Gesundheit | Beitrag | Lesedauer etwa 2 Minuten - Hygienespüler: nicht nützlich, manchmal schädlich
Anbieter behaupten, Waschmittel mit speziellen Inhaltsstoffen, die auch Keime und Bakterien abtöten, seien notwendig. Wir machen den Check.
Keime, Bakterien, schlechte Gerüche sollten auch ein nach einem Waschgang mit einem herkömmlichen Waschmittel verschwunden sein. Oder? Immer wieder werben Reinigungsmittelhersteller mit speziellen Hygienespülern für die wirklich reine Wäsche. Unlängst zum Beispiel der britische Reckitt-Konzern mit seiner Marke Sagrotan und der Kampagne um "Deutschlands stinkendste Socke". Aber braucht es diese Hygienespüler tatsächlich oder schaden sie am Ende sogar mehr als dass sie nutzen?
Chemikalien in Gewässern
Das Umweltbundesamt (UBA) vertritt hier eine ganz klare Position: "Im 'gesunden' Privathaushalt und bei normal verschmutzter Wäsche ist keine zusätzliche Wäschedesinfektion mit 'Hygienespülern' erforderlich. Bei Durchführung üblicher Haushaltswäschen kann und wird im Normalfall ein ausreichendes hygienisches Gesamtergebnis erzielt", schreibt das UBA in einer Übersicht zur Hygiene im Privatbereich. Denn die Inhaltsstoffe von Hygienespülern lassen sich nur schwer abbauen und führen daher zu mehr Chemikalien in Gewässern. Außerdem wird so die Entstehung von Resistenzen begünstigt.
Nach jeder fünften Wäsche oder mindestens alle zwei Wochen müsse man einen Waschgang mit bleichmittelhaltigem Universalwaschmittel bei 60 Grad durchführen, um eine Keimbildung in der Waschmaschine zu verhindern, sagt das UBA. Ansonsten reicht für den Waschvorgang eine Temperatur von 30 bis 40 Grad mit einem herkömmlichen Voll- oder Colorwaschmittel für normale Kleidung. Bestimmte Textilien, wie Bettwäsche, Handtücher oder Spüllappen, sollten aus Hygienegründen bei 40 oder 60 Grad gewaschen werden. Ausnahmen sind Erkrankungen wie Magen-Darm im Haushalt. Hier empfiehlt das UBA die Wäsche bei mindestens 60 Grad zu reinigen.
"Beim normalen Waschvorgang werden 99,9 % aller Keime abgetötet"
Auch laut Hans Michael Ockenfels, Dermatologe und Referent des Berufsverbands der Deutschen Dermatologen e.V., ist es unnötig, einen Hygienespüler zu verwenden - der kann nämlich sogar schaden, schreibt er SUPER.MARKT: "Generell gilt, je mehr chemische Stoffe, zu denen ja auch ganz klassisch die Hygienespüler gehören, enthalten sind, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Haut eine Kontaktallergie entwickelt."
In Hygienespülern sind Substanzen wie Tenside, Farb- und Duftstoffe sowie Bleichmittel enthalten. Ein weiterer Inhaltsstoff laut Ockenfels: Benzalkoniumchlorid. "Dieser Stoff gehört in die Gruppe der Desinfektionsmittel und ist die Substanz, die bei Klinikpersonal am häufigsten Allergien verursacht."
Aber nicht nur Benzalkoniumchlorid kann Kontaktallergien auslösen, dafür reichen laut Ockenfels schon Duftstoffe, "sogar Nelkenduft, Zitronenduft oder Ähnliches können bei empfindlichen Personen im Falle einer bestehenden Kontaktallergie nach 48 bis 72 Stunden Rötungen und Juckreiz auf der Haut auslösen".
Die Empfehlung des Dermatologen: "Bei einem normalen Waschvorgang werden bereits 99,9 % aller Keime abgetötet. Selbst in Zeiten von Corona wurde in verschiedenen medizinischen Sendungen von der zusätzlichen Verwendung von Hygienespülern abgeraten." Die Notwendigkeit zusätzlich zu dem normalen Waschen einen Hygienespüler zu verwenden? Medizinisch nicht nachvollziehbar.
Was tun, wenn's hartnäckig stinkt?
Dennoch kennen wir es alle: Das Lieblingsshirt - oder die Lieblingssocke - ist gerade frisch aus der Wäsche und getrocknet, schon müffelt es. Der normale Waschvorgang mit Vollwaschmittel hat den fiesen Geruch nicht wegbekommen. Aber was können wir dann gegen den Geruch tun, wenn wir keinen Hygienespüler nutzen wollen?
Das alte Hausmittel Essig oder Zitronensäure wirkt laut Markus Egert zwar durchaus in solchen Fällen, beides wirke antimikrobiell. "Allerdings hat Essig auch einen unangenehmen eigenen Geruch", so der Mikrobiologe und Institutsleiter an der Hochschule Furtwangen. Und: Die Säure kann zu hoch dosiert oder zu oft angewandt die Gummidichtungen der Waschmaschine angreifen. Egert empfiehlt gegenüber SUPER.MARKT stattdessen folgende Maßnahmen:
• Wäsche - und vor allem Sportwäsche - sofort waschen, nicht lange zusammengeknüllt in der Wäschetruhe oder der Tasche lassen.
• Stinkende Wäsche so heiß wie möglich, mit viel Wasser, und mit Bleiche-haltigem Pulvervollwaschmittel waschen - das wirkt stark antimikrobiell und oxidiert auch Geruchsstoffe.
• Generell: Höhere Temperaturen und Pulver sind hygienisch besser als niedrigere Temperaturen und Flüssigwaschmittel.
• Wäsche sofort nach dem Waschen aufhängen.
• Wäsche stets gut trocknen, ideal in der Sonne und im Wind. Trockner und Bügeln wirken auch moderat antimikrobiell.
Ein Beitrag von SUPER.MARKT, 09.07.2024.