Eine Taste auf der Tastatur mit dem Wort "Kaufen" (Quelle: IMAGO/CHROMORANGE)
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Geld | Beitrag | Lesedauer etwa 3 Minuten - Bonitätsprüfung: Beim Shoppen unbemerkt durchleuchtet

Schnell was online shoppen - und im Hintergrund läuft unbemerkt eine Bonitätsprüfung ab. Was passiert dabei genau - und wie erkenne ich das?

Gerade hat man etwas in den Warenkorb gelegt, schon wird man freundlich gefragt, wie man denn nun bezahlen möchte - per Paypal, Klarna, Giropay, Kreditkarte, Vorkasse? Ähm - geht es nicht auf Rechnung? Ging es doch beim letzten Mal auch, oder? Oder wenigstens Ratenkauf?
 
Und genau da sind wir schon mittendrin, beim Scoring: Während wir online shoppen, läuft in vielen Fällen im Hintergrund eine Bonitätsprüfung unserer Person ab. Dezent, super schnell, kriegen wir gar nichts von mit. Dabei verwenden die Unternehmen bzw. die Zahlungsdienstleister eigene Kundendaten oder greifen auf Score-Werte zurück, die von Auskunfteien auf Basis personenbezogener Daten erstellt werden. Und am Ende stehen dann eben verschiedene Bezahlmöglichkeiten zur Auswahl, je nach unserer Bonität, also unserer Kreditwürdigkeit.
 
Dieses Vorgehen ist für uns Kund:innen nicht nur nachteilig: "Verbraucherinnen und Verbraucher können profitieren, wenn Zahlungsausfälle im Online-Handel insgesamt begrenzt werden, was sich letztlich günstig auf das Preisniveau auswirkt", erläutert das Bundeskartellamt.
 
Doch wir Verbraucher:innen werden in der Regel nicht oder nur unzureichend darüber informiert, dass dieser Check durchgeführt wird. Die Verarbeitung der dafür nötigen Daten ist jedoch nur dann zulässig, wenn Datenschutzvorschriften und Lauterkeitsrecht eingehalten werden.

Rechtliche Vorgaben werden nicht immer eingehalten

Das Bundeskartellamt bemängelt bei den Vorgängen fehlende Transparenz: Online-Händler, Zahlungsdienstleister und Auskunfteien hielten hier die geltenden Vorgaben nicht immer ein, zu diesem Ergebnis kommt eine lang angelegte Untersuchung der Behörde, die diesen Sommer vorgestellt wurde.
 
Informationen zum Scoring werden demnach häufig gar nicht oder nur schwer erkennbar in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen erteilt. In einigen Fällen erfolge die Auskunft sogar erst nach der Bonitätsprüfung, sodass der Kunde diese nicht verhindern kann. Händler und Zahlungsdienstleister müssten aber "verständlich und rechtzeitig über die Durchführung von Bonitätsprüfungen informieren, damit die Verbraucherinnen und Verbraucher eine echte, informierte Entscheidung treffen können", so Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamts.
 
Zusätzlich zeigt die Untersuchung des Bundeskartellamts, dass Online-Händler, Zahlungsdienstleister und Wirtschaftsauskunfteien zahlreiche Kundendaten untereinander austauschen und verarbeiten. Bei Bonitätsprüfungen würden dann häufig nicht nur das frühere Zahlungsverhalten, sondern auch die Anschrift, das Alter oder teilweise auch Informationen wie die Häufigkeit von Umzügen oder die Uhrzeit der Bestellung einbezogen. Das ergebe zwar genaue Informationen, zu beachten sei aber auch der datenschutzrechtliche Grundsatz der Datenminimierung, forderte die Behörde. Deshalb sei die Notwendigkeit der Verarbeitung bestimmter Daten "in einigen Fällen fraglich".

Hintergrund-Kreditchecks sollen erschwert werden

Das alles macht deutlich: Die rechtliche Lage ist bei der Bonitätsprüfung, die im Hintergrund abläuft, nicht eindeutig.
 
"Die Möglichkeiten der Kontrolle und der Ahndung eventueller Verbraucherrechtsverstöße in Bezug auf die Durchführung des Scorings beim Online‐Shopping sind derzeit begrenzt", erläutert das Bundeskartellamt. Sie reduzierten sich weitgehend auf wissenschaftliche, mathematisch‐statistische Gutachten, die von den überprüften Auskunfteien selbst beauftragt (und bezahlt) werden und den zuständigen Datenschutzbehörden vorgelegt werden müssten. Eine inhaltliche Kontrolle der von Online‐Händlern oder Zahlungsdienstleistern selbst durchgeführten Bonitätsprüfungen oder Score‐Wert‐Erstellungen fände nicht statt.
 
Aktuell wird an einer Novelle des Bundesdatenschutzgesetzes gearbeitet. Auch ein stärkerer Schutz vor Diskriminierung steht zur Disposition. Käme dieser Schutz, könnte unter anderem nicht mehr erlaubt sein, Adressdaten zu verarbeiten. Käufer:innen würden also davor geschützt, zum Beispiel allein wegen ihres Wohnumfeldes einen schlechteren Score-Wert zu erhalten.

So schützen wir uns

Wer wissen will, ob und wie im Onlineshop die Bonität gesprüft wird, kann dies vorab in den ellenlangen AGB erfahren. Dort muss das Vorgehen des Unternehmens festgehalten werden. Zwar gut versteckt, aber immerhin.
 
Komplett ohne Bonitätsprüfung durchs Onlineshopping zu kommen, wird schwierig. Denn es sind ja nicht nur die Shops, sondern auch die Zahlungsdienstleister, die welche durchführen.
 
Es kann also sinnvoll sein, regelmäßig eine Selbstauskunft der größten Auskunfteien - von Crif bis Schufa - zu verlangen. Mindestens einmal im Kalenderjahr steht Verbraucher:innen eine unentgeltliche Auskunft zu. Dank der Selbstauskunft erfährt man dann auch, welche personenbezogenen Daten zu welchem Zweck gespeichert sind, woher sie stammen und an wen sie weitergegeben werden.
 
Achtung: Auf den Webseiten mancher Auskunfteien wird groß auf kostenpflichtige Selbstauskünfte hingewiesen, die kostenlosen hingegen gut versteckt. Findet man das entsprechende Onlineformular, empfiehlt die Verbraucherzentrale, sich auf die Pflichtfelder beschränken.
 
Die Verbraucherschützer:innen bietet auch einen kostenlosen Musterbrief an, mit dem die Selbstauskunft eingefordert werden kann. Es reicht ein formloser Antrag, eine Begründung ist laut Verbraucherzentrale nicht nötig.

Ein Beitrag von SUPER.MARKT mit Material AFP von DPA 09.09.2024.