Beauty Behandlung - Kryolipolyse: Kälte gegen Fettpolster
Fettpolster wie am Doppekinn kann man kaum loswerden. Kryolipolyse hilft ohne OP: Kälte zerstört dabei Fettgewebe. Infos zu Behandlung & Risiken.
Ob am Bauch, Hüfte, Oberschenkeln oder an den Armen: Viele kennen hartnäckige Fettpolster, die trotz Sport und Diäten nicht schwinden.
Wer sich nicht damit abfinden kann, hat mehrere Möglichkeiten:
Kryolipolyse vs. Fettabsaugung
Am bekanntesten ist die Fettabsaugung, der Liposuktion: Dabei werden Fettzellen aus dem Körper gesaugt, also dem Körper invasiv entnommen. Doch das ist ein operativer Eingriff, bei dem mit einer Kanüle die Haut durchstochen werden muss. Manchmal bleiben auch Narben zurück.
Anders und ohne OP funktioniert die Kryolipolyse: Bei der Behandlung wirkt Kälte von außen auf Fettzellen und zerstört diese. Besonders beliebt ist der Einsatz an schwer erreichbaren Fettpolstern, wie beim Doppelkinn oder wenn es um "Sculpting" oder "Shaping" geht - also um kleine Fettpolster z. B. an Bauch oder Oberschenkeln, die für eine schöne Körperform weichen sollen.
Was ist Kryolipolyse?
Das Wort Kryolipolyse stammt aus dem Altgriechischen und setzt sich zusammen aus:
kryos = Frost/Eis,
lipos = Fett und
lysis = Lösung.
Bei dem Verfahren wird ein sogenannter Applikator auf die zu behandelnde Körperstelle gesetzt. Der saugt das Fettgewebe anschließend - ähnlich einem Staubsauger - zwischen zwei Platten. Bei neueren Geräten wird das Fettgewebe in eine kleine Mulde gesaugt.
"In diesem Vakuum wird das Fettgewebe auf Temperaturen bis zu minus elf Grad Celsius gekühlt", sagt der Plastische Chirurg Olaf Kauder, der die Methode seit 2013 in seiner Praxis am Kurfürstendamm in Berlin anbietet.
Damit es keine Erfrierungen der Haut gibt, wird zwischen Haut und Applikator ein Schutzfilm eingebracht, meist ein Gel samt einem dünnen Tuch. Bei dauerhafter Kühlung gehen die Fettzellen zugrunde. Das Fett schmilzt sozusagen dahin. Eine Sitzung dauert etwa 60 Minuten.
Die Erfinder der kosmetischen Kälteanwendung sind die Dermatologen Dieter Manstein und Richard Rox Anderson vom "Wellman Center for Photomedicine" des Massachusetts General Hospital in Boston, einem Ausbildungskrankenhaus der Harvard Medical School.
Sie beobachteten in Tierversuchen, dass Fettzellen durch Kälte stärker angegriffen werden als die darüber liegende Haut und das umliegende Bindegewebe.
Anschließend entwickelten sie eine Technik, die auch beim Menschen anwendbar ist.
Heute gibt es in den Praxen und Schönheitskliniken verschiedene Aufsätze für die Kryolipolyse-Geräte, die an unterschiedlichen Körperstellen Fettgewebe zerstören sollen.
Ist Kryolipolyse wirksam?
Weil die Kryolipolyse eine gesundheitsbezogene Behandlung ist, gelten besondere Regeln in Deutschland, z. B. was die Werbung betrifft. Das hat mit der Belegung der Wirksamkeit zu tun - die muss besonders deutlich und klar unabhängig sein und solide Studien dazu fehlen noch.
Dass er mit Kryolipolyse Fettpolster reduzieren kann, damit dürfe der Plastische Chrirurg Kauder nicht werben, bestätigt er. Denn mehrere deutsche Gerichte fordern dafür die genannten soliden wissenschaftliche Studien.
So erklärte das OLG München 2016 in einem Urteil: Eine klinische und wissenschaftliche Absicherung für die Funktionsweise des Kryolipolyse-Verfahrens und dafür, dass es sich um eine einfache, erprobte und zuverlässig funktionierende Methode zum gezielten und dauerhaften Fettabbau von Fettpostern handelt, fehle bisher.
