Eine kaputte Hose (Quelle: IMAGO/Funke Foto Services/Rainer Raffalski)
Bild: IMAGO/Funke Foto Services/Rainer Raffalski

Recht | Beitrag | Lesedauer etwa 3 Minuten - Reklamation: Das sind unsere Rechte

Das Teil ist mangelhaft! Also reklamieren. Aber wie geht das richtig und welche Rechte gelten eigentlich für Verbraucher:innen wie für Händler?

Die neue Hose, schon gerissen! Aber auf die haben wir doch Garantie. Kann man reklamieren. Da gilt doch das Gewährleistungsrecht. Und ein Umtausch ist ja sowieso immer möglich.
 
Halt! Hier geht einiges durcheinander - und wir klären das jetzt. Welche Rechte haben wir als Kundin oder Kunde bei Umtausch, Gewährleistung oder Garantie? Eines Vorweg: Es kommt auf die Details an - und nicht selten auch auf die Kulanz des Händlers.

Unterschiede zwischen Widerruf, Gewährleistung und Garantie

Zum Einstieg eine kurze Erklärung der wichtigsten Begriffe:
 
Das Widerrufsrecht wird durch das Fernabsatzgesetz festgelegt. Dieses besagt, dass ein Kauf im nicht-stationären Handel, also z.B. online oder am Telefon, innerhalb von 14 Tagen widerrufen werden kann. Aber: Es gibt Ausnahmen, z.B. bei Blumen, Zeitschriften oder auch bestimmter Software.
 
Auch die Gewährleistung ist gesetzlich geregelt und der Verkäufer dazu verpflichtet. Ist ein Produkt mangelhaft, so hat der Käufer Anspruch auf Reparatur oder Austausch. Die Gewährleistung gilt für zwei Jahre - allerdings muss der Kunde nach dem Ablauf von einem Jahr beweisen, dass der Schaden schon von Anfang an bestand. Machen wir von unserem Gewährleistungsrecht Gebrauch, ist dies eine Reklamation.
 
Die Garantie ist im Gegensatz zu den gerade erläuterten Begriffen eine freiwillige Leistung des Herstellers, dieser ist nicht dazu verpflichtet, sie anzubieten. Innerhalb der Garantie muss der Kunde nicht beweisen, dass der Schaden schon beim Kauf bestand. Bietet der Hersteller eine Garantie an, muss er innerhalb dieser Mängel beseitigen, egal ob das Produkt von Anfang an defekt war oder erst später kaputt gegangen ist. Weiterhin entkräftet die Garantie die gesetzliche Gewährleistung nicht.

Garantiert mit Gewährleistungsrechten!

Hier der wichtigste Merksatz der Verbraucherzentrale in Kürze: "Wenn Sie etwas gekauft haben, muss Ihnen der Verkäufer die Ware wie vereinbart, also frei von Mängeln, übergeben. Dieser Anspruch ist gesetzlich geregelt. Hat die gekaufte Ware einen Mangel, dann haben Sie Gewährleistungsrechte. Verwechseln Sie Gewährleistung nicht mit Garantie."
 
Fallbeispiele gefällig? Wir zeigen die häufigsten Fälle mit Rechtelage für Verbraucher:innen!

Fall #1: Ich habe im Laden gekauft - habe ich ein Recht auf Umtausch?

Im stationären Handel gibt es kein Umtausch- oder Widerrufsrecht, es gilt "gekauft ist gekauft". Händler können dieses Recht aber freiwillig vor dem Kauf oder im Nachhinein aus Kulanz anbieten, einen Anspruch darauf hat der Kunde nicht.
 
Besteht schon beim Kauf die Gefahr, dass etwa wegen falscher Größe, Farbe oder Nichtgefallen ein Umtausch wahrscheinlich ist - wie es zum Beispiel bei Geschenken öfter der Fall ist - ist es ratsam, direkt beim Kauf ein Umtauschrecht zu vereinbaren. So kann beispielsweise auf dem Bon notiert werden, dass eine Rückgabe innerhalb einer Frist möglich ist. Idealerweise gibt es auch die Möglichkeit, das Geld zurückzubekommen oder wenigstens einen Gutschein.
 
Der Bon sollte in jedem Falle aufgehoben werden, um eine halbwegs realistische Chance auf einen Umtausch zu haben.

Fall #2: Kann ich meine Online-Bestellung zurückgeben?

Wurde online gekauft, gibt es eine gesetzliche Regelung: 14 Tage Widerrufsrecht. Das gilt im Übrigen auch für Käufe, die telefonisch oder auch an der Haustür gemacht wurden. Viele Online-Händler nennen die Rückgabefristen direkt auf der Startseite des Shops. Ein Blick in die AGB verrät außerdem, ob die Rücksendekosten vom Käufer oder vom Händler getragen werden.
 
Die AGB nennen auch mögliche Ausnahmen vom Rückgaberecht. Handelt es sich um eine Maßanfertigung (z.B. Gravur oder Stickerei) gibt es in den meisten Fällen nicht nur kein Umtauschrecht, es erlischt auch das Widerrufsrecht. Hygiene- und Kosmetikprodukte müssen in der Regel originalverpackt zurückgeschickt werden. Auch bei frischen, verderblichen Produkten gibt es dieses Recht nicht – wer also seine Weihnachtsgans im Internet bestellt und beim Auspacken nicht ansprechend findet, kann diese nicht zurückschicken.

