Tatsächlich war Preußens Bildungspolitik zu jener Zeit ein Gemisch aus Innovation und Tradition.

Eine ähnliche Ambivalenz findet sich bei Ilsa-Marie von Holtzendorff und ihrem Konzept für Gut Wilsickow. Einerseits realisierte sie eine sehr ungewöhnliche und neuartige Idee – nämlich das Herrenhaus ihrer Familie zu nutzen, um liebe- und zuwendungsbedürftigen Kindern ein neues Zuhause zu geben und ihnen Bildung und Erziehung zukommen zu lassen. So würde sie den folgenden Satz aus dem Jahr 1798 sicherlich unterstreichen:

"Unterricht und Erziehung bilden den Menschen und den Bürger, so daß ihr Einfluss auf die Wohlfahrt des Staates von höchster Wichtigkeit ist."(aus dem Programm der Bildungsreform unter Friedrich Wilhelm III.).

Damit vertritt Ilsa-Marie  auch die Ideale Wilhelm von Humboldts, jedem Menschen, ganz gleich welcher Herkunft, die Chance auf Bildung zu geben und so soziale Unterschiede aufzuheben.

Sehr traditionell wiederum ist Ilsa-Marie bei der Umsetzung ihrer Ideen. Fleiß, Ordnung, Sauberkeit, Disziplin, Ehrlichkeit, Sparsamkeit und Zuverlässigkeit - diese Ideale wurden ihr als Kind besonders von ihrem Vater vermittelt.  Auch sie praktizierte sowohl bei ihren eigenen Kindern als auch bei den Pflegekindern eine sehr strenge, von preußischen Tugenden geprägte Erziehung. Außerdem versuchte sie, ähnlich wie Friedrich Wilhelm IV., „den unheilvollen Einflüssen eines verpesteten Zeitgeistes“ entgegenzuwirken. So limitierte sie den Fernsehkonsum ihrer eigenen Kinder auf ein Minimum und verbot ihnen den Zugang zum Internet ganz.

Das Militär wurde Ende des 19. Jahrhunderts in ganz Preußen Vorbild in Sachen Erziehung. Und auch in der Familie von Holtzendorff hat es eine lange Tradition.

Erstausstrahlung: 28.12.2013 rbb Fernsehen