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Aluminium ist aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken – auch in Lebensmitteln oder Kosmetika wie Deodorants oder Lippenstift kann es enthalten sein. Dabei steht Aluminium seit längerem in Verdacht, an der Entstehung von Alzheimer oder Brustkrebs beteiligt zu sein. rbb Praxis sprach darüber mit Prof. Dr. Andreas Luch, Leiter der Fachgruppe "Experimentelle Forschung" vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR).
Herr Prof. Luch, schon seit längerem wird Aluminium - aufgenommen beispielsweise über aluminiumhaltige Deodorants - mit der Entstehung von Brustkrebs in Verbindung gebracht. Was sagt die Studienlage?
Die Studienlage ist sehr widersprechend. Es gibt Studien, die legen das nahe, weil man Aluminium gefunden hat in Brustdrüsengewebe von Krebspatientinnen und das verglichen hat mit gesundem Gewebe und dort weniger Aluminium gefunden hat. Jetzt muss man allerdings folgende Frage stellen: Zunächst muss man schauen, ob das reproduzierbar ist und die Studien sich so tatsächlich wiederholen lassen. Da gibt es einzelne Studien, die zeigen das nicht.
Außerdem ist die Krebsentstehung eine langwierige Angelegenheit und dauert manchmal sogar über Jahrzehnte. D.h. was man jetzt aktuell misst in Krebsgewebe, kann Folge der Erkrankung sein und muss nicht Ursache sein. Und es gibt zum Beispiel Tierstudien, die gezeigt haben, dass, wenn man Brusttumore in Nagern induziert – das geht chemisch, allerdings durch andere bekannte Substanzen als Aluminium, dann kann man bei diesem Nager-Brustdrüsengewebe tatsächlich auch erhöhtes Aluminium messen. D.h. es kann auch eine Folge der Krebsentstehung oder von Krebszellen sein, dass die vermehrt Aluminium aufnehmen.
Es gibt zudem Versuche, in Tieren solche Brustkrebstumore zu induzieren mit Aluminium und das schlägt fehl. D.h. Aluminium ist im Tierversuch nicht Brustkrebs auslösend. Insofern gibt es da eine sehr widersprüchliche Datenlage und es sind mehrere Institutionen bisher zu dem Schluss gekommen, dass der Zusammenhang zwischen Brustkrebsentstehung und Aluminiumexposition so nicht gezogen werden kann, also dass es eher dafür spricht, dass es keinen Zusammenhang gibt. Allerdings muss man da tatsächlich die Studienlage weiter kritisch beobachten. Und das ist dann auch Anlass, solche Dinge immer wieder neu zu bewerten oder noch mal zu revidieren.
Was sagt die Studienlage bezüglich der Aluminiumaufnahme und der Entstehung von Alzheimer?
Da ist es ähnlich. Der Zusammenhang zwischen Alzheimer und Aluminiumexposition ist nicht klar gezeigt. Es ist allerdings etwas beunruhigend, dass bei Dialyse-Patienten mit sehr hoher Aluminiumexposition eine sogenannte Dialyse-Demenz entstehen kann, wenn die Patienten langjährig dialysiert waren. Und man dann feststellt, dass Aluminiumgehalte im Blut sehr hoch sind und einzelne Patienten dann tatsächlich auch neurologische Defizite entwickeln. D.h. das fängt ganz einfach an mit Wortfindungs- oder Koordinationsstörungen und kann schließlich auch in der Demenz enden. Dann muss man sich das genauer anschauen. Aber die Studienlage, die insgesamt von uns bewertet worden ist, zeigt auch da keinen eindeutigen Zusammenhang. Und wir haben das ähnlich bewertet wie andere Behörden auf europäischer Ebene, dass wir da derzeit keinen Zusammenhang sehen zwischen Aluminiumexposition und der Entstehung von Morbus Alzheimer.
Auch wenn das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) davon ausgeht, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen Aluminiumaufnahme und der Entstehung dieser Krankheiten nicht besteht, hat das BfR kürzlich in einer Stellungnahme davor gewarnt, dass wir grundsätzlich zu viel Aluminium aufnehmen. Was raten Sie Verbrauchern?
Das BfR hat klar gemacht, dass die Aluminiumaufnahme, wenn man alles zusammenrechnet - darunter Lebensmittel und Kosmetikprodukte - insgesamt zu hoch ist. D.h. wir plädieren dafür, dass das reduziert werden muss. Bei Lebensmittelkontaktmaterialien hat das BfR Empfehlungen abgegeben, dass man solche Dinge wie Alufolien oder Grillschalen gemacht aus Aluminium nicht benutzen sollte, wenn die Lebensmittel sauer oder salzig sind und auch grundsätzlich nicht lange darin lagert. Und auch kosmetische Mittel sind ein Bereich. Als Verbraucher kann man entscheiden und wählen, welche Antitranspirantien und Deos man nutzt und ob sie Aluminium enthalten oder nicht.
Wie viel Aluminium ist denn in Deodorants üblicherweise enthalten?
Da sind teilweise Mengen von 20 Prozent Aluminiumsalze drinnen. Wenn man das umrechnet in Aluminium etwa 5 Prozent. Das ist ein sehr hoher Wert. D. h., das ist eine ganz relevante Quelle der Aufnahmen durch die Haut. Und ich denke schon, man sollte empfehlen an der Stelle zu reduzieren und solche Produkte entweder so auszuwählen, dass kein Aluminium drinnen ist, oder sie nicht täglich anzuwenden, bzw. zumindest nicht anzuwenden, wenn die Haut geschädigt oder vorgeschädigt ist. Es ist ganz klar aus Untersuchungen, dass rasierte Haut im Prinzip geschädigte Haut ist, weil die Hautbarriere reduziert wird und damit die Aufnahme von Aluminium erhöht wird. Also die Anwendung von aluminiumhaltigen Antitranspirantien nach Rasur sollte jeder noch mal überdenken.
Vielen Dank für das Gespräch, Herr Prof. Luch.
Das Gespräch führte Nadine Bader.