Ärztin und Patientin sprechen, zu sehen ist auch die