Zulassung neuer Wirkstoffe - Hepatitis C: Bessere Heilungschancen dank neuer Medikamente
Chronische Hepatitis C ist eine Entzündung der Leber. Sie wird durch Viren verursacht und kann zur Zerstörung des Organs führen. Während lange Zeit nur ein Teil der Patienten geheilt werden konnte, sind die Heilungschancen dank neuer Medikamente mittlerweile stark angestiegen.
Weltweit haben laut Wirtschaftsverband der forschenden Pharma-Unternehmen (vfa) ca. 170 Millionen Menschen eine mit Hepatitis-C-Viren (HCV) infizierte Leber. In Deutschland sind etwa 0,6 Prozent der Bevölkerung - eine halbe Million Menschen - betroffen. Das Virus wird über das Blut übertragen. Bis Anfang der 1990er-Jahre waren verseuchte Blutkonserven oder Blutprodukte (wie Gerinnungsfaktor-Präparate) die Hauptursache für Neuinfektionen.
Seit der Identifizierung des HCV und der Entwicklung von Tests werden Blutkonserven streng kontrolliert und Blutprodukte zusätzlich virusinaktiviert, so dass ein Infektionsrisiko so gut wie ausgeschlossen ist. Heute sind der gemeinsame Gebrauch von Spritzen unter Drogenabhängigen oder auch Verletzungen durch HCV-verseuchte scharfkantige Instrumente wie etwa bei unsachgemäßen Tätowierungen oder Piercings häufige Übertragungswege. Dagegen sind Infektionen durch Sex oder die Übertragung von der Mutter aufs Kind selten.
Behandlungsmöglichkeiten
Grundsätzlich ist bei Hepatitis C eine Heilung möglich. Die bisher verfügbaren Therapien führen jedoch nicht bei jedem Patienten zum Erfolg und haben zum Teil Neben- und Wechselwirkungen. Je nach Medikament, Virustyp und Krankheitsverlauf dauert die Therapie heute 12 bis 48 Wochen. Patienten gelten als geheilt, wenn sechs Monate nach dem Therapieende keine Hepatitis-C-Viren-RNA im Blut nachweisbar ist. Bis Ende 2013 galten die virushemmenden Medikamente Peg-Interferon und Ribavirin als notwendiger Bestandteil bei jeder Hepatitis-C-Behandlung. Pegyliertes Interferon (Peg-Interferon) wird als Spritze ins Unterhautfettgewebe injiziert und mit täglichen Ribavirin-Tabletten kombiniert. Je nach Patient und Untertyp des Virus besteht die Möglichkeit, noch ein drittes, virushemmendes Medikament hinzuzunehmen, um die Wirksamkeit der Therapie zu verstärken.
Nebenwirkungen
Bei der Therapie mit Peg-Interferon, Ribavirin und gegebenenfalls einer weiteren virushemmenden Substanz können aber Neben- und Wechselwirkungen auftreten. Zu den häufigsten Begleiterscheinungen gehören grippeähnliche Symptome, Schlafstörungen und Müdigkeit, Depressionen, Hautausschläge, Schilddrüsenprobleme sowie Blutbildveränderungen. Die bisher übliche mehrmonatige Interferontherapie (in Kombination mit Ribavirin und gegebenenfalls weiteren Substanzen) führte aufgrund der Nebenwirkungen wie Depressionen, einer starken Verminderung der Blutplättchen und weißen Blutkörperchen oder einer Auflösung roter Blutkörperchen häufig zum Therapieabbruch.
