Obst und Gemüse: gesund, aber giftig?

Roh sind verschiedene Gemüsesorten giftig (Quelle: IMAGO / YAY Images) — Bild: IMAGO / YAY Images

Mo 19.09.2022 | Dossier | Lesedauer etwa 5 Minuten - Obst und Gemüse: gesund, aber giftig?

Fünf Portionen Obst und Gemüse sollte man pro Tag essen, am besten roh oder schonend gegart. Manche Frucht kann aber roh oder falsch zubereitet zu Übelkeit und Erbrechen führen. Wir verraten, welche.

Rohkost ist nicht nur gesund, sondern gerade im Sommer ein toller Snack. In Hummus oder Kräuterquark gedippt, lassen sich Karottensticks und Gurken wegfuttern. Am besten kommen Gemüse und Obst natürlich aus dem eigenen Garten oder vom Balkon, aber wussten Sie, dass man sich da schnell auch mal giftige Früchtchen heranzeugt? Und: Rohkost führt in bestimmten Fällen zu Übelkeit und Erbrechen. Wir erklären Ihnen, worauf Sie achten sollten.

Rote Bohnen, grüne Bohnen, Kichererbsen, Kidney-Bohnen

In den Hülsenfrüchten stecken Proteinverbindungen - Lektine - welche die roten Blutkörperchen verkleben können. Über den Verzehr schon einer handvoll ungekochter Früchte nimmt man dieses auf, die Folgen sind Übelkeit, Erbrechen, Durchfall oder Krämpfe, da die Sauerstoffversorgung unterbrochen wird. Bei Kindern reichen schon wenige einzelne Bohnen oder Kichererbsen. Deswegen sollte man diese Hülsenfrüchte immer mindestens 15 Minuten kochen, dadurch wird Lektin zerstört. Wer zu tiefgekühlten Früchten greift, sollte wissen, dass diese vorgegart sind - hier besteht also weniger Gefahr.

Tomaten

Hier kommt es auf die Sorte an. Manche grüne Tomaten sind schon dann für den Verzehr geeignet, da sie quasi "grün gezüchtet" werden, bei anderen Sorten sorgt der in unreifen Tomaten steckende Stoff Solanin für Durchfall, Erbrechen und Übelkeit. Deswegen sollte unbedingt auf die Tomatensorte geachtet werden - im Zweifel auf jeden Fall bis zur Reife warten, am besten an einem warmen Ort. Viel Solanin steckt übrigens auch in Strunk und Stengel. Wer "No Waste" liebt und gerne alles mitisst, sollte bei Tomaten allerdings darauf verzichten und beides großzügig wegschneiden.

Kartoffeln

Auch in Kartoffeln kann Solanin stecken, nämlich insbesondere an grünen und keimenden Stellen. Ist die Kartoffel schon weich und runzelig, am besten in den Kompost damit. Ist sie noch fest, einfach die Stelle großzügig herausschneiden. Wer auf Nummer sicher gehen will, schält die Kartoffeln, denn unter der Schale sitzt das meiste Solanin. Dieses wird erst ab 200 Grad zerstört, deswegen sollten diese Kartoffeln in den Backofen, nur kochen hilft nicht.

Kürbisse, Gurken, Zucchini

Bei allen Kürbissen - zu denen Gurken und Zucchini gehören - können Rückmutationen entstehen, wenn aus den Kernen neue Pflanzen herangezogen werden. Der gefährliche Stoff Cucurbitacine lässt sich durch Bitterkeit am Geschmack erkennen - auch nach dem Kochen. Dann sollte man das Gemüse auf keinen Fall essen, denn im schlimmsten Fall führt dieser zu Erbrechen, Kopfschmerzen, Herzrasen und möglicherweise Tod. Samen sollte man in diesen Fällen besser kaufen.

