Eine Zahnärztin zeigt ein Modellgebiss (Quelle: imago images/NurPhoto)
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Gesundheit | Beitrag | Lesedauer etwa 4 Minuten - Zahnfüllungen: Quecksilber raus, aber was rein?

Dentalamalgam wird bald verboten. Obwohl Zahnärzte sagen, eine bessere Füllung gebe es nicht. Wie schlecht sind dann also unsere Alternativen?

Ab Anfang 2025 wird es beim Zahnarzt des Vertrauens eines nicht mehr geben: Amalgamfüllungen. War die Legierung, die 50 Prozent Quecksilber enthält, bisher nur für Schwangere und Kinder verboten, wird sie ab dem kommenden Jahr EU-weit überhaupt nicht mehr als Füllung eingesetzt. Und das, obwohl viele Expert:innen, gestützt auf Studien, zu dem Schluss kommen, dass die Menge Quecksilber, die so theoretisch in unsere Körper gelangen kann, unbedenklich ist.
 
"Die Quecksilber-Belastung durch diesen Werkstoff ist der durch die Nahrungsaufnahme gleichzusetzen und, wie auch in neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen festgestellt, unbedenklich", erläutert Angelika Brandl-Riedel, Vorsitzende des Deutschen Zahnärzte Verbandes, gegenüber SUPER.MARKT. Durch Sicherungsmaßnahmen der Entsorgungsabläufe in den zahnärztlichen Praxen sei in der Regel eine für die Umwelt sichere Entsorgung gegeben.
 
"Eigentlich gibt es keine wirkliche Alternative zu Amalgam" sagt auch Helmut Kesler, Vorstand des Verbands der Zahnärztinnen und Zahnärzte von Berlin. Denn entweder seien die Alternativen "mechanisch nicht so stabil oder preislich nicht vergleichbar herzustellen".

Gefahrenfaktor Amalgam?

Und trotzdem hat man sich EU-weit auf das Verbot von Dentalamalgam verständigt. Warum also? Florian Schulze, Geschäftsführer des Europäischen Netzwerks für Umweltmedizin, ist Amalgam-Experte. Ihm zufolge werde Quecksilber unweigerlich bei der Verwendung von Amalgam in die Umwelt freigesetzt. Dies sei das eine Problem, denn: "Der aktuelle Zustand der Umwelt ist alarmierend: 40 Prozent der Oberflächengewässer in der EU zeigen zu hohe Quecksilberwerte auf, was eine Gefahr für Vögel und Säugetiere darstellt, die sich von belasteten Fischen oder Schalentieren ernähren (EUA 2018), aber auch den menschlichen Verzehr von Speisefischen gefährdet", so Schulze.
 
Die andere Gefahr ergebe sich vor allem für Zahnärztinnen, Zahnärzte und zahnärztliche Fachkräfte, denn Quecksilber werde vor allem beim Legen und Entfernen von Füllungen freigesetzt, wodurch eben diese Berufsgruppen belastet würden.

Welche Alternativen gibt es denn nun?

Was machen wir nun also alle? Mut zur Lücke und auf die Füllung verzichten? So nun auch wieder nicht. Es gibt natürlich verschiedene Alternativen für eine Füllung. Unterschieden wird dabei grundsätzlich zwischen laborgefertigten Restaurationen, also Gold- oder Keramik-Inlays, und plastischen Füllungen. Wir werden ab 2025 also nur mehr abwägen - und im Zweifelsfall mehr bezahlen müssen.
 
Einen kleinen Trost gibt es, neben den dann eingesparten Umweltschädigungen. Denn schon jetzt wird Amalgam laut dem Europäischen Netzwerk für Umweltmedizin in Deutschland nur noch für 2,4 Prozent aller Füllungen verwendet - fast die Hälfte der EU-Mitglied-Staaten sei bereits aus der Verwendung ausgestiegen oder habe den Gebrauch auf unter ein Prozent gesenkt. Es gibt also ein Leben ohne Amalgamfüllung. Wir zeigen, wie es aussehen kann.

Füllungen im Überblick

Inlays

Inlays, also Einlagefüllungen, sind die haltbarsten, aber auch die teuersten Varianten, um einen Zahn zu füllen. Um sie zu erstellen, wird ein Abdruck des Lochs gemacht, anhand dem dann das Inlay passgenau gefertigt wird. Es wird in einem Stück mithilfe eines bioverträglichen Zements bzw. eines speziellen Kunststoffes eingesetzt.

 

Stiftung Warentest hat zuletzt 2022 Zahnfüllungen aufwendig getestet, die Verbraucherschützenden kommen zu dem Ergebnis, dass Inlays vor allem bei größeren Zahnschäden infrage kommen. Als letzte Stufe sozusagen, "bevor eine Krone oder gar ein Implantat notwendig ist".

