Tauben auf einem Dach (Bild: imago images/Belga)
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Mythencheck - Tauben - die "Ratten der Lüfte"?

Die krank machenden "Ratten der Lüfte" - so werden Stadttauben oft genannt. Über 10.000 leben in Berlin und in puncto Gesundheit halten viele Menschen Tauben für genauso gefährlich wie Ratten. Diese Vögel baden zum Beispiel in Brunnen, in denen Kinder im Sommer gern planschen. Dabei übertragen Tauben doch Krankheiten - oder? rbb Praxis hat den Mythos von der "Keimschleuder Stadttaube" überprüft.

Ihre Gefieder sind staubig, verklebt. Sie waten durch umgekipptes Bier und Müll, picken Essensreste auf. Für die meisten Berliner sind Tauben Schädlinge und vor allem: gefährliche Krankheitsträger. Ein völlig falsches Bild, sagt die Tierärztin Almut Malone. Hunderte Tauben hat sie schon untersucht, täglich ist sie hautnah in Kontakt mit den Vögeln.
 
"Ich nehme zwei bis drei kranke Tauben von der Straße jeden Tag in die Hand, wasche mir anschließend die Hände und bin nach über zehn Jahren immer noch chlamydienfrei", sagt die Ärztin. "Wir haben noch nicht bei einer einzigen Taube humanpatogene Keime gefunden. Die gibt es zwar, aber Sie müssten schon extrem immungeschwächt sein, damit das überhaupt eine Gefahr wird. Und das wäre das Gleiche bei allen anderen Tieren", erklärt Malone.

Kein einziger Fall in über zehn Jahren

Almut Malone ist Gründerin des Avian Vogelschutzvereins Berlin, der sich zum Beispiel um verletzte Stadttauben kümmert. Ihre Erfahrungen zur Ansteckungsgefahr lassen sich leicht überprüfen, denn sogenannte Ornithosen, also durch Vögel auf Menschen übertragene schwere Krankheiten, sind meldepflichtig. Das Robert-Koch-Institut weist die Fälle jedes Jahr aus. Das Ergebnis in Sachen Taube: Kein einziger Fall in über zehn Jahren, deutschlandweit. Gefährlich für den Menschen sind die Tauben also nicht.

Das bestätigt auch Bezirksstadtrat Carsten Engelmann. Im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf ist er für Soziales und Gesundheit verantwortlich - also da, wo Berliner Tauben besonders zahlreich leben. "Natürlich ist es nicht immer ein schöner Anblick, wenn Tauben verstärkt auftreten - ihre Hinterlassenschaften sind nicht ansehnlich, das will ich gar nicht bestreiten. Aber: Solange man sich nicht der Gefahr aussetzt, diese Exkremente einzunehmen, besteht keine akute Gesundheitsgefährdung. Bei den Tauben gebe ich ganz deutlich Entwarnung, weil da kein Gefährdungsgrad vorhanden ist", meint Carsten Engelmann.

Betreutes Wohnen für Tauben

Trotzdem würde auch Almut Malone vom Avian Vogelschutzverein gerne weniger graue Mitbewohner auf den Straßen sehen - um der Tiere willen. Deshalb kümmert sich der Verein zum Beispiel in Spandau, Mitte oder Kreuzberg um "betreute Taubenschläge". Das sind Räume mit tiergerechter Nahrung, Wasser und Brutplätzen für Tauben. Das ist noch viel mehr als bloßer Tierschutz, erklärt Almut Malone. "Die Taubenschläge auf begehbaren, gesicherten Flächen sind eigentlich die, die am Erfolg versprechenssten sind, um Tiere von der Straße weg zu kriegen und Zugang zur Reproduktion zu bekommen", so die Vogelschützerin.

Im Detail heißt das: In den Schlägen werden die Taubeneier gegen Gipsattrappen getauscht. Denn als ehemalige Zuchttauben tun die Tiere, was kein Vogel natürlicherweise machen würde: Sie brüten das ganze Jahr. Durch die Eierattrappen sollen ganze Taubengenerationen verschwinden. Man muss die grauen Berliner nicht vermissen, aber als Keimschleuder fürchten muss man sie eben auch nicht.

Beitrag von Lucia Hennerici

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