Essen & Trinken | Beitrag | Lesedauer etwa 4 Minuten - Hühnerfleisch: mit Küchenhygiene ran an die Keule
Das Fleisch von Hühnern ist oft mit Keimen verunreinigt. Deshalb ist die Küchenhygiene gerade beim Kochen mit Huhn so wichtig. Auf diese Punkte kommt es an.
Immer wieder liest man von erschreckenden Laborergebnissen bei der Untersuchung von Hühnerfleischerzeugnissen, von antibiotikaresistenten Keimen und Krankheitserregern. Dann erinnert man sich schnell daran, dass Hühnerfleisch ja auch vor dem Verarbeiten unbedingt abgespült werden sollte. Oder nur abgetupft? Und wie war das noch mal mit der Kreuzkontamination? Und schon vergeht der Hunger aufs Hühnchen.
Aber ist es wirklich so schlimm ums Huhn gestellt? Und worauf können wir Verbrauchenden beim Kauf und bei der Verarbeitung von Hühnerfleisch achten, um qualitativ hochwertiges Fleisch zu essen?
Aktuelle Keimfunde bei Lidl-Fleisch
Am 18. Juni 2024 veröffentlichte die Albert-Schweitzer-Stiftung neue Analyse-Ergebnisse zu Hühnerfleisch von Lidl. Insgesamt hatte die Stiftung 142 Eigenmarkenprodukte aus 22 Lidl-Filialen in Deutschland, Italien, Spanien, Großbritannien und Polen durch ein unabhängiges Labor in Deutschland mikrobiologisch prüfen lassen.
Auf jeder zweiten Probe sollen sich demnach Bakterien, die gegen eines oder mehrere Antibiotika immun sind, befunden haben, von den Proben aus Deutschland sei ein Drittel belastet gewesen. Daneben hätten sich Fäkalkeime und Durchfallerreger auf einer Mehrheit der Proben gefunden. Bei den deutschen Proben betrug der Anteil solcherart belasteter Proben demnach 67 Prozent.
Auf Anfrage von SUPER.MARKT reagiert Lidl. Das Unternehmen antwortet uns, es orientiere sich immer auch an den Richtwerten der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie. "Uns liegen in Bezug auf die Mikrobiologie aktuell keinerlei Einschränkungen hinsichtlich der Verkehrsfähigkeit unseres Geflügelfleischs vor." Geflügelfleisch sei grundsätzlich vergleichsweise anfällig für Keimbelastung. "Die von der Albert Schweitzer Stiftung festgestellten Keime sind dabei nicht unbedingt auf die Haltungsform zurückzuführen, sondern kommen in allen Haltungsformen vor." Bei gängiger Zubereitung von Geflügel ginge für den Verbraucher jedoch keinerlei Gesundheitsgefahr aus.
Keimfunde "grundsätzlich häufig"
Laut dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) ist das Vorkommen resistenter und anderer Bakterien in und auf Hähnchenfleisch und anderem Geflügelfleisch grundsätzlich häufig. Fälle von sogenannten Zoonoseerregern werden in einem Monitoring-Projekt des Bundes und der Länder erfasst, ausgewertet und veröffentlicht.
Hühnerfleisch, das mit Salmonellen oder Campylobacter-Erregern verunreinigt ist, ist laut BfR dabei eine der häufigsten Quellen für lebensmittelbedingte Infektionen in Deutschland.
"Wird das Fleisch ausreichend durcherhitzt, werden diese Bakterien abgetötet ", erläufert das BfR auf SUPER.MARKT-Anfrage. 70 °C für mindestens zwei Minuten im Kern reichen den Angaben zufolge.
Welches Huhn ist weniger belastet?
Huhn ist nicht gleich Huhn. Zum Beispiel unterscheidet sich das Hühnererzeugnis je nach Stufe der Haltungsform, von 1 - Stallhaltung - bis 4 - Premiumhaltung. Kurz gefragt: Ist Haltungsform 1 bedenklicher als Haltungsform 4, also das Fleisch aus Stallhaltung mit Freigelände-Zugang?
"Mit Blick auf die Haltungsform hat sich im Rahmen des Zoonosen-Monitorings gezeigt, dass Bakterien aus der ökologischen Masthuhn-Haltung geringere Resistenzraten aufweisen, als solche aus konventionellen Betrieben", so das BfR.
Für den Umfang der Belastung des Fleisches mit Bakterien sei neben dem Vorkommen bestimmter Bakterien bei den Tieren vor allem auch die Hygiene bei der Schlachtung maßgeblich.
Sauber verarbeiten
Und Hygiene ist auch danach noch das Stichwort, wenn das Fleisch bei uns auf dem Küchenbrett liegt. Bei einem Mangel an Hygiene kann es zur Übertragung von Bakterien auf andere Lebensmittel kommen, die vor dem Verzehr nicht erhitzt werden. Etwa ein Baguette, was kurz nach dem Hühnerfleisch auf dem nur oberflächlich gesäubertem Küchenbrett geschnitten wird.
Die Konsequenz solcher Hygienemängel "hängt dann sowohl von der Art und den Eigenschaften als auch der Menge der übertragenen Bakterien sowie den individuellen Eigenschaften der Person ab, die die entsprechenden Lebensmittel zu sich nimmt", erläutert das BfR.
Um kein Risiko einzugehen, gilt folgendes:
• Rohes Geflügelfleisch und andere Lebensmittel getrennt lagern und zubereiten. Behältnisse, in denen das rohe Fleisch lagerte, direkt danach gründlich säubern.
• Geflügelfleisch vor der Verarbeitung mit einem Papiertuch abtupfen und dieses direkt in den Müll werfen. Das Fleisch sollte nicht abgewaschen werden, da durch das Spritzwasser Keime verteilt werden können.
• Ein eigenes Brett und Messer für Hühnerfleisch verwenden und beides nach Gebrauch sorgfältig mit warmem Wasser und Spülmittelzusatz säubern.
• Hände zwischen den einzelnen Zubereitungsschritten mit Wasser und Seife waschen, vor allem, wenn man vom Huhn zu einem nächsten Lebensmittel übergeht.
• Geflügel sollte vor dem Verzehr immer vollständig durchgegart werden - der Kern des Produktes sollte für zwei Minuten mindestens 70° C erreichen, so dass das Stück an allen Stellen durchgegart ist.
• Verpackungsmaterialien sofort entsorgen.
Weitere Informationen zur Lebensmittelhygiene hat das Bundesinstitut für Risikoforschung in diesem Merkblatt zusammengefasst.
Der Umgang mit gefrorenem Hähnchenfleisch
Wichtig: Erreger finden sich auch auf tiefgefrorenen Hühnerfleisch-Produkten, das Einfrieren tötet Mikroorganismen wie Bakterien oder Viren nicht ab. Deshalb sollte das Fleisch bestenfalls im Kühlschrank aufgetaut werden, hier können sich die Keime nicht so schnell vermehren wie bei Zimmertemperatur. Außerdem sollte das aufgetaute Lebensmittel umgehend zubereitet werden. "Da das Auftauwasser oft krankmachende Keime enthält, muss es beseitigt werden, um Kreuzkontaminationen zu vermeiden", so die Empfehlung des BfR.
Ein Beitrag von DEM, 21.06.2024.