Rhabarber

In Rhabarber steckt Oxalsäure, was im Mund dazu führt, dass sich die Schleimhäute zusammenziehen und "pelzig" werden. Für gesunde Menschen ist der Verzehr normaler Mengen Rhabarber unbedenklich, denn die tödliche Menge beträgt mindestens fünf Gramm, so viel steckt in einem Kilo Rhabarber. Den leckeren Kuchen können Sie also bedenkenlos verputzen. Menschen mit Gicht, Rheuma oder Nierenproblemen sollten allerdings auf Rhabarber verzichten oder nur sehr geringe, gekochte Mengen konsumieren - durch das Kochen verringert sich der Oxalsäuregehalt, das Kochwasser sollte aber unbedingt weggekippt werden, da die Säure in dieses übergeht.

Rote Beete

Wie auch Rhabarber steckt in der roten Rübe viel Oxalsäure. Deswegen gilt hier: Sorgfältig schälen und gut kochen, das allerdings nur einmal, denn rote Beete sollte nicht aufgewärmt werden. Wie in Spinat steckt auch in der Rübe Nitrat, das sich in krebserregende Nitrosamine verwandelt.

Spinat

Vom hohen Eisengehalt bis zum Gift, das beim Aufwärmen entstecht, gibt es viele Mythen rund um den Spinat. Dabei ist das Essen von übrig gebliebenem Spinats nicht so gefährlich, wie man immer mal wieder hört, wenn man ein paar Dinge beachtet. Die Reste sollte man so schnell wie möglich kalt stellen und schnell aufbrauchen. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) rät sogar, den Spinat nicht wieder zu erwärmen, denn dadurch kann das in den grünen Blättern enthaltene Nitrat zum problematischen Nitrit werden, das bei Babys und Kindern zu Verdauungsbeschwerden und Durchfall führen kann. Auch gut zu wissen: In Bio-Spinat steckt meist weniger Nitrat, da auf nitrathaltige Dünger verzichtet wird.

Muskatnuss

Im Gegensatz zu ihren Namensvettern wie Erdnuss und Haselnuss sollte man die Muskatnuss auf keinen Fall ganz snacken, das kann nämlich tödlich enden. Das darin enthaltene ätherische Öl ist hochgiftig. Zum Würzen sollte deswegen nur eine Prise geriebene Muskatnuss verwendet werden, denn schon ab etwa fünf Gramm kann es zu Vergiftungserscheinungsn und Rauschzuständen kommen.

Aprikosen

Hier ist nicht die Frucht das Giftige, sondern der Kern. Aprikosenkerne werden auch frei zum Verkauf angeboten, sollen "heilende" Wirkung haben, allerdings bezweifeln das Expert:innen stark und warnen vor dem Verzehr vieler Kerne. "Die Kerne weisen einen hohen natürlichen Gehalt an Amygdalin auf. Aus Amygdalin wird während des Verzehrs und bei der Verdauung Blausäure abgespalten. Blausäure kann bei Kindern und Erwachsenen zu schweren akuten Vergiftungserscheinungen führen, die bei höheren Dosen tödlich sein können." warnt das Bundesinsitut für Risikobewertung [PDF]. Ein bis zwei Kerne seien in der Regel für gesunde Menschen noch unbedenklich, aber hier gilt höchste Vorsicht. Bei Bittermandeln verhält es sich übrigens ähnlich.

Lupinensamen

Lupinensamen werde insbesondere in den letzten Jahren immer öfter in Lebensmitteln verarbeitet, etwa Backwaren oder laktosefreien Produkten, aber auch pur gibt es sie als Snack zu kaufen. Darin können sich allerdings Chinolizidinalkaloide befinden. Werden diese Alkaloide in einem sogenannten "Entbitterungsprozess“ nicht fachgerecht entfernt, können sie beim Menschen Vergiftungssymptome auslösen, die das Nerven-, Kreislauf- und Verdauungssystem betreffen. Das BfR rät hier darauf zu achten, ob es "sich um Bitterlupinensamen handelt, die giftige Alkaloide enthalten, oder um Süßlupinensamen, die ohne weitere Verarbeitung verzehrt werden können."

GIFTNOTRUF

Bei Vergiftungserscheinungen sollten Sie umgehend einen Arzt aufsuchen oder den Notruf unter der 112 wählen. Auch der Giftnotruf hilft weiter. Alle Notrufnummern gibt es hier. Für Berlin und Brandenburg ist der Giftnotruf der Charité Montag bis Sonntag, rund um die Uhr unter 030/19240 erreichbar.