Haushalt | Beitrag | Lesedauer etwa 4 Minuten - Alltagshelfer: gute Idee mit Hindernissen

Anders als Pflegedienste erledigen Alltagshelfer vor allem tagtägliche Aufgaben. Vermittelt werden sie meist von Agenturen - hier gilt es, genau hinzusehen.

Manchmal will es einfach nicht so recht klappen: Die Schrift im Brief ist zu klein geraten, so dass sie unlesbar ist, das Mittagessen brennt an - und die Wohnung. Nun ja. Die Wohnung. Gerade mit fortschreitendem Alter wird es für manche schwierig, im Alltag so wunderbar alleine zurecht zu kommen, wie es jahrzehntelang vorher problemlos ging.
 
Wer Anspruch auf das sogenannte Entlastungsgeld hat - das haben alle Pflegebedürftigen ab der Pflegestufe 1 - kann in solchen Situationen einen Alltagshelfer stundenweise zur Seite gestellt bekommen, eine Person, die dabei hilft, den Alltag zu meistern. 125 Euro stehen dafür monatlich zur Verfügung. Dabei ist es egal, ob die Alltagshilfe nun kocht, putzt oder gemeinsam mit der beauftragenden Person spazieren geht. Die Kundin oder der Kunde entscheidet, was getan wird.
 
Die Pflegekassen erstatten die Kosten von Alltagshelfenden allerdings nur, wenn der Anbieter eine landesrechtliche Zulassung hat. Die Voraussetzungen sind von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich.

Wie bucht man eine Alltagshelferin oder einen Alltagshelfer?

Alltagshelfer:innen sind aus versicherungs- und abrechnungstechnischen Gründen in den allermeisten Fällen nicht selbstständig tätig, sondern werden über einen Arbeitgeber, eine Agentur, gebucht.
 
Es gibt einige wenige große Agenturen, die teilweise deutschlandweit arbeiten, etwa Careship oder Homecare - aber auch kleinere, lokale Anbieter. Teilweise bieten auch Pflegedienste als zweites Standbein Alltagshelfer an. Und es gibt sogar ehrenamtliche Erbringer von Leistungen. Die Recherche ist etwas mühsam, da es bundesweit noch keine guten Übersichten gibt.
 
Der Berliner Senat verlinkt auf seinen Seiten zum Beispiel eine Auflistung des Kompetenzzentrums Pflegeunterstützung. Hier sind über 200 Unternehmen gelistet, die vom Senat als Anbieter von Alltagshilfen anerkannt sind.
 
Die Anbieter sind nach § 45a Sozialgesetzbuch XI anerkannt und dürfen deshalb auch mit den Pflegekassen abrechnen. Zusätzlich müssen die Dienste besonders verlässlich arbeiten, soziale Standards garantieren – etwa die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und bei Urlaub – und ihre Mitarbeiter für den Umgang mit alten und kranken Kunden besonders schulen.
 
Für Brandenburg - und auch Berlin - ist eine erste Information über Anbieter über die Suche auf Pflegeloste.de möglich - ein Angebot des Verbands der Ersatzkassen.

Diverse Probleme bei den Anbietern

Schwupps einen Anbieter von der Senatsliste ausgesucht, schon läuft es zu Hause rund mit der Alltagshilfe? Nicht unbedingt. In den Pflegestützpunkten der Berliner Bezirke melden sich fast täglich Kunden von Alltagshilfe-Anbietern, weil sie unzufrieden mit deren Leistungen oder den Abrechnungen sind - auch bei Anbietern, die vom Senat anerkannt sind.
 
Andrea Didszun ist Pflege-Expertin beim Pflegestützpunkt Berlin-Pankow, sie kennt solche Fälle: "Es kann ein Problem sein, dass völlig unklar ist, was überhaupt abgerechnet wurde, also gar keine Transparenz entsteht, weil die Dienste mit der Pflegekasse die Abrechnung direkt abwickeln."
 
SUPER.MARKT wird bei den Recherchen mit Fällen konfrontiert, bei denen die Abrechnungen nicht stimmten, Alltagshelferinnen und -helfer nicht hinreichend geschult wurden - oder Sozialleistungen für die Helfenden - oft Minijobber - nicht gezahlt wurden.
 
Wenn ein Unternehmen mehrmals auffalle bzw. gravierende Versäumnisse oder Verstöße gegen die Pflegeunterstützungsverordnung benannt würden, könne es zu einem sogenannten Anhörungsverfahren kommen, so ein Sprecher des Senats. An dessen Ende könne die Aufhebung des Angebotes stehen. Auf Nachfrage berichtet der Senat von 16 formalen Anhörungsverfahren im Jahr 2023 zu Verstößen gegen die Pflegeunterstützungsverordnung.
 
