Mann fasst sich an Ohr (Bild: colourbox.de) © colourbox.de

Hörsturz: Symptome, mögliche Ursachen, richtige Behandlung

Stand: 15.05.2024 11:16 Uhr | vom Rundfunk Berlin-Brandenburg-Logo

Beim Hörsturz kommt es plötzlich einseitig zu dumpfem Hören bis hin zum Hörverlust. Auch ein Tinnitus kann dazukommen. Meist ist ein Hörsturz vorübergehend und verschwindet binnen Tagen - doch es gibt Ausnahmen.

von Ursula Stamm

In Deutschland erleiden rund 200.000 Menschen pro Jahr einen Hörsturz. Die Ursachen sind den Betroffenen meist unbekannt - der Hörverlust kommt plötzlich, wie aus dem Nichts. Doch es können auch Erkrankungen vorliegen, die den "Ohrinfarkt" hervorrufen oder begünstigen. Bei mehr als der Hälfte der Fälle normalisiert sich das Gehör nach wenigen Stunden oder Tagen wieder von ganz allein. Halten die Beschwerden länger als zwei bis drei Tage an oder werden sogar stärker, sollten Betroffene eine HNO-Ärztin oder einen HNO-Arzt aufsuchen - auch, um zu vermeiden, dass die Hörprobleme chronisch werden.

Hörsturz: Wichtige Fakten auf einen Blick

Die meisten Menschen erleiden einen Hörsturz im Alter zwischen 40 und 60 Jahren; Kinder erleben diese Art von Hörverlust eher selten.

Hörsturz ohne erkennbare Ursache (idiopathischer Hörsturz)

Ein Hörsturz, der aus heiterem Himmel kommt und keine andere körperliche Ursache hat, wie etwa eine Infektion am Ohr, wird auch idiopathischer Hörsturz genannt. Man vermutet, dass er durch eine Durchblutungsstörung im Innenohr verursacht wird. Daher wird der Hörsturz umgangssprachlich auch als Ohrinfarkt bezeichnet. Das Trommelfell ist vom Hörsturz nicht betroffen, auch wenn es Patientinnen und Patienten durch den Hörverlust oder Druck im Ohr so erscheint.

Hörsturz als Folge von Erkrankungen (symptomatischer Hörsturz)

Es gibt einige Ursachen beziehungsweise Erkrankungen, die mit dem Auftreten eines Hörsturzes in Verbindung gebracht werden können. Das sind unter anderem Stress, aber auch Verschleißerscheinungen an der Halswirbelsäule sowie Blutdruckschwankungen, die Durchblutungsstörungen verursachen können.

Auch starke Lärmeinwirkung wie ein lauter Knall (Knalltrauma) können das Innenohr schädigen und einen Hörsturz hervorrufen. Außerdem kann das Heben schwerer Lasten dazu führen, dass das so genannte "runde Fenster" im Innenohr verletzt wird. Der Druck im Innenohr steigt und das Hörvermögen wird dadurch beeinträchtigt.

Hörsturz als Folge von Infektionen

Virusinfektionen wie eine Grippe (Influenza), Masern, Mumps, eine HIV- oder Herpes-Erkrankung können - ebenso wie bakterielle Infektionen - zu einer Schädigung des Innenohrs und damit zu einem Hörsturz führen. Das Trommelfell kann, muss aber nicht betroffen sein. In der Regel leiten Arzt oder Ärztin bei einem infektionsbedingten Hörsturz eine Therapie mit Medikamenten ein.

Funktionsstörung im Ohr: Was passiert beim Hörsturz?

Im Innenohr wandeln feine Sinneshärchen Außengeräusche in elektrische Impulse um, die über den Hörnerv ins Gehirn gelangen und dort verarbeitet werden. Vermutlich ist der Hörsturz dann eine Funktionsstörung der Sinneshärchen. Diese Störung kann wie beim Tinnitus einzelne Tonhöhenbereiche betreffen und verschieden stark ausgeprägt sein. Betroffenene können dann zum Beispiel hohe Töne (Vogelgesang) nicht mehr hören, aber tiefe Geräusche (Motorenbrummen) noch relativ gut - oder umgekehrt.

Anzeichen: Welche Symptome treten bei Hörsturz auf?

Sehr häufig verspüren Betroffene ein dumpfes Gefühl als hätten sie "Watte im Ohr". Häufig kommt es gleichzeitig zu Ohrgeräuschen, seltener zu Schwindelgefühlen, Geräuschüberempfindlichkeit, Benommenheit oder verzerrtem Hören. Die Symptome treten meist nur an einem Ohr auf. Kommen Schwindel, Übelkeit, Sehstörungen oder Sprachstörungen hinzu, sollte auch an einen Schlaganfall gedacht werden und unverzüglich der Notarzt gerufen oder die Rettungsstelle aufgesucht werden.

Erste Hilfe: Was tun bei einem Hörsturz?

In ungefähr der Hälfte aller Fälle verschwinden die Symptome eines Hörsturzes von ganz allein wieder. Es gibt aber auch Fälle, in denen man innerhalb von 24 Stunden einen Hals-Nasen-Ohrenarzt aufsuchen sollte:

  • Wenn der Hörverlust sehr stark oder belastend ist.
  • Wenn bereits andere Erkrankungen des Ohres bestehen.
  • Wenn Schwindel hinzukommt. Bei sehr starkem Schwindel ist es ratsam, noch am selben Tag einen Arzt oder eine Ärztin aufzusuchen.

