- Lunge + Wasser = Erstickungsgefahr ?
Bei einem Lungenödem ist in den meisten Fällen nicht die Lunge selbst krank, sondern das Herz: Pumpt es zu schwach, staut sich das Blut, Wasser wird in die Lunge gedrückt. Meist kündigt sich ein drohendes Ödem vorher an, die Luft wird knapper, auch die Beine können anschwellen. Und dann droht ein Kollaps. rbb Praxis sprach mit dem Leiter des Cardiac Arrest Center of Excellence, Dr. Christian Storm über Ursachen und Behandlung eines Lungenödems.
Lungenödem, das heißt: Lunge + Wasser = Erstickungsgefahr. Richtig?
Ja, im Prinzip ist das richtig. In Abhängigkeit der Ausprägung der Wasseransammlung droht bei manchen Patienten ein ernsthafter Sauerstoffmangel, das heißt: "Erstickungsgefahr". Der Grund: Am Ende der kleinen Bronchien in der Lunge finden wir viele kleine Lungenbläschen, die Alveolen. Durch die dünne Wand der Bläschen findet normalerweise der Austausch von Sauerstoff und Kohlendioxid in die darunter verlaufenden dünnen Blutgefäßen statt. Tritt nun Flüssigkeit aus dem Blut in die Bläschen über, sammelt sich sprichwörtlich Wasser in der Lunge. Die Flüssigkeit benetzt dann die eigentlich mit Luft gefüllte innere Seite der Lungenbläschen und behindert so den Austausch von Sauerstoff und Kohlendioxid. Der Patient kann schwerer Atmen, die körperliche Belastungsfähigkeit nimmt ab. Ein Lungenödem ist entstanden. Als Arzt kann man dieses mit dem Stethoskop als feuchtes, rasselndes Atemgeräusch hören und auch im Röntgenbild erkennen.
Was können Ursachen für ein Lungenödem sein?
Die Ursachen für ein Lungenödem sind vielfältig. Häufig tritt es im Rahmen einer Herzschwäche (Herzinsuffizienz) auf, die z.B. durch einen Herzinfarkt oder eine Blutdruckkrise ausgelöst werden kann. Hierbei kommt es durch Rückstau des Blutes in die Lunge zum Flüssigkeitsübertritt ins Lungengewebe. Auch eine schwere Form der Lungenentzündung (Lungenversagen) oder der Aufenthalt in sehr großer Höhe (Extrembergsteiger) können Ursachen, wenn auch selten, für ein Lungenödem sein.
Im Volksmund spricht man häufig von "Wasser in der Lunge", obwohl es sich medizinisch eigentlich um einen Pleuraerguss handelt. Wo sammelt sich hierbei die Flüssigkeit?
Diese Begriffe werden oft verwechselt. Ein Pleuraerguss ist eine Ansammlung von Flüssigkeit nicht in der Lunge, sondern neben der Lunge. Die Lunge ist vom Brustfell überzogen, der sog. Pleura. Die Pleura besteht aus zwei Blättern, das innere Pleurablatt ist mit der Lungenoberfläche verwachsen und das äußere Pleurablatt mit der Brustwand. Beide Blätter sind durch einen hauchdünnen Flüssigkeitsfilm voneinander getrennt, was die Beweglichkeit der Lunge beim Ein- und Ausatmen erst ermöglicht. Kommt es in diesem schmalen Spalt unter bestimmten Bedingungen zur vermehrten Flüssigkeitsansammlung, spricht man von einem Pleuraerguss. Je ausgeprägter dieser ist, desto stärker ist die Entfaltung der Lunge behindert und der Gasaustausch eingeschränkt.
Wie kommt es zu dem "Brustfellerguss"?
Die Ursachen dafür sind vielfältig. Häufige Ursachen sind Entzündungen, z.B. eine schwere Lungenentzündung. Hier reagiert das entzündete Lungengewebe und die Zellen des Brustfells mit einer erhöhten Flüssigkeitsproduktion. Außerdem kann auch eine Herzinsuffizienz (Pumpschwäche des Herzens) zu einem Pleuraerguss führen. Eher selten, aber möglich, ist eine Tuberkulose als Ursache.
Macht der Erguss sofort Atemprobleme?
Nein. Welche Symptome oder Beschwerden der Patient spürt, hängt insbesondere von der Menge der Flüssigkeit und der Geschwindigkeit seiner Entstehung ab. Ein kleiner Pleuraerguss wird klinisch oft durch den Patienten nicht bemerkt. Er fällt häufig erst bei der Untersuchung durch den Arzt auf. Eine größere Ansammlung von Flüssigkeit im Pleuraraum führt hingegen zu Atembeschwerden oder auch starker Atemnot. Das Lungengewebe wird hier von außen durch den Erguss zusammengepresst. Und das spürt der Patient deutlich.
Wie kann er behandelt werden?
Die Therapie hängt maßgeblich von den Beschwerden, der Ursache und der Menge des Ergusses ab. Ein kleiner Pleuraerguss im Rahmen einer Lungenentzündung, der kaum oder keine Beschwerden verursacht, bedarf meistens keiner besonderen Therapie und bildet sich unter Therapie der Entzündung zurück. Hat der Patient aber deutliche Beschwerden, eine Entzündung oder eine Blutung direkt im Pleuraraum, muss der Pleuraerguss meist durch eine Einmalpunktion, oder auch Anlage einer Drainage nach außen entfernt werden. Beide Eingriffe erfolgen unter einer lokalen Betäubung oder auch zusätzlichen Narkose. Ist eine chronische Herzinsuffizienz (Herzschwäche) die Ursache, gilt es die Herzleistung medikamentös zu verbessern und somit der Entstehung entgegen zu wirken.
Wie finden Sie die richtige Stelle, wo die Flüssigkeit sitzt?
Der Arzt kann in der körperlichen Untersuchung des Patienten meistens durch Abklopfen (Perkussion) und Abhören (Auskultation mit dem Stethoskop) die richtige Stelle sehr genau festlegen und den Verdacht auf einen Pleuraerguss stellen. Dies setzt allerdings eine gewisse Flüssigkeitsmenge voraus. Bestätigen lässt sich dieser Verdacht dann durch eine Ultraschalluntersuchung. Hier ist schnell die genaue Lage und Menge der Flüssigkeit festgestellt. Zusätzlich kann mit dem Ultraschall auch die optimale Lokalisation für eine Punktion festgelegt werden, sollte diese erforderlich sein. Natürlich können auch andere Untersuchungsverfahren wie das Röntgenbild oder eine Computertomographie hier weiterhelfen.
Das hört sich gefährlich an. Wie hoch ist das Infektionsrisiko?
Im Falle einer erforderlichen Punktion oder Drainage-Anlage zur Therapie des Pleuraergusses muss natürlich gewissenhaft und steril gearbeitet werden. Der Bereich der Punktion wird mehrfach desinfiziert und mit einem oder mehreren Tüchern so abgedeckt, dass nur der kleine Bereich für die Punktion frei bleibt. Dies soll insbesondere verhindern, dass Hautkeime des Patienten eine Infektion verursachen können. Insgesamt kann das Infektionsrisiko als eher gering eingestuft werden. Natürlich hat jeder Eingriff, auch eine Pleurapunktion, ein Risiko für z.B. die Verletzung des Lungengewebes oder anderer Strukturen. Daher gilt es auch hier, die Indikation korrekt zu stellen und den Patienten ausführlich über Nutzen und Risiko aufzuklären.
Vielen Dank für das Gespräch, Herr Storm.
Das Interview führte Pia Kollonitsch.