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Mobilität | Beitrag | Lesedauer etwa 5 Minuten - Fluggastrechte: unsere Rechte bei Streik, Verspätung oder Überbuchung

Endlich Urlaub, doch dann ist der Flug verspätet, gecancelt - oder das Personal streikt. Diese Rechte haben Fluggäste, wenn etwas schiefgeht.

Da warten wir Wochen oder gar Monate auf den wohlverdienten Urlaub in der Ferne - nur, um uns am Flughafen in der längsten Schlange der Welt wiederzufinden. Verspätungen, Flugausfälle, verlorene Koffer - damit haben Flugreisende immer wieder zu kämpfen.
 
Schiefgehen kann leider immer etwas. In den meisten Fällen greift dann die EU-Fluggastrechte-Verordnung. Die gilt immer dann, wenn sich der Start- oder Zielflughafen in einem EU-Land befindet, aber auch in vielen weiteren Ländern. Eine genaue Auflistung findet sich auf dieser Seite der EU.
 
Wir erklären, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um eine Entschädigungsleistung zu erhalten, und wie wir unsere Rechte durchsetzen können.

Achtung: Entschädigung nicht bei außergewöhnlichen Umständen

Entschädigungen erhalten Reisende bei Flugverspätungen und - ausfällen oder auch bei Überbuchungen. Die schlechte Nachricht: Das gilt nicht, wenn der Grund für die Probleme außergewöhnliche Umstände sind. Dazu zählen neben schlechtem Wetter beispielsweise auch Streiks von Lotsen oder vom Sicherheitspersonal.
 
Die unten stehenden Handreichungen gelten also immer nur, wenn keine außergewöhnlichen Umstände vorlagen.

Streik: Diese Fluggastrechte gelten

Ob es im Falle eines Streiks eine Entschädigung gibt oder nicht, hängt - wie eingangs erläutert - davon ab, wer genau in den Arbeitskampf getreten ist. Denn: Streiken nicht die Angestellten der Fluggesellschaft selbst, sondern beispielsweise die Mitarbeiter:innen eines Dienstleisters am Flughafen, kann sich die Fluggesellschaft auf "außergewöhnliche Umstände" berufen und eine Entschädigung nach der Europäischen Fluggastrechteverordnung verweigern.
 
Streiken hingegen die eigenen Mitarbeiter:innen, weil sie beispielsweise ein höheres Gehalt oder bessere Arbeitszeiten durchsetzen wollen, ist dies kein "außergewöhnlicher Umstand" - das Recht auf Entschädigung bleibt bestehen. Auch hier können die Reisenden ab einer Verspätung von drei Stunden eine Entschädigung in Höhe von bis zu 600 Euro geltend machen.
 
➡️ Das ist zu tun:
 
Wer von den Konsequenzen eines Streiks betroffen ist, sollte sich die Verspätung und den Verspätungsgrund von der Fluggesellschaft schriftlich bestätigen lassen. Wird die Fluggesellschaft nicht von sich aus tätig, sollten Reisende auf die Ersatzleistungen bestehen und bei anfallenden Kosten die Belege aufbewahren. Dafür am Reisetag alle Details dokumentieren - beispielsweise die Kommunikation mit der Fluggesellschaft und etwa die Anzeigetafeln.
 
Reisende sollten sich außerdem bei der Fluggesellschaft aktiv nach einem möglichen Ersatztransport erkundigen. Dafür sollten Passagiere der Fluggesellschaft eine Frist von drei Stunden nach der ursprünglich geplanten Abflugzeit setzen.
 
Bei annullierten Inlandsflügen kann es sich lohnen, für die Reise auf die Bahn umzusteigen. Reisende können ihr Bahnticket auch selber buchen, sollten aber darauf achten, dass der Bahnticketpreis nicht über dem ursprünglichen Preis des Fluges liegt - auf der Differenz bleibt man sonst möglicherweise sitzen. In jedem Fall gilt auch hier: Belege sollten aufbewahrt und möglichst zeitnah bei der Fluggesellschaft zur Erstattung vorgelegt werden.
 
Möchte man die Reise nicht mehr antreten, hat man die Möglichkeit, vom Vertrag zurückzutreten und sich den Ticketpreis erstatten zu lassen.

