Ein rohes Stück Fleisch liegt auf einem Teller (Quelle: imago/Science Photo Library)
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Vegetarismus versus Fleischkonsum - Fleisch - je weniger, desto gesünder?

Deutschland ist Fleischesserland: 60 Kilogramm Fleisch und Wurst landen pro Jahr auf unseren Tellern. Bei über 80 Prozent sogar täglich, so der Fleischatlas 2016. Damit verschenken wir Lebenszeit, so aktuelle Studien. Die entscheidende Frage: Wie effektiv kann uns pflanzliche Ernährung vor Krankheiten schützen?

Wer weniger Fleisch isst, lebt gesünder - so weit, so bekannt. Doch die Dimensionen dieser erstmal einfachen Aussage kennen die wenigsten. Eine aktuelle Studie von Wissenschaftlern der Universität Oxford belegt nun: Bis 2050 könnten bis zu acht Millionen Menschen pro Jahr weniger sterben, wenn sie sich fleischlos ernährten. Als wichtigste Risikofaktoren machten die Forscher einen hohen Konsum von rotem und verarbeitetem Fleisch aus, kombiniert mit einem geringen Konsum an Obst und Gemüse.
 
Im Detail lautete das Ergebnis: Während eine vegane, also auf tierische Produkte komplett verzichtende Lebensweise, 8,1 Millionen Tode verhindere, seien es bei einer vegetarischen Ernährung 7,3 und bei einer bewusst fleischarmen Ernährung immerhin 5,1 Millionen. Auch wenn die Zahlen Hochrechnungen aus Untersuchungen von rund 60.000 Probanden sind, verraten sie eines: Schon die Fleischreduktion und eine bewusste Ernährung können viel bewirken. 

Weniger Fleisch = weniger nicht übertragbare Krankheiten

Auch zahlreiche frühere Studien, vor allem aus den USA, Kanada und Großbritannien, kamen immer wieder zu dem Ergebnis: Wer regelmäßig viel Fleisch ist, steigert sein Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen - Herzinfarkt und Schlaganfall im Besonderen - und für Diabetes Typ 2.

Ein Schlüssel sind die Risikofaktoren für Volkskrankheiten: Vegetarier und Veganer leiden beispielsweise im Schnitt deutlich weniger häufig an Bluthochdruck (systolisch und diastolisch) und sind weniger häufig übergewichtig. Auch für Menschen, die viel Fisch essen und wenig Fleisch sind diese Werte generell besser als in der Normalbevölkerung.
 
Aber warum? Ein wesentlicher Grund sind die Fette im Fleisch. Sie machen uns nicht nur schneller dick, sondern haben - im Gegensatz zu fetten Fischen beispielsweise - auch weniger positive Effekte für unseren Körper. Eigentlich müssten deshalb vor allem die Fleischesser auf ihre Ernährung achten: Welche Qualität hat das Fleisch? Wie wird es zubereitet? Welchen Nährwert hat es und wie viel davon nehme ich wirklich zu mir? Die Realität sieht aber anders aus: Gerade Vegetarier und Veganer kennen sich häufig besonders gut mit Ernährung aus und wägen ab, was auf ihren Tellern landet. Vor allem das ist eine wichtige Botschaft aus Studien der vergangenen Jahre - auch wenn sie weniger populär ist als "Fleisch ist schlecht für die Gesundheit".

Uneinigkeit beim Thema Krebserkrankung

Ob Menschen, die kein Fleisch essen, auch ein geringeres Risiko haben, an Krebs zu erkranken - darüber streiten sich seit langem Experten. Hintergrund: Viele Faktoren spielen bei einer Krebserkrankung zusammen - von den Genen, mit denen wir geboren werden über tausende von "Umweltfaktoren", zu denen auch unsere Ernährung gehört. Eine neue Studie aus den USA sorgte zuletzt für Wirbel: Wissenschaftler der Cornell University untersuchten Gruppen von Indern und Amerikanern genetisch, die sich seit Generationen vegetarisch ernähren und fanden einerseits eine mögliche genetische Veranlagung zum Vegetarismus, andererseits eine höhere Darmkrebsrate unter den Untersuchten.

Demgegenüber stehen Statistiken und Studien aus den vergangenen Jahren, zum Beispiel aus Europa, die keinen oder gar einen gegenteiligen Zusammenhang zwischen Krebs und fleischloser Ernährung nachweisen konnten. Die Frage nach diesem Zusammenhang - so sehr sie auch diskutiert wird - ist also noch nicht geklärt und wird weiter erforscht.

Fleisch komplett ersetzen will gelernt sein

Bleibt der Fakt: Weniger Fleisch als der Durchschnittsdeutsche zu essen ist jedenfalls gesünder. Qualitativ hochwertiges Fleisch enthält aber auch einige wichtige Stoffe, die unserem Körper sehr gut tun. Wer sie ersetzen möchte - beispielsweise, weil er auch die weniger guten Fette im Fleisch ersetzen möchte - muss deshalb genauer aussuchen, was stattdessen auf dem Teller landet.

Jod beispielsweise kann man sehr reichhaltig in Milch oder auch Feldsalat finden. Der Klassiker, das Eisen, ist auch in hohen Konzentrationen in Brokkoli oder vielen Kernsorten enthalten, zum Beispiel Kürbiskernen, Leinsamen, Mohn oder aber auch in Sojaprodukten. Allerdings: Das Eisen aus den pflanzlichen Nahrungsmitteln herauszuziehen ist für unseren Körper nicht ganz so einfach wie beim Fleisch. Dabei helfen können Vitamin C und auch Vitamin B12, sagen Ernährungswissenschaftler. Beides findet sich zum Beispiel in Sauerkraut oder - für Vegetarier - wiederum in der Milch.

Fleisch oder Gemüse - nicht die entscheidende Frage?

Länger und gesünder leben - das ist vor allem eine Frage von Wissen und Lebensstil insgesamt. Da sind sich die meisten Wissenschaftler einig. Wer mehr über Ernährung weiß, kann seinem Körper regelmäßig viel Gutes tun und dann auch mal die eine oder andere kleine Sünde ausgleichen. Schon einfache Schritte können viel ausmachen: Fleisch und Wurst beispielsweise an wenigen Tagen in der Woche essen. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt: nicht mehr als 600 Gramm pro Woche.

Denn: Macht Fleisch maximal 30 Prozent der Ernährung aus, sinkt das Risiko besonders für kardiovaskuläre Erkrankungen und damit für lebensgefährlichen Schlaganfall und Herzinfarkt um 20 Prozent. Das bewies eine Studie mit fast 500.000 europäischen Probanden an der London’s School of Public Health, Universität Oxford. Fazit: Weniger Fleisch und Wurst ist besser, aber nicht nur die totalen Fleisch-Entsager leben gesünder und länger.

Beitrag von Lucia Hennerici

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