"Wie viele Beschwerden, Nachfragen oder Hinweise in 2023 insgesamt eingegangen sind, kann nicht konkret quantifiziert werden", so der Senatssprecher. Denn oftmals handele es sich bei den Beschwerden "um unterschiedliche Auffassungen zu Art um Umfang der Leistungserbringung. Diese fallen nicht in die Regelung der Anerkennung, sondern in das Vertragsverhältnis zwischen Anbieter und Pflegebedürftigen und müssen gegebenenfalls auch dort beanstandet werden." In solchen Fällen wird die für Pflege zuständige Senatsverwaltung laut eigenen Angaben beratend und vermittelnd tätig.

Umgang mit "krankheitsbedingtem Verhalten"

Mindestens dreißig Stunden lang sollen die Alltagshelferinnen laut Senatsvorschrift nach einem Mustercurriculum unterrichtet werden und dabei lernen, mit pflegebedürftigen Patienten umzugehen - denn auch wenn sie sie nicht pflegen, müssen sie doch im Alltag mit krankheitsbedingtem Verhalten zurechtkommen.

 

Für Andrea Didszun ist diese Vorgabe besonders wichtig: "Es können eben auch Verhaltensweisen, die uns vielleicht als Gesunde ungewöhnlich vorkommen, mit bestimmten Krankheitsbildern einhergehen." Dass dann eine gewisse Kompetenz da sei, um damit richtig umzugehen, sei wichtig.

 

Doch bei den Recherchen von SUPER.MARKT finden wir Anbieter, die diese Kompetenzen nicht schulen - obwohl zum Beispiel einer der Dienstleister ausdrücklich haushaltsnahe Dienstleistungen für "Menschen mit demenzieller Erkrankung" und Menschen "mit geistiger Behinderung" anbietet.

Erfahrungen einholen, hartnäckig nachfragen

Im riesengroßen Markt der Alltagshelfer tummeln sich also auch unseriöse Anbieter. Wie findet man nun einen Dienstleister, der zu einem passt?
 
Zum einen: Auf Empfehlungen hören, gerade von Personen, die ebenfalls diese Dienstleister beschäftigen. Auch die Mitarbeitenden der Berliner Pflegestützpunkte oder der Brandenburger Pflegestützpunkte sind gute Ansprechpartner, um ein Unternehmen zu finden. Und die Pflegekassen können ebenfalls weiterhelfen.
 
Auch wichtig sei es, Preise zu vergleichen, rät Pascal Bading, Projektleiter Pflegerechtsberatung bei der Verbraucherzentrale Berlin. So nähmen etwa die größeren kommerziellen Anbieter, die die Kosten über den Entlastungsbetrag abrechnen, in der Regel den zulässigen Höchstbetrag für Alltagshelfer von 34 Euro pro Stunde. "Tatsächlich gibt es aber mehrere Anbieter, die erheblich bessere Stundensätze von ca. 11 Euro nehmen", so der Experte gegenüber SUPER.MARKT. Dies seien sogenannte geförderte "Angebote zur Unterstützung im Alltag" (AUA) oder auch noch günstigere ehrenamtliche Nachbarschaftshelfer. Bading empfiehlt, solche Dienste zu suchen.
 
Wer einen Anbieter gefunden hat, der den eigenen Vorstellungen entspricht, macht einen Termin aus, am besten zu Hause, so dass die Mitarbeiter:innen gleich einen Eindruck bekommen, welche Aufgaben anstehen könnten. Vielleicht gibt es eine Person im Umfeld, die bei dem Termin dabei sein kann? Vier Ohren hören mehr als zwei - und zu zweit lässt es sich weniger schnell überrumpeln.
 
Wichtig ist, sich genau darüber informieren zu lassen, welche Anforderungen die Alltagshelfer:innen des Unternehmens erfüllen und wie sie geschult werden. Wer die Antwort darauf mit den jeweiligen landesrechtlichen Vorgaben hierfür vergleicht, die man etwa bei den Pflegeszützpunkten erfahren kann, kann stutzig werden, wenn beides nicht übereinstimmt!
 
Sollte eine Zusammenarbeit beschlossen werden, empfiehlt Bading, immer "eine schriftliche vertragliche Vereinbarung über die zu erbringenden Leistungen abzuschließen, worauf Anbieter oftmals verzichten möchten".
 
Und auf einen letzten Punkt macht der Pflegerechtsexperte aufmerksam: Oft kann nämlich eine Verhinderungspflege zusätzlich beantragt werden, mit der dann Kosten für weitere Alltagshelfer-Einsätze beglichen werden können - das Unternehmen Careship werbe zum Beispiel damit. Dies sei allerdings kritisch zu betrachten, so Bading, da diese Finanzierungsmöglichkeit für Pflegepersonen gedacht sei.

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Ein Beitrag von SUPER.MARKT, 25.01.2024.