Flugausfall: Diese Fluggastrechte gelten

Bei einer kurzfristigen Absage eines Flugs - das heißt weniger als 14 Tage vor dem Abflug - können Passagiere grundsätzlich eine pauschale Ausgleichszahlung, also Entschädigung verlangen. Der Anspruch darauf kann erlöschen, wenn zeitnahe Alternativflüge angeboten werden.
 
Die Höhe der Entschädigung richtet sich laut EU-Verordnung nach der Flugstrecke:
- 250 Euro bei Flügen bis 1.500 Kilometer.
- 400 Euro bis zu 3.500 Kilometer. Wenn wir über die Annullierung weniger als 7 Tage vor dem Abflugtermin informiert wurden und die Verspätung mehr als 2 Stunden und maximal 3 Stunden beträgt: 200 Euro.
- 600 Euro ab einer Flugstrecke von über 3.500 Kilometern. Oder, wenn wir über die Annullierung weniger als 7 Tage vor dem Abflugtermine informiert wurden und die Verspätung mehr als 2 Stunden und maximal 4 Stunden beträgt: 300 Euro.
 
Außerdem muss die Fluggesellschaft sogenannte Unterstützungsleistungen anbieten - die Flugpreiserstattung, einen Ersatzflug oder eine anderweitige Beförderung. Beides darf für Passagiere keine zusätzlichen Kosten verursachen.
 
Und auch diese Betreuungsleistungen muss die Fluggesellschaft unentgeltlich anbieten: Essen und Getränke, zwei Telefonate bzw. E-Mails, und bei Weiterbeförderung am nächsten Tag oder verlängertem Aufenthalt am Reiseziel die Hotelübernachtung mit Transfer.
 
➡️ Das ist zu tun:
 
Dokumentiert werden sollten laut Verbraucherzentrale (VZ) alle Informationen, die man erhält, etwa per Screenshot oder Foto. Auch ein - handschriftliches - Protokoll kann später helfen, Ansprüche geltend zu machen. Bestenfalls bitten Sie Zeugen, etwa Mitreisende, um Hilfe - in diesem Fall unbedingt die Kontaktdaten aufnehmen. Quittungen für Hotel, Taxi, Speisen sollten aufbewahrt werden.
 
Zusätzlich muss bei einer Pauschalreise der Veranstalter informiert werden, bei dem die Reise gebucht wurde. Dies sollte ebenfalls vor Zeugen geschehen. Oder man lässt sich vom Veranstalter schriftlich bestätigen, dass man den Mangel gemeldet hat. "Dazu genügt, dass der Reiseleiter ein 'zur Kenntnis genommen' auf die schriftliche Mängelanzeige setzt", so die Verbraucherzentrale. Auch das Hotel oder die Unterkunft, eine etwaige Mietwagenfirma oder eine Reederei sollten unbedingt informiert werden, hier reicht ein einfacher Anruf oder eine E-Mail.

Verspätung: Diese Fluggastrechte gelten

Grundsätzlich haben Fluggäste bei Verspätungen von mehr als drei Stunden Anspruch auf eine Entschädigung nach der EU Fluggastrechte-Verordnung: also Ausgleichszahlungen, Betreuungsleistungen oder ggf. eine Flugpreiserstattung. Die Ansprüche hängen auch hier von der Dauer der Verspätung und der Länge der Flugstrecke ab.
 
Die "Ausgleichszahlung", auch Entschädigung, wird dann fällig, wenn die Verspätung am Endziel mindestens drei Stunden beträgt. Die Höhe ist gestaffelt und richtet sich nach der Entfernung des jeweiligen Endziels sowie danach, ob Start- und Zielflughafen in der EU liegen:
- 250 Euro bei Kurzstrecken (bis 1.500 Kilometer)
- 400 Euro bei Mittelstrecken (mehr als 1.500 Kilometer innerhalb der EU oder bei Start bzw. Ziel in einem Nicht-EU-Mitgliedsstaat zwischen 1.500 und 3500 Kilometer). Die Summe verringert sich auf 200 Euro, wenn die Verspätung höchstens drei Stunden betrug.
- 600 Euro bei Langstrecken (mehr als 3.500 Kilometer). Die Summe verringert sich auf 300 Euro, wenn die Verspätung höchstens vier Stunden betrug.
 
