall verhandelt. So wurde dem Angeklagten zur Last gelegt, Zitat:
„…als Insasse der Jugendstrafanstalt Berlin ab August 2006 einem ihm körperlich unterlegenen Mitinsassen in 18 Fällen planmäßig schikaniert, gedemütigt und in 9 Fällen unter Einsatz eines gefährlichen Werkzeugs – körperlich misshandelt zu haben.“
Auch Jugendrichterin Kirsten Heisig und ihre Richterkollegen verfolgen mit Sorge die zunehmenden Gewaltexsesse und das Wegschauen durch die Verantwortlichen, wie sie sagt. Sie hält es inzwischen für nötig jeden Gefangenen eindringlich nach Gewalterfahrungen in der Jugendstrafanstalt zu fragen.
Kirstin Heisig, Jugendrichterin Berlin
„Ich erinnere mich konkret an eine Situation vor nicht langer Zeit, als mir ein homosexueller Untersuchungshäftling vorgeführt wurde, der schlicht und ergreifend sagte, machen sie alles mit mir, aber schicken sie mich bitte nicht dorthin zurück zu den sechs Arabern, die da für mich zuständig sind.“
Vera Junker, Vereinigung Berliner Staatsanwälte
„Für mich ist das eine Kapitulation des Rechtsstaates. Denn, wenn wir einerseits zuschauen, wie die Drogen mehr oder weniger ungehindert in die Anstalt kommen, wenn wir zuschauen, wie dort Gewaltexzesse stattfinden, dann müssen wir uns nicht wundern, wenn die Situation irgendwann kippt. Und die Situation auch unkontrollierbar wird.“
Mutter
„Er beruhigt mich, dass ich mir keine Sorgen machen muss, aber als Mutter spürt man, dass ich mir keine Sorgen machen muss. Aber als Mutter spürt man so etwas, dass er da drinnen Angst hat.“
Diese Frau hatte auch einen Brief an die Justizsenatorin geschrieben. Unterzeichnet mit „eine Mutter, die Angst hat um ihren Sohn“. Und auch mehrere Jugendrichter haben der Senatorin schon im November 2006 über die Missstände im Jugendgefängnis berichtet. Geschehen ist - ganz augenscheinlich - nichts.