Fall #3: Meine Ware ist defekt – an wen wende ich mich?

Bei defekten oder fehlerhaften Produkten ist immer der Verkäufer der erste Ansprechpartner. Dieser kann nicht einfach an den Hersteller verweisen und so die Verantwortung abgeben. Das gilt übrigens für die ersten zwei Jahre nach dem Kauf. Alle nicht bekannten Fehler und Mängel fallen unter die Gewährleistung. Die gilt auch, wenn es sich um ein Sonderangebot oder einen Sale-Artikel handelt, außer der Mangel ist ausdrücklich beschrieben und dem Käufer bekannt (z.B. bei zweiter Wahl oder B-Ware-Artikeln). Innerhalb des ersten Jahres nach dem Kauf muss zudem der Verkäufer beweisen, dass der Schaden beim Kauf noch nicht vorhanden war. Danach liegt die Beweislast beim Käufer.

Fall #4: Meine Ware ist defekt – an wen wende ich mich?

In diesem Fall wendet man sich an den Händler. Der hat erstmal die Möglichkeit, einen mangelfreien Ersatz zu liefern oder eine Reparatur zu veranlassen. Das darf sich aber nicht unendlich hinauszögern: Schlägt eine Reparatur zweimal fehl, kommt eine Ersatzlieferung nicht zustande oder verzögert sich diese unzumutbar lange, können Käufer:innen vom Kaufvertrag zurücktreten und das Geld zurückverlangen.
 
Bei Rücksendung darf der Händler übrigens nicht verlangen, dass die Originalverpackung noch vorhanden ist. Die oft sperrigen, platzraubenden Kartons können also getrost recycelt werden, sobald die Rückgabefrist abgelaufen ist.
 
Handelt es sich um einen kleinen Schaden, wie etwa eine kleine Delle oder ein übersehbarer Kratzer, der die Funktion nicht beeinträchtigt, ist eine Kaufpreisminderung oft für beide Seiten eine denkbare Lösung, insbesondere bei Großgeräten. Für beide Parteien entfallen der aufwändige Abtransport und die Neulieferung, und als Kunde ist die Kaufpreisminderung oft Entschädigung genug. Aber auch hier gilt: Es besteht kein Anspruch.

Fall #5: Meine Ich habe ein Schnäppchen entdeckt - habe ich Anspruch auf den Preis?

Leider nein. Der ausgeschriebene Preis ist nicht verbindlich. Das gilt im übrigen auch für Preise im Schaufenster, an Preistafeln und sogar auf den Preisschildern. Es gilt einzig der Preis, der an der Kasse aufgerufen wird. Das wird oft bei sogenannten "Preisfehlern" im Internet zum Streitpunkt. Hier hat das Gesetz aber einen Schutz für Händler eingebaut - fällt diesem der Irrtum auf, so kann er innerhalb einer kurzen Frist – in der Regel maximal 10 bis 14 Tage – den Kauf stornieren.
 
Kein Stornierungsgrund hingegen sind Lieferengpässe. Einzig wenn es dem Händler unmöglich ist, die Ware zu beschaffen, ist eine Stornierung legitim. Dauert es nur länger oder müsste der Verkäufer den Artikel woanders, ggf. teurer beschaffen, ist das für ihn zumutbar.

Rechte checken mit dem Umtausch-Tool der Verbraucherzentralen

Für alle, die zwar bis hierhin gelesen haben, das Ganze aber dennoch gerne etwas handlicher hätte, bietet der Umtausch-Check der Verbraucherzentralen Abhilfe. Das Tool bietet eine erste Einschätzung, ob wir ein Recht auf Reparatur, Ersatzartikel oder Erstattung haben.
 
Der Umtausch-Check ist dabei aufgebaut wie ein Fragebogen. Über verschiedene Optionen und Daten wie beispielsweise, wann und wo das Produkt gekauft wurde, welcher Mangel besteht und ob schon Kontakt zum Händler aufgenommen wurde, gibt das Tool sowohl Zwischenfazits als auch Ratschläge, wie mit der Situation umgegangen werden kann. Besteht zum Beispiel Anspruch auf Gewährleistung, so bietet die Seite auch einen Musterbrief, der an den Händler geschickt werden kann.

Umtausch innerhalb der EU: Wer nimmt wann was zurück?

Eine ähnliche Hilfe bietet das vom Europäischen Verbraucherzentrum (EVZ) entwickelte Online-Tool "Mit Erfolg reklamieren". Hier kann man sich informieren, wie die Rechtelage auf Reisen innerhalb der EU aussieht: Können wir auf eine Reparatur bestehen? Geld zurückfordern? Und welche Fristen müssen eingehalten werden? Denn selbst wenn wir noch im Urlaubsland sind, fehlt oft der Durchblick, welche Rechte wir als Verbraucher dort haben.

Ein Beitrag von SUPER.MARKT, 16.10.2024.