"Verspätet sich der Abflug um fünf Stunden oder mehr, können Sie vom Vertrag zurücktreten und von der Fluggesellschaft die vollständige Erstattung des Flugpreises (einschließlich Steuern und Gebühren) verlangen", erläutert die Verbraucherzentrale. Möglich ist laut VZ auch, einen anderen Flug zu buchen, und im Nachgang zu versuchen, eventuelle Mehrkosten als Schadenersatz zurückzufordern. Die Wartezeiten, die man bis zum Rücktritt "angesammelt" hat, könne man dann ebenfalls geltend machen. Von der Fluggesellschaft gezahlte Ausgleichsleistungen müsse man sich allerdings auf eventuelle Schadenersatzansprüche anrechnen lassen.
 
Ansprüche auf Betreuungsleistungen - also kostenlose Snacks und Getränke, zwei kostenlose Telefonate oder E-Mails und Hotelübernachtung samt Transfer - bestehen ab einer zweistündigen Verspätung bei Kurzstrecken. Bei einer Mittelstrecke ab einer Verspätung von drei Stunden und bei einer Langstrecke ab einer Verspätung von vier Stunden.
 
"Weigert sich die Fluggesellschaft, Ihnen die genannten Betreuungsleistungen unentgeltlich anzubieten, können Sie sich selbst verpflegen und, falls erforderlich, eine Hotelunterkunft und die Fahrt dorthin organisieren. Die Kosten dafür können Sie von der Airline verlangen. Lassen Sie sich daher Belege für solche Ausgaben geben und bewahren Sie sie gut auf", rät die Verbraucherzentrale.
 
Wichtig: Wenn man den verspäteten Flug nicht antritt, bestehen die Ansprüche nur, wenn man je nach Flugdistanz mindestens zwei Stunden oder länger gewartet hat.
 
Ist der verspätete Flug Teil einer Pauschalreise, gibt es keinen Beförderungsvertrag zwischen den Reisenden und einer Fluggesellschaft, von dem ein Fluggast zurücktreten könnte. Eine Kündigung des Reisevertrags mit dem Veranstalter ist laut VZ nur möglich, wenn die Reise durch einen Reisemangel erheblich beeinträchtigt wird. Flugstörungen wie Verspätungen stellten aber in der Regel nur einfache Reisemängel dar, die lediglich zur Preisminderung berechtigten. "Ein Recht zur Kündigung kommt hier daher allenfalls bei Pauschalreisen mit wenigen Übernachtungen in Betracht, die durch die Verspätung nicht mehr alle möglich sind", erläutert die Verbraucherzentrale.
 
➡️ Das ist zu tun:
 
Alle Informationen, die man erhält, sollten dokumentiert werden. Fotos und Screenshots sind zulässig. Werden die Informationen mündlich mitgeteilt, unbedingt einen Zeugen dazuholen - und die Kontaktdaten dieser Person aufschreiben. Auch ein - handschriftliches - Protokoll hilft, später Ansprüche geltend zu machen. Zusätzlich sollten alle Quittungen für Hotel, Taxi und Ähnliches gesammelt werden.
 
Für Pauschalreisende gilt laut Verbraucherzentrale, dass der Veranstalter unverzüglich auf die Verspätung hingewiesen werden sollte - entweder in Anwesenheit von Zeugen oder mit einer schriftlichen Bestätigung seitens des Veranstalters. "Dazu genügt, dass der Reiseleiter ein 'zur Kenntnis genommen' auf die schriftliche Mängelanzeige setzt", so die VZ.
 
Neben dem Veranstalter bei einer Pauschalreise sollten immer das Hotel oder die Unterkunft, die Mietwagenfirma oder die Reederei über die Verspätung in Kenntnis gesetzt werden.

Überbuchung: Diese Fluggastrechte gelten

Oft sind Flieger überbucht und ein Teil der Passagiere muss zu Hause bleiben. Oder besser gesagt: Wird auf andere Flüge umgebucht.
 
Im Fall einer solchen "unverschuldeten Nichtbeförderung" steht den Reisenden eine Entschädigung zu. Diese Entschädigung ist, wie auch in den oben genannten Fällen, ein pauschaler Schadensersatzanspruch, der abhängig von der Flugstrecke und der Verspätung 125 Euro bzw. 250, 200 bzw. 400 oder 300 bzw 600 EUR beträgt. "Dieser Anspruch steht Passagieren bei einer unverschuldeten Nichtbeförderung, wie sie im Falle der Überbuchung vorliegt, definitiv zu", sagt Fluggastrechtsexpertin Claudia Brosche des Legal Techs Flightright gegenüber SUPER.MARKT.
 
