Wohnen | Dossier | Lesedauer etwa 4 Minuten - Balkonkraftwerke: Nach fest kommt ab
Die Herbstsonne liefert dem Steckersolargerät noch ausreichend Energie, aber die Herbststürme reißen ordentlich an dem ein oder anderen Balkonkraftwerk. Wie absichern, damit es keinen Schaden gibt?
Im ersten Halbjahr 2024 haben sich laut Bundesnetzagentur bereits 220.000 deutsche Haushalte ein Steckersolargerät zugelegt, entweder als Balkonkraftwerk - oder für ein Dach, etwa das der Garage. Jetzt kommt der Herbst und mit ihm die Sturmsaison, da stellt sich die Frage: Sind die Teile auch wirklich sicher montiert?
SUPER.MARKT zeigt die Knackpunkte, die Profitipps und wie man sich - für alle Fälle - richtig absichert mit der passenden Versicherung.
Steckersolargeräte für Balkon und Dach: die Knackpunke in puncto Sicherheit
Hagel, Schneemassen, starke Windböen - zum einen sind all dies Umstände, die die Solarpaneele selbst schädigen können. Nach einem heftigen Unwetter hat man dann eben kein Balkonkraftwerk mehr, sondern zersplittertes Stückwerk. Im Frühjahr 2024 hat Stiftung Warentest Balkonkraftwerke getestet. Vier der acht getesteten Module wurden mit "mangelhaft" bewertet. Das Hauptproblem: die Haltbarkeit. Bei Schnee- und Sturmsimulationen zerbrach das Glas dreier Paneele.
Zu den möglichen Schäden zählen Mikrorisse oder auch Zellbrüche, die die Lebensdauer der Module einschränken, sowie sichtbare Glasschäden und Rahmenschäden, die zu Isolationsfehlern führen können.
Das andere Problem: die richtige, sturmfeste Montage des Balkonkraftwerks. Denn wird ein Balkonkraftwerk nicht richtig montiert - oder mit den falschen bzw. unzureichenden Materialien - droht das Teil bei starken Böen schlimmstenfalls abzureißen. Die Halterungen für Steckersolargeräte werden in der Regel mitgeliefert, hier muss das richtige Material für gewünschte Montageart und Montageort vorliegen.
Und da für die Installation - sie beschränkt sich im Grunde darauf, die Module mechanisch zu befestigen, das Kabel zu verlegen und die Bauteile zusammenzustecken - keine Elektrofachkraft notwendig ist und man es selbst installieren kann, bedarf es hier dann absoluter Sorgfalt.
Steckersolargeräte für Balkon und Dach: die Tipps der Profis
Alles fängt mit der richtigen Auswahl der Module an: Die zugelassenen Balkonkaftwerke sind in der Regel TÜV-geprüft, dabei wird auch auf Hagelschlag geprüft. Module mit der höchsten Hagelwiderstandsklasse 5 bieten besseren Schutz gegen Extrem-Hagel. Sie können Hagelkörnern von bis zu 50 mm Durchmesser standhalten.
Auch die Norm IEC 61215 ist wichtig. Sie ist der internationale Standard, der von der Internationalen Elektrotechnischen Kommission (IEC) vergeben wird. Erfüllt das Balkonkraftwerk die Norm, wurden die Leistungsfähigkeit und Haltbarkeit der Solar-Module unter verschiedenen Wetterbedingungen und Belastungen überprüft. Die Tests umfassen unter anderem thermische und mechanische Belastungen, Feuchte-Frost-Zyklen, UV-Belastung und Hagelschlag.
Die Verbraucherzentralen empfehlen beim Kauf darauf zu achten, dass Herstellerfirmen für das Steckersolar-Gerät den DGS-Sicherheitsstandard (DGS 0001:2023-01) einhalten. "Voraussichtlich Ende 2024 wird eine Produktnorm für Steckersolar-Geräte vorliegen. Bis dahin bietet der Sicherheitsstandard eine gute Orientierung für technisch sichere Geräte", so die Verbraucherzentrale.
Sorgfalt, Sorgfalt, Sorgfalt: Die stabile Installation der Steckersolargeräte ist ein Muss. Da wir Verbraucher:innen diese in den meisten Fällen selbst vornehmen, ist es wichtig, sie zu dokumentieren, um potenzielle Regressforderungen abzuwenden.
Eine Windlastberechnung sollte vorab erstellt werden, Anleitungen dafür finden sich im Internet - auch die Montageanleitung sollte das Vorgehen erklären. Gerade Balkonkraftwerke mit Aufständerung oder aufgestellte Steckersolargeräte auf Flachdächern sind anfällig für Sturmschäden, da sie eine große Angriffsfläche für Wind bieten. Es kann sein, dass hier eine Ballastierung vonnöten ist. Dabei werden die Ständersysteme zum Beispiel mit Betonplatten oder Sandsäcken beschwert, um für einen festen Stand zu sorgen und sie vor Sturm zu schützen. Die Ballastierung selbst wiegt natürlich einiges, deshalb muss vorab geklärt werden, ob das Dach die Belastung aushält.