Die amerikanische Zulassungsbehörde FDA habe aber ein Gerät zugelassen, und diese Behörde sei wesentlicher strenger als europäische Institutionen. Das besagte Gerät mit dem Namen "Coolsculpting" wendet Kauder in seiner Praxis an, es werde ausschließlich an Ärzte verkauft. Die Nachahmer-Geräte aber könne jeder kaufen.
Wie funktioniert Kryolipolyse?
Wie das "Schmelzen" des Fettes auf Zellebene funktioniert, weiß man noch nicht bis ins letzte Detail. Man stellt es sich so vor, dass die Kälte die Blutversorgung der Fettzellen unterbindet und dabei einige absterben. Dabei wird lokal eine Entzündungsreaktion hervorgerufen, die nötig ist, damit die kaputten Fettzellen später abtransportiert werden können.
Bei der Behandlung wird eine Partie Fettgewebe durch einen Vakuumsog zwischen Kühlplatten im Gerät gesaugt und dann auf Temperaturen bis zu minus 11 Grad Celsius gekühlt.
Eine Sitzung der Kryolipolyse-Behandlung dauert etwa 60 Minuten. Dann wird das Gerät abgenommen und die gekühlte Haut steht zunächst steif vom Körper ab, ist meist rot-blau verfärbt. Diese Wulst muss nach der Behandlung wieder einmassiert werden. Damit gelangen auch die abgestorbenen Fettzellen ins gesunde Gewebe, wo sie in den Wochen nach der Behandlung langsam über Lymph- und Blutgefäße abtransportiert werden.
Wann sieht man Erfolg nach Kryolipolyse?
"Erste Effekte sieht man nach etwa zwei Wochen", sagt Kauder. "Dann kann man förmlich zusehen, wie die Fettpolster, die man schon jahrelang hatte, immer weniger werden." Bis zum vollen Effekt kann es aber zwei bis drei Monate dauern.
Im Gegensatz zum Fettabsaugen gibt es in der optischen Wirkung einen besonderen Unterschied: "Bei der Kryolipolyse kommt es nicht zu einer narbigen Schrumpfung des Bindegewebes, wie beim Fettabsaugen", sagt Kauder.
Deshalb hänge das Ergebnis auch davon ab, wie elastisch sich die Haut nach der Behandlung anpassen könne. "Hier muss man abwägen und beraten, denn gerade manchen Älteren ist nicht klar, dass sie danach vielleicht weniger Fett haben, aber die Haut dadurch viel weniger straff wirkt."
Dafür gibt es bei der Kryolipolyse keine Wunden und man kann z. B. sofort wieder zur Arbeit gehen oder Sport machen.
Für wen ist eine Kryolipolyse geeignet?
Die Methode könne prinzipiell an jeder Körperstelle angewendet werden, an der sich lokale Fettpolster befinden. Bei Frauen sprechen vor allem diese Körperpartien gut auf die Behandlung an, so Kauder:
• Unterbauch,
• Hüfte
• hinterer Brustkorb
• Innenseite der Oberschenkel.
Und geschlechtsunabhängig ist die Kryolipolyse gegen das Doppelkinn sehr beliebt und weit verbreitet - auch weil dieses Fettgewebe sich schwer oder gar nicht mit Training bekämpfen lässt.
Verglichen mit dem Fettabsaugen ist die Kältemethode allerdings weniger effizient. Während Ärzte und Ärztinnen bei einer Liposuktion bis zu 75 Prozent des Fetts entfernen, sind bei der Kryolipolyse eher 25 Prozent die Regel. Dafür gibt es keine Wunden und man kann sofort wieder arbeiten oder Sport machen gehen.
Auch zum Abnehmen bei Fettleibigkeit ist die Kryolipolyse nicht geeignet. "Sie ist eher für Normalgewichtige, die sich an lokalen Fettpölsterchen stören", sagt Kauder. Also: Modellierung, Shaping oder Sculpting.
Dazu gehören auch Fettansammlungen bei Frauen nach der Menopause. Manchmal brauche man allerdings zwei oder drei Sitzungen bis zum gewünschten Ergebnis.
Nebenwirkungen: Welche Risiken hat Kryolipolyse?