Auch Betreuungsleistungen seitens der Airline - also Verpflegung, Telefonate oder E-Mails und Hotelübernachtungen samt Transfer - seien keine Kulanz, sondern gesetzlich vorgegeben, komme es zu einer Nichtbeförderung seitens des Fluganbieters.
 
Grundsätzlich gilt, dass der Fluggast entscheiden kann, ob er entweder das Geld für sein Ticket zurückverlangen will, ohne weiter befördert zu werden oder ihn die Fluggesellschaft frühestmöglich mit einem anderen Flug an sein Ziel bringen soll. Dabei ist es rechtlich so, dass die Airline nicht nur eigene spätere Flugverbindungen berücksichtigen darf. "Um zu gewährleisten, dass die Passagiere frühestmöglich an ihr Ziel gelangen, muss sie auch bei anderen Fluggesellschaften direkte und indirekte Verbindungen prüfen", so Brosche. Dies müsse die Fluggesellschaft kostenlos tun.
 
➡️ Das ist zu tun:
 
Passagiere, die beim Boarding wegen einer Überbuchung abgewiesen werden, sollten sich von der Fluggesellschaft noch am Flughafen schriftlich bestätigen zu lassen, dass eine Nichtbeförderung wegen der Überbuchung vorliegt.
 
Sollten Reisende sich selbst um Essen und Getränke beim Warten auf den nächsten Flug kümmern müssen, sei es laut Brosche wichtig, dass die Belege für eine selbst bezahlte Verpflegung aufgehoben und die Kosten im Nachgang bei der Fluggesellschaft geltend gemacht werden.
 
"Wenn ein Passagier die Hotelunterkunft selbst organisieren und zahlen muss, sollte man ebenfalls die Belege aufheben und bei der Fluggesellschaft im Anschluss einreichen", rät Claudia Brosche.

Wann habe ich Anspruch auf Verpflegung?

Verspätet sich der Flug um zwei Stunden, haben wir Gestrandete ein Anrecht auf sogenannte Betreuungsleistungen, also Getränke, Essen und - wenn erwünscht - Telefonate. Findet der Flug erst am nächsten Tag statt, besteht zudem Recht auf ein Hotelzimmer. Sollte die Fluglinie das nicht anbieten, müssen unbedingt sämtliche Belege aufbewahrt werden, um sie später einzureichen.

Welche Rechte gelten, wenn der Koffer abhanden kommt?

Geht das Gepäck komplett verloren oder wird es beschädigt, können bis zu 1.500 Euro Entschädigung verlangt werden. Betroffene sollten sich den Verlust sofort bestätigen lassen, eine Packliste machen - wenn möglich mit Kaufbelegen - sowie Ausgaben (etwa für Noteinkäufe) dokumentieren. Schäden am Gepäck sollten Passagiere so schnell wie möglich melden. Vorgeschrieben ist eine Frist von sieben Tagen.

Was tun, wenn die Airline mauert oder es andere Probleme gibt?

Die kostenlose App "Flugärger" der Verbraucherzentralen hilft bei der Berechnung der Ansprüche. Die App erzeugt außerdem eine E-Mail mit den Forderungen an die betreffende Airline. Zudem gibt es eine ausführliche Seite mit FAQs und eine Schnellübersicht zu allen Fluggastrechten.
 
Auch Stiftung Warentest bietet eine Anleitung, wie man an eine Entschädigung kommt. Und schnelle Hilfe bietet ebenfalls der ADAC-Entschädigungsrechner.
 
Wenn die Airline Ansprüche ablehnt, können sich Passagiere an die Schlichtungsstelle SÖP oder die Schlichtungsstelle beim Bundesamt für Justiz wenden - die Zuständigkeit richtet sich nach der Airline. Wer nicht selbst mit der Fluggesellschaft streiten will, kann einen Rechtsdienstleister wie etwa EU Flight, Fairplane oder Compensation 2 go beauftragen. Diese Unternehmen kaufen bei Erfolgsaussicht die Forderung ab und zahlen sofort eine Entschädigung.

Ein Beitrag von SUPER.MARKT mit Material von AFP und DPA, 27.02.2025.