Cockpit-Ansicht des Spurhalteassistenten in einem PKW (Quelle: IMAGO / localpic / Rainer Droese)
Bild: IMAGO / localpic / Rainer Droese

Mobilität | Beitrag | Lesedauer etwa 4 Minuten - Fahrassistenzsysteme: noch mehr Helfer im Auto

Seit dem 7. Juli sind weitere Fahrassistenzsysteme Pflicht bei neu zugelassenen Pkw. Welche das sind, was sie können und wo Schwachstellen sind.

Ein Piepen beim rückwärts Einparken dürfte den meisten Autofahrerinnen und Autofahrern bekannt sein. In den letzten Jahren sind immer mehr solcher Hilfssysteme in Pkw verbaut und auch teilweise zur Pflicht für Neuwagen geworden. Seit dem 7. Juli 2024 müssen weitere sogenannte Fahrassistenzsysteme - wie der Notbrems- oder Notfall-Spurhalteassistent - verpflichtend eingebaut werden. Mit ihrer Hilfe soll die Anzahl der Verkehrsunfälle reduziert und die Sicherheit im Straßenverkehr erhöht werden.
 
Wie funktionieren diese neuen Systeme? SUPER.MARKT zeigt es.

Notbremsassistent

Kommt es zu einer Gefahrensituation, bremst der Notbremsassistent automatisch ab, um eine Kollision zu verhindern. Allerdings macht das Auto vor dem selbstständigen Bremsvorgang akustische und optische Warnsignale. Erst, wenn der oder die Fahrende darauf nicht reagiert, wird der Bremsvorgang eingeleitet.
 
Wie funktioniert die Notbremsung? Das Auto muss hierfür in der Lage sein, Hindernisse und bewegte Fahrzeuge - ab 2026 auch andere Verkehrsteilnehmende, wie Fußgänger - zu erkennen. Mit Hilfe von Radar und Lidar (Entfernungsmessung mit Lichtimpulsen) sowie Kamerasystemen kann das Fahrzeug den Abstand und die Geschwindigkeit von möglichen Hindernissen erkennen.

Notfall-Spurhalteassistent

Kurz nicht aufmerksam und schon driftet das Auto zur Seite - das sollte mit dem Notfall-Spurhalteassistent nicht mehr passieren. Verlässt ein Fahrzeug die Spur, ertönt ein meist schrilles akustisches Signal. Außerdem greift das System beim Erkennen einer Notfallsituation stark in das Lenkrad ein, um beispielsweise ein Abkommen von der Straße zu verhindern. Der Assistent arbeitet mit Hilfe von Kameras, die etwa die Fahrbahnmarkierung erkennen.
 
Doch auch wer einfach nur einen Spurwechsel machen möchte, bekommt den Spurhalteassistent durch Gegenlenken des Systems zu spüren - es sei denn, es wird vor dem Wechsel auf die andere Spur geblinkt.

Müdigkeitserkennung

Unfälle durch Sekundenschlaf sollten dank dieses Assistenten bald nicht mehr (oder weniger) passieren: die sogenannte Müdigkeitserkennung, auch Aufmerksamkeitsüberwachung genannt. Das System wertet während der Fahrt die Lenkbewgungen oder die Augen- bzw. Lidbewegungen aus und analysiert so das Fahrverhalten des Fahrenden. Werden Anzeichen von Müdigkeit oder verminderter Konzentration erkannt, erinnert die Müdigkeitserkennung mit einem akustischen oder optischen Signal daran, eine Pause einzulegen.

Rückfahrassistent

Das eingangs genannte Piepen beim rückwärts Einparken warnt Autofahrerinnen und Autofahrer schon jetzt vor stehenden Hindernissen. Läuft jedoch plötzlich ein Fußgänger hinter dem Fahrzeug entlang, reagieren diese Systeme zu langsam. Anders bei dem Rückfahrassistenten: Dieser bremst automatisch, wenn ein anderer Verkehrsteilnehmer hinter dem Fahrzeug erkannt wird.

Notbremslicht

Mit dem Notbremslicht, auch adaptiven Bremslicht genannt, sollen andere Verkehrsteilnehmende besser vor abrupten Bremsvorgängen gewarnt und so Auffahrunfälle vermieden werden. Künftig müssen alle Rückleuchten bei einer Notfall- oder Vollbremsung ab 50 km/h aufleuchten beziehungsweise blinken.

Intelligenter Geschwindigkeitsassistent (ISA)

Geschwindigkeitsbegrenzung allein an Verkehrsschildern ablesen war gestern. Mit dem Geschwindigkeitsassistenten wird der Fahrerin/dem Fahrer im Cockpit in Echtzeit angezeigt, welche Geschwindigkeit auf der aktuellen Fahrstrecke erlaubt ist.

Unfalldatenspeicher (Blackbox)

Die Blackbox fürs Auto, genauer der Event Data Recorder (EDR), ist vergleichbar mit einer Blackbox bei Flugzeugen. Er zeichnet kurz vor und nach einem Unfall Daten auf - darunter die Geschwindigkeit, Motordrehzahl, Lenkwinkel oder ob der Airbag ausgelöst wurde. Die Daten werden lokal im Fahrzeug gespeichert und können im Falle eines Unfalls ausgelesen werden.

Kopfaufprallschutz

Kommt es im Straßenverkehr zu einem Unfall mit einem Fußgänger oder Radfahrer, prallen diese häufig mit dem Kopf auf der Windschutzscheibe oder der Fahrzeugfront auf. Jetzt sollen Fahrzeugteile wie Front, Motorhaube, Windschutzscheibe, A-Säule und Dach so gestaltet sein, dass ein erweiteteter Kopfaufprallschutz gewährleistet wird.

Alkoholempfindliche Wegfahrsperre

Mit Alcolock - der alkoholempfindlichen Wegfahrsperre - sollen Unfälle, die durch Alkohol am Steuer passieren, verringert werden. Pflicht ist seit Juli nur eine Schnittstelle, mit der eine solche Wegfahrsperre nachgerüstet werden kann. Das könnte später beispielsweise ein Messgerät sein, das den Atemalkohol misst und bei einem zu hohen Wert das Starten verweigert.

Noch nicht voll ausgereift

Zum Start der Fahrassistenten-Pflicht hat der ADAC verschiedene Systeme getestet. Dabei zeigten sich teilweise noch deutliche Schwachstellen. So hat beispielsweise der Notbremsassistent im Test zwar gut auf Füßgänger auf der Fahrbahn reagiert, aber nur solange die fahrende Person selbst nicht reagiert hat. Hat sie aber versucht, eigenständig zu bremsen oder auszuweichen, reagierte der Assistent zu spät. Das Fahrzeug war mit den unterschiedlichen Eingaben überfordert. Die Experten des Automobilclubs fordern daher, dass die Hersteller die Systeme auch mit uneindeutigeren Szenarien trainieren.
 
Auch der Notfall-Spurhalteassistent konnte nicht hundertprozentig überzeugen: Im Baustellenbereich orientierte sich das System stets an der herkömmlichen weißen Fahrbahnmarkierung und nicht an der gelben für die Baustelle. Der Testfahrer musste in den Spurhalteassistenten eingreifen und dagegen lenken.

Ein Beitrag von Katharina Pencz, 18.07.2024.