Frau steht im Dunkeln an die Wand gedrängt (Quelle: imago/imagebroker)
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Interview | Angststörungen - Leben ohne Angst?

Richard Haas ist Psychotherapeut in Berlin und behandelt Patienten mit Angststörungen. rbb Praxis sprach mit ihm über Gründe der Angst, wann sie zum Problem wird, und warum sie zum Leben dazu gehört.

Herr Haas, Ziel Ihrer Therapie ist nie "Ein Leben ohne Angst". Warum nicht?

Ängste gehören zum Leben. Das Gefühl Angst kennt jeder. Es hat seinen Sinn, denn Angst warnt uns vor Gefahr. Erst wenn die Angst unangemessen auftritt, spricht man von Angststörung. Erst wenn die Angst zu oft, zu schwer oder aus anderen Gründen unangemessen auftritt, spricht man von einer Angststörung.

Stimmt es, dass immer mehr Menschen Ängste entwickeln?

Angsterkrankungen zählen hierzulande zu den häufigsten psychischen Störungen. Betroffen ist etwa jeder zehnte Deutsche. Dabei gesellen sich oft noch andere Störungen und psychische Beschwerden hinzu. Angst tritt nicht immer allein auf. Ob es "immer mehr wird“, das kann ich nicht sagen.

Was sind die häufigsten Anlässe für Angst?

Angst ist nicht gleich Angst. Wir unterscheiden fünf verschiedene Formen:

 
* Eng isolierte Phobie etwa vor bestimmten Tieren, S-Bahn, Aufzügen usw.
* Agoraphobien. Diese Ängste entstehen, wenn man vermeintlich nicht schnell an einen sicheren Ort zurückkommt.
* Panikstörungen. Darunter verstehen wir ein stark körperlich und bedrohlich erlebtes Angstgeschehen.
* Generalisierte Ängste. Das bedeutet ein permanentes Grübeln über viele Einzelängste.
* Soziale Phobien sind Ängste vor der prüfenden Betrachtung durch Andere. Natürlich mischen sich die verschiedenen Ängste aber auch.

Was raten Sie Patienten, die mehrere Ängste haben?

Sie sollten entweder das offene Gespräch mit Ihrem Arzt suchen oder sich an einen Psychotherapeuten mit Kassenzulassung wenden. Adressen gibt es bei der Kassenärztlichen Vereinigung. Im Falle einer krankhaften Angststörung übernimmt die Krankenkasse die Kosten.

Wann sollte behandelt werden?

Eine Therapie wird notwendig, wenn die Betroffenen durch die Angst in ihrem Leben gestört sind, wenn der Alltag beeinträchtigt ist und sie bestimmte Dinge (wie zum Beispiel zur Arbeit mit der U-Bahn zu fahren) aus Angst meiden. Wenn man Vieles meidet und sich schont. Dann kommt eine Verhaltenstherapie mit Expositionsbehandlung – oder wie es umgangssprachlich heißt – eine "Konfrontationstherapie" in Frage.

Was versteht man darunter?

Die Konfrontationsbehandlung ist eine von zwei Methoden der Angstbehandlung bei der Verhaltenstherapie. Wir wissen, dass Angst für den Körper eine ermüdende Reaktion ist. Bei der Konfrontationstherapie wird der Patient (freiwillig und mit Unterstützung) solange mit der Angst auslösenden Situation konfrontiert, bis die Angst schwindet. Dabei helfen psychologische Strategien, die Angst erstmal durchzustehen. Mut macht: Je klarer die Phobie ist, desto besser hilft diese Therapie. Wir verzeichnen hier Erfolgsquoten von bis zu 90 Prozent.

Herzlichen Dank für das Gespräch, Herr Haas.
Das Interview führte Beate Wagner.

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