Hörsturz-Diagnose stellt HNO-Arzt

Der Arzt oder die Ärztin wird zunächst anhand der Krankheitsgeschichte und einer Untersuchung des Innenohrs feststellen, ob es sich überhaupt um eine Schädigung des Innenohrs handelt. Manchmal können auch ganz andere Ursachen, wie ein Ohrenschmalzpropf, eine Belüftungsstörung durch Allergie, ein Infekt oder eine Mittelohrentzündung Ursache der Hörminderung sein.

Hörsturz behandeln: Kortison kann Heilung unterstützen

Die Standardbehandlung eines Hörsturzes ist die Therapie mit Kortison, beispielsweise in Form von Tabletten, die über fünf Tage eingenommen werden, um die Spontanheilung zu unterstützen. Seltener, etwa in schweren Fälle oder wenn beispielsweise Diabetiker oder andere Patienten keine Kortison-Tabletten vertragen, spritzt der Arzt oder die Ärztin das Kortison auch direkt ins Mittelohr. Eine bessere Wirksamkeit von Kortison-Infusionen, die mitunter als Selbstzahler-Leistungen angeboten werden, ist dagegen weder belegt, noch wird sie von entsprechenden Ärzteverbänden empfohlen.

Krankenkassen tragen keine Kortisontherapie

Kortison wirkt belegt abschwellend und entzündungshemmend. Da aber gegen Symptome von Hörsturz die Wirksamkeit von Kortisonpräparaten (Glukokortikoiden) aus Sicht der gesetzlichen Krankenkassen bislang nicht ausreichend durch Studien nachgewiesen worden ist, wird die Behandlung von ihnen nicht bezahlt. Das gilt nicht nur für Kortisonbehandlungen, die von vielen Ärzten für sinnvoll erachtet werden, sondern auch für andere Therapien, die auch von Ärztinnen und Ärzten kritischer gesehen werden. Dazu zählen beispielsweise:

  • durchblutungsfördernde Infusionen
  • Sauerstoffüberdruck-Therapie
  • Magnettherapie
  • Einnahme von Ginkgo-Präparaten

Symptomatischer Hörsturz: Grunderkrankung therapieren

Liegt ein symptomatischer Hörsturz vor, muss die zugrunde liegende Erkrankung behandelt werden, zum Beispiel mit antiviralen Medikamenten oder Antibiotika. Blutdruckschwankungen als Ursache eines Hörsturzes können durch die medikamentöse Behandlung von Bluthochdruck, Diabetes mellitus und Fettstoffwechselstörungen reduziert werden. Dabei sollten Hals-Nasen-Ohrenärzte mit Ärztinnen anderer Fachrichtungen zusammenarbeiten.

Hörsturz und Tinnitus - was ist der Unterschied?

Als Tinnitus bezeichnet man ein Ohrgeräusch, dass sich sehr verschieden anhören kann und welches meist ausschließlich von den Betroffenen selbst wahrgenommen wird. Der Tinnitus ist oftmals ein Symptom eines Hörsturzes und wird nicht als eigenständige Erkrankung gesehen. Neben dem Hörsturz gibt es noch andere Ursachen für Tinnitus, wie:

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Tinnitus als Folgeschaden

Wird der Hörsturz therapiert beziehungsweise kommt es zu einer deutlichen Besserung der Hörminderung, klingt normalerweise auch der akute Tinnitus wieder ab. Bei manchen Betroffenen besteht der Tinnitus allerdings weiter und gilt dann als Folgeschaden eines Hörsturzes.

Wie gut sind die Heilungschancen bei einem Hörsturz?

Wird der Hörsturz rechtzeitig behandelt, bleiben meist keine Schäden bestehen und das Hörvermögen kehrt wieder vollständig zurück. Die Chance auf vollständige Heilung ist besonders hoch, wenn:

  • der Hörverlust nur gering ist
  • eher tiefe oder mittlere Tonhöhen betrifft
  • kein Schwindel als Begleitsymptom hinzukommt.

In seltenen Fällen kann die Hörminderung auch anhalten. Diese kann mit einem Hörgerät oder einem Innenohr-Implantat (Cochlea-Implantat) behandelt werden.

Prävention: So kann man Hörsturz vorbeugen

Da Stress einen Hörsturz auslösen beziehungsweise verschlimmern kann, hilft alles, was Stress abbaut. Auch der Verzicht auf das Rauchen kann helfen, einem Hörsturz vorzubeugen. Patienten und Patientinnen mit einer chronischen Erkrankung, die den Blutdruck schwanken lässt (zum Beispiel Bluthochdruck, Diabetes, Fettstoffwechselstörungen) sollten sich regelmäßig untersuchen lassen und verordnete Medikamente zuverlässig einnehmen. Bei akuten Infektionen - des Gehörgangs oder des ganzen Körpers, wie bei der Grippe - sollte man sich ausreichend schonen. Bei einer schweren Mittelohrentzündung sollte man den HNO-Arzt aufsuchen, um dauerhafte Schädigungen des Innenohrs und Mittelohrs zu vermeiden.

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Dieses Thema im Programm:

NDR Fernsehen | Visite | 04.06.2024 20:15 Uhr

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