Zudem konnten viele Hepatitis-C-Patienten aufgrund von Gegenanzeigen überhaupt nicht mit Interferon behandelt werden. Laut Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) liegen die nebenwirkungsbedingten Abbruchraten bei über 10 Prozent der Patienten. Die Erfolgsraten zur Heilung liegen bei dieser kombinierten Medikamententherapie zwischen 32 und 77 Prozent. Neue Medikamente könnten sowohl die Wirksamkeit als auch die Verträglichkeit der Hepatitis-C-Therapie verbessern. In einer aktuellen Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie,
Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten e.V. (DGSV) von September 2014 heißt es zur Behandlung der chronischen Hepatitis C:
"Mit der Zulassung neuer direkt antiviral wirksamer Medikamente kommt es zu einer wichtigen Erweiterung des Spektrums der Behandlung der chronischen Hepatitis-C-Virus- (HCV)-Infektion. Neben einer Verbesserung der dauerhaften virologischen Ansprechraten bei gleichzeitig verkürzter Therapiedauer für konventionelle PEG-Interferon / Ribavirin basierte Triple-Therapien stehen auch hocheffektive, kurze und nebenwirkungsarme Interferon-freie Therapiemöglichkeiten für bestimmte Patientengruppen zur Verfügung. Vor diesem Hintergrund kann eine Triple-Therapie aus PEG-Interferon, Ribavirin und den Proteaseinhibitoren Boceprevir bzw. Telaprevir nicht mehr als Standardtherapie empfohlen werden."
Neue Medikamente
Seit Januar 2014 ist der Wirkstoff Sofosbuvir in Deutschland zugelassen. Für die Genotypen 1, 4, 5 und 6 der Hepatitis-C-Viren wird dieser Wirkstoff häufig noch in Kombination mit Peg-Interferon und Ribavirin verabreicht. Für die Genotypen 2 und 3 ist Sofosbuvir als Interferon-freie Therapie allein in Kombination mit Ribavirin zugelassen. Besteht eine Interferon-Unverträglichkeit und dringender Behandlungsbedarf darf Sofosbuvir auch bei Infektionen mit den anderen Genotypen der Hepatitis-C-Viren ohne Interferon eingesetzt werden. Damit ist für einen Teil der Patienten mit Hepatitis C erstmals eine Therapie ohne Interferon möglich. Auch die Behandlungsdauer verkürzt sich in vielen Fällen auf entweder nur 12 oder 24 Wochen. Mit dem ersten besser verträglichen Medikament steht die Therapie und Heilung von Hepatitis C somit deutlich mehr Patienten offen.
Im Mai 2014 folgte die Zulassung des Wirkstoffes Simeprevir für die Genotypen 1 und 4. Dieser wird in der Regel noch als 24- bis 48-wöchige Therapie mit Peg-Interferon und Ribavirin angewendet. Bei Interferon-Unverträglichkeit und dringendem Behandlungsbedarf darf Simeprevir auch zusammen mit Sofosbuvir (mit oder ohne Ribavirin) als zwölfwöchige, Interferon-freie Behandlung eingesetzt werden. Ende August 2014 wurde ein weiterer Wirkstoff - Daclatasvir - für die Genotypen 1 bis 4 zugelassen. Die Behandlung erfolgt in der Regel als Interferon-freie Therapie in Kombination mit Sofosbuvir. Daclatasvir zählt wie Sofosbuvir zu den direkten antiviralen Substanzen (DAA = direct acting agents). Der Wirkstoff hemmt ein Protein des Hepatitis-C-Virus und unterbindet so die Virusvermehrung.
Auch die neuen Substanzen können noch unbekannte Risiken, Neben- und Wechselwirkungen zur Folge haben. Insgesamt deuten Studien jedoch auf eine höhere Wirksamkeit und bessere Verträglichkeit hin. Derzeit befinden sich weitere Arzneimittel im Zulassungsverfahren. Für einige dieser direkten antiviralen Substanzen (DAA) liegen laut Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) bereits Daten zur Interferon-freien Kombinationstherapie mit Sofosbuvir vor. So zum Beispiel für Sofosbuvir in Kombination mit Ledipasvir. Demnach waren 99 Prozent der Patienten nach 12-wöchiger Therapie mit Sofosbuvir und Ledipasvir virusfrei.