Haare bestehen aus Hornzellen, die sich zu Fasern aneinander schmiegen. Die Hornzellen wiederum bestehen im Wesentlichen aus Keratin, einer Gruppe von Faserproteinen. Hornzellen haben weder Nerven, noch werden sie über das Gefäßsystem mit Blut versorgt -  deshalb nennt man sie auch tote Zellen.

Im menschlichen Haar legen sich die Hornfasern in drei Schichten umeinander. Die äußerste davon, die Cuticula, bildet eine Schuppenförmige Struktur - ähnlich wie bei einem Tannenzapfen liegen die Lamellen leicht übereinander. Ja, das was wir von unseren Haaren sehen können, sind keine "lebendigen" Zellen - und doch scheinen sie manchmal ein Eigenleben zu führen...

…manchmal wechseln sie sogar eigenmächtig die Farbe! Eigentlich müsste man eher sagen: Pigmentierung, denn es sind die Pigmente Eumelanin und Phäomelanin, die dem Haar (und zum Beispiel auch unserer Haut) ihr Aussehen verleihen. Die Eumelanine dominieren bei dunklen Haartypen; das rote Pigment Phäomelanin bei roten Haaren und im Mix auch bei blonden Haartypen. Ins Haar kommen die Pigmente über Pigmentzellen, die an den Haarwurzeln angelagert sind. Natürlicherweise werden sie im Alter weniger aktiv - die Pigmente fehlen, das Haar wird grau.

Aber auch Stress z.B. kann diese (im Gegensatz zum äußeren Haar sehr lebendigen) Zellen beeinflussen. Allerdings: Wann die Zellen natürlicherweise weniger aktiv oder sogar inaktiv werden, wird natürlicherweise genetisch gesteuert. Forscher am University College London haben 2015 die vermutlich auslösende Genvariante IRF4 entdeckt. Die Zeitspanne für die ersten grauen Haare ist groß: von Anfang 20 bis in die 50er Jahre eines Menschenlebens. Mediziner sprechen deshalb erst von vorzeitigem Ergrauen, wenn der Prozess schon vor dem 20. Lebensjahr einsetzt.

Bei den Haarfarben wird in drei Grundtypen unterschieden: dunkelhaarig, blond und rothaarig. Verantwortlich sind neben den beschriebenen Melaninen auch schlicht ihre konkrete Mischung im Haar und zum Beispiel der Lichteinfall. Aber die Farbe verrät noch mehr: So haben blonde Menschen durchschnittlich die meisten Haare (nicht nur) auf dem Kopf. Hier sind es im Schnitt ca. 140.000 Haare, während Dunkelhaarige auf rund 100.000 und rothaarige Menschen nur etwa auf 80.000 Haare kommen. Die blonden Haare sind oft feiner, als die von rot- oder dunkelhaarigen Menschen, weshalb optisch oft ein umgekehrter Eindruck entsteht. Ursache sind auch hier: die Gene.

Die Genkombination beeinflusst aber nicht nur die Haarfarbe und -struktur, sondern die gesamte Pigmentierung des Körpers. Daher ist es übrigens evolutionsgeschichtlich auch kein Zufall, dass gerade im weniger sonnenreichen Nordeuropa z.B. mehr blonde und rothaarige Menschen zu treffen sind, obwohl sich die Genkombination rezessiv vererbt, also weniger stark durchsetzt. Hintergrund: Helle Haut reagiert empfindlicher auf UV-Strahlung und in Gegenden mit wenig oder unregelmäßigem Sonnenlicht ist das ein Vorteil für die Bildung von Vitamin D. 

Bei allen Haarfarben gleich: Für den Glanzfaktor ist vor allem die oberste der drei Haarschichten verantwortlich, die Cuticula oder Schuppenschicht. Je nachdem, wie eng die Hornschuppen "anliegen" wirkt das Haar glänzend oder spröde. Öffnen sich die Lamellen nämlich, zum Beispiel durch Hitze beim Föhnen, gehen Feuchtigkeit und auch das sogenannte Sebum schneller verloren. Das Sebum besteht vor allem aus Glycerinen, Fettsäuren, Wachs und auch Vitamin E und wird von den Talgdrüsen an der Haarwurzel aus "verteilt", also vom Haaransatz bis zur Spitze.

Wer mehr Glanz im Haar möchte, sollte also seinem Haar Feuchtigkeit zukommen lassen und extreme Hitze vermeiden. Sind die Haare besonders lang oder tendenziell eher kraus, kommt vor allem das Sebum vom Haaransatz oft nicht weit genug oder gar bis in die Spitzen. Hier können sogenannte Conditioner helfen, indem sie die schützende fettartige Schicht zeitweise ersetzen.

Bis auf die Schleimhäute und Lippen, die Fußsohlen und Handinnenflächen hat ein Mensch überall am Körper mehr oder weniger Haare - rund fünf Millionen sind es insgesamt im Schnitt. Zwischen 100.000 und 150.000 Haare wachsen auf dem menschlichen Kopf. Warum sich gerade da so viel vom ursprünglichen Fellkleid des Menschen erhalten hat, darüber sind sich Forscher noch nicht ganz einig, insbesondere, inwieweit die Optik Einflussfaktor ist - zum Beispiel als Merkmal für die Partnerwahl. Andere Vorzüge sind klarer belegt: So schützt Kopfhaar die höchste Hautfläche des aufrecht gehenden Menschen vor UV-Strahlung. Außerdem schützen Haare den Kopf und damit das Gehirn vor Temperatureinflüssen, besonders Kälte.

Allerdings: Entgegen dem hartnäckigen Mythos geht über den Kopf nicht grundsätzlich die meiste Körperwärme verloren. Die Ursachen sind verdreht: Viel Körperwärme geht über den Kopf verloren, weil Gesicht und Oberkopf oft die einzigen Hautpartien sind, die wir nicht mit Kleidung bedecken, deshalb geht hier nur im Verhältnis mehr Wärme verloren, als zum Beispiel über die Brust oder den Rücken. Tatsächlich wäre die Oberfläche des Kopfes sozusagen unter gleichen Bekleidungsbedingungen viel zu klein, um tatsächlich die meiste Körperwärme preiszugeben.

"Bei Toten wächst das Haar noch weiter!" Von diesem Mythos haben die meisten Menschen schon gehört, selbst unter Medizinstudenten hält sich das Gerücht manchmal hartnäckig. Dabei ist es falsch: Die Ursache für den Effekt liegt vielmehr darin, dass die Haut nach dem Tod an Feuchtigkeit verliert und sich "zurückzieht". Dadurch erscheinen Haare länger. Das Wachstum von Haaren zu Lebzeiten ist dafür umso beeindruckender:

Einem Menschen mit durchschnittlich 100.000 Haaren auf dem Kopf wachsen im Monat rund 1000 Meter Haar. Der Zyklus hat drei Teile: Wachstum, Übergang und Ruhephase. Die Wachstumsphase ist i.d.R. vier bis sechs Jahre lang. Nach der Ruhephase fällt das Haar aus - das ist der Grund dafür, warum ein Haar selten länger als einen Meter lang werden kann. Es macht Platz für ein neues Haar, das aus demselben Haarfollikel wächst. In jedem Haarfollikel kann bis zu zwölfmal ein Haar nachwachsen.