Bei diesen schräg installierten Modulen müssen laut Umweltbundesamt zusätzlich potentielle Schneelasten berücksichtigt werden. "Sowohl das Balkongeländer als auch die Unterkonstruktion und das Montagematerial müssen diesen Kräften sicher standhalten können Wenn Sie sich unsicher sind, lassen Sie die Montage am besten von Fachkräften durchführen", so der Rat der Fachleute.
Ob bei der Installation Verschraubungen an der Hauswand vorgenommen werden dürfen, ist unbedingt mit der Vermieterin oder dem Vermieter abzuklären. In vielen Fällen wird es nicht möglich sein. Dann müssen Alternativen her. Viele Hersteller von Steckersolargeräten bieten diese an, hier darauf achten, dass alles rostfreie, wetterfeste Materialien sind.
Teilweise werden kleine, leichte Balkonkraftwerke mit Gurten befestigt - zum Beispiel für Brüstungen, die eine höhere Last nicht tragen könnten. In dem Fall sollte man besser mehrere nutzen, damit die Paneele auch bei Sturm problemlos halten. Alle Verbindungen, vor allem die zwischen den Photovoltaik-Modulen und dem Dach bzw. de Brüstung, müssen stabil und sicher sein.
Ist ein schwerer Sturm vorhergesagt oder droht Hagelschlag, kann das Steckersolargerät in einen Schuppen verfrachtet oder mit einer festen Plane geschützt werden.
Liegt dicker Schnee auf den Modulen sollte dieser vorsichtig weggefegt oder mit einem weichen, trockenen Tuch weggewischt werden. Hier sollte man nicht mit heißem Wasser arbeiten, das könnte zu Rissen führen.
Nicht vergessen werden sollte eine jährliche Inspektion der Steckersolargeräte, um eventuelle Schäden frühzeitig zu erkennen. Eine einfache Überprüfung auf Verschmutzungen, Beschädigungen, Rost und Stabilität der Konstruktion können Verbraucher:innen selbst durchführen. Dabei auch die einzelnen Schrauben und Gurte checken. Fällt etwas schadhaftes auf, sind Fachkräfte dazuzuholen. Bei kleinen Schäden kann eventuell auf die Gewährleistung bzw. die Garantie des Herstellers zurückgegriffen werden.
Steckersolargeräte für Balkon und Dach: die richtige Versicherung
Der Gesamtverband der Versicherer hat Ende 2023 die Musterbedingungen für die Hausratversicherungen erweitert - Steckersolargeräte sind nun mitversichert. Bei Neuversicherungen sowieso, bei Altversicherungen sollte man einmal den Versicherer anrufen und abklären, ob auch der bestehende Vertrag um das Balkonkraftwerk erweitert wurde. Und dann unbedingt eine Bestätigung zusenden lassen! Eine spezielle Photovoltaikversicherung benötigt man für die Absicherung der Geräte nicht.
Mit der Hausratversicherung sei das Balkonkraftwerk ebenso wie der übrige Hausrat "unter anderem gegen Sturm, Hagel, Feuer und Überspannungsschäden durch Blitzschläge versichert", erläutert Anja Käfer-Rohrbach, stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Anders als bei großen Photovoltaikanlagen, die meist auf dem Dach installiert werden, gebe es für die kleineren Balkonkraftwerke keine eigenständigen Policen.
Besitzer:innen eines - relativ kleinen - Balkonkraftwerkes können haften, wenn Dritte einen Schaden durch Ihre Anlage erleiden, etwa, wenn eine Sturmböe das Solar-Modul erfasst und dieses auf dem parkenden Auto des Nachbarn landet. Deshalb sollte unbedingt mit dem Haftpflichtversicherer gesprochen und geklärt werden, ob das Balkonkraftwerk mit der schon bestehenden Haftpflichtversicherung abgedeckt ist. Ist das Steckersolargerät nicht mit abgedeckt, sollte eine Erweiterung vorgenommen werden.
Die Haftpflicht deckt nach Angaben des Gesamtverbands der Versicherer (GDV) auch solche Fälle ab, in denen das Steckersolargerät nicht ordnungsgemäß befestigt wurde, sei es durch einen Monteur oder die Besitzerin bzw. den Besitzer. Nicht versichert sind hingegen vorsätzliche Schädigungen, die wissentlich unsachgemäße Installation oder der Betrieb trotz offensichtlichem Defekt.
Um rechtlich auf der sicheren Seite zu sein, ist es allerdings unablässig, dass Mieter:innen vor Installation des Balkonkraftwerks ihren Mietvertrag auf entsprechende Regelungen prüfen. "Idealerweise gehen Sie auf ihren Vermieter zu und holen sich die Erlaubnis für das Balkonkraftwerk ein. Wird die Solaranlage etwa an der Fassade oder außen am Balkongeländer angebracht, ist die Zustimmung des Vermieters häufig notwendig", so der GDV. Liegt sie nicht vor, könnte es beim Versicherungsfall zu Problemen kommen.
Quellen:
"FAQ zu Steckersolar-Geräten: Das sind die häufigsten Fragen", Verbraucherzentrale.de
"Photovoltaik: Garantie- und Versicherungsbedingungen genau lesen", Verbraucherzentrale NRW
"Neue Musterbedingungen: Balkonkraftwerke künftig über die Hausratpolice versichert", Gesamtverband der Versicherer
Ein Beitrag von SUPER.MARKT, 10.10.2024.