Die häufigsten Nebenwirkungen sind Schmerzen während und nach der Behandlung, bei älteren Geräten sei das Gewebe nach der Behandlung oft länger verhärtet, auch ein Taubheitsgefühl könne mehrere Wochen anhalten.
Außerdem seien Hämatome - also blaue Flecken im behandelten Gewebe - nicht außergewöhnlich, jedoch laut Kauder sehr vom verwendeten Gerät abhängig.
Weiterhin könne eine paradoxe Fettgewebsvermehrung als Nebenwirkung auftreten. Statt weniger wird das Fettgewebe in diesem Fall mehr - allerdings erst nach sechs bis acht Monaten. "Dann hilft nur eine Fettabsaugung", sagt Kauder.
Studien zu langfristigen Effekten der Kryolipolyse liegen noch nicht vor. Dennoch gehen manche Wissenschaftler davon aus, dass die Methode keineswegs nur Auswirkungen auf das Fettgewebe hat, sondern eben auch auf die umliegenden Strukturen der Unterhaut sowie das Immunsystem.
Wann darf man Kryolipolyse nicht machen?
Wegen der vermuteten Auswirkung auf das Immunsystem raten Expertinnen und Experten bei chronischen Erkrankungen wie Morbus Crohn, Colitis ulcerosa oder Lupus zur Vorsicht.
In einer österreichischen Übersichtsarbeit werden unter anderem weiterhin Gerinnungs- und Wundheilungsstörungen sowie die Therapie mit Blutverdünnern als Faktoren genannt, die gegen einen zeitgleichen Einsatz der Kryolipolyse sprechen. Gerinnungshemmer müssten also wenigstens einige Tage vor der Behandlung abgesetzt werden - in der Praxis raten auch viele Anbieter dazu.
Offizielle Empfehlungen gibt es aufgrund des Mangels an wissenschaftlicher Evidenz aber bisher nicht.
Wie teuer ist eine Behandlung?
Eine Behandlung, also eine Sitzung, kostet in der Regel zwischen 500 und 600 Euro, je nach Anbieter. Wie viele Sitzungen nötig sind, hängt einerseits von den Wünschen der Kundin bzw. des Kunden ab, zum anderen vom jeweiligen Fettgewebe und der zu behandelnden Stelle. Manchmal brauche man zwei oder drei Sitzungen bis zum gewünschten Ergebnis, so Kauder.
Wer sollte Kryolipolyse durchführen?
Wegen der Risiken für Menschen mit chronischen Krankheiten und unter bestimmten Medikamenten sehen Ärzte wie Olaf Kauder die Entwicklung kritisch, dass die Kryolipolyse auch von Kosmetiksalons und anderen Laien angeboten wird.
Nur ein Arzt/eine Ärztin könne im Vorgespräch vorhandene Erkrankungen sowie Allergien und Medikamente richtig beurteilen und im Zweifel eine Behandlung ausschließen. "Außerdem haben die nichtärztlichen Anwender nicht den Hintergrund, um jemanden auch über Alternativen aufzuklären."
So rate er manchen seiner Patienten und Patientinnen nach dem Vorgespräch auch von der Kryolipolyse ab - etwa Männern mit festem Fettgewebe oder wenn man keine ästhetische Verbesserung erwarten könne.
Ob auch nichtärztliche Anbieter im Zweifel zum Wohle des Patienten von der Kryolipolyse abraten würden, bezweifelt Kauder: "Wir Ärzte haben Patienten - die anderen haben Kunden."
Bezahlen allerdings muss man natürlich auch beim Arzt, denn bei der Kryolipolyse handelt es sich um eine reine Privatleistung. Die Preise variieren nach Region, bei Kauder kostet die einmalige Behandlung einer etwa handgroßen Fläche etwa 600 Euro.
Richtig durchgeführt, kann die Kryolipolyse offenbar dazu beitragen, das eine oder andere Fettpolster loszuwerden - auch wenn wissenschaftliche Studien nach wie vor Mangelware sind.
Kryolipolyse ersetzt aber auf keinen Fall eine gesunde Lebensführung mit viel Sport. Und vielleicht kommt nach gründlicher Abwägung auch mancher zu dem Schluss, dass ein paar kleine Polster gar nicht so schlimm sind, sondern einfach dazugehören.