 

Goldinlays

 

"Diese Restaurationen sind langfristig haltbar, allerdings durch den hohen Goldpreis und die aufwendige Herstellungsweise hochpreisig" erläutert Dr. Angelika Brandl-Riedel gegenüber SUPER.MARKT.

 

Ein weiterer Nachteil, neben den hohen Kosten für Goldinlays, ist die deutliche Sichtbarkeit des Materials. Außerdem müsse für das Einsetzen gesunde Zahnhartsubstanz geopfert werden, so die Tester:innen von Stiftung Warentest - allerdings weniger als bei Amalgam.

 

Keramikinlays

 

"Keramikinlays werden perfekt an die Zahnfarbe angepasst und zeigen in der Regel eine gute Haltbarkeit", so Angelika Brandl-Riedel. Im Durchschnitt hält so ein Inlay 31 Jahre, so die Testerinnen und Tester von Stiftung Warentest. Es bestünde auch keine Bruchgefahr, da die Füllung mit dem Restzahn so verklebt werde, dass sie eine solide Einheit bildeten.

 

Auch hier müsse gesunde Zahnhartsubstanz geopfert werden, aber wiederum weniger als bei Amalgam. Und auch hier sind die Kosten immens hoch: Es können mehrere Hundert Euro Eigenanteil zusammenkommen.

Plastische Füllungen

 

Glasionomzemente

 

"Glasionomerzemente (GIZ), teils auch mit feinen Silberteilchen, sind für kleinere, nicht kau-drucktragende Füllungen geeignet oder als Übergangslösung, bis eine Versorgung mit einer Krone erfolgt", erläutert Angelika Brandl-Riedel. Der Werkstoff enthalte Fluoride, wodurch die Kariesentwicklung im Randbereich der Füllung verhindert werden solle.

 

Kompositfüllungen

 

Komposit ist eine zahnfarbene Mischung aus Kunststoff, Glas oder Quarzen, die in mehreren Schichten in den Zahn eingebracht und mit ihm verklebt wird. Brandl-Riedel empiehlt Patientinnen und Patienten mit einem hohen Anspruch an Ästhetik Kompositfüllungen in Kombination der Mehrschichttechnik mit einer Mehrfarbtechnik. Eine "sehr zeitintensive und materialaufwendige Restauration", die aber dem natürlichen Zahn sehr nahekomme.

 

Gerade bei Schneide-, Eck- und Backenzähnen sei Komposit oft die richtige Wahl, so auch das Fazit von Stiftung Warentest. Die Kosten hielten sich im Rahmen, die Bearbeitungskosten von Schäden an Frontzähnen werden von den Kassen in der Regel übernommen, "für Füllungen in den Backenzähnen fällt für gesetzlich Versicherte in der Regel ein vergleichsweise geringer Eigenanteil an", so die Tester:innen. Ein weiterer Vorteil: Die gesunde, noch bestehende Zahnhartsubstanz wird geschont und das Material ist sehr langlebig, Kompositfüllungen halten laut Stiftung Warentest bis zu 25 Jahre. Es bestünde keine Bruchgefahr, da die Füllung mit dem Restzahn so verklebt sei, dass sie eine solide Einheit bildeten.

 

Kompomer

 

Kompomere bestehen aus Komposit und Glasionomerzement. "Sie werden in der Regel bei kleineren Defekten im Zahnhalsbereich oder an Milchzähnen verwendet. Eine Anwendung im Kaubereich der Backenzähne ist nicht vorgesehen", so fasst Brandl-Riedel die Eigenschaften der Füllung zusammen. Für Milchzähne vor allem deshalb, weil Kompomer-Füllungen von allen die Kurzlebigsten sind, sie halten laut Stiftung Warentest im Mittel etwa sieben Jahre. Bei einem Milchzahn macht das nichts aus. Aber auch bei bleibenden Zähnen wird es verwendet. Ein Vorteil dabei: Die gesunde, noch bestehende Zahnhartsubstanz wird geschont. Zudem ist das Material optisch unauffällig und die Kosten überschaubar.

Weiterführende Links

Die Verbraucherzentrale zeigt kurz und bündig, welche Schritte ergriffen werden müssen, wenn Karies am Zahn vorliegt - und welche Füllmaterialien dann zum Einsatz kommen.
 
Wer tiefer einsteigen will in das Thema Zahnfüllungen, ist mit dem umfangreichen Dossier der Stiftung Warentest gut beraten (kostenfrei zu lesen). Hier wird auch auf das nicht unwichtige Thema Zahnzusatzversicherungen eingegangen. Viele lohnen sich nämlich nicht - aber: manche in bestimmten Fällen schon!

Ein Beitrag von SUPER.MARKT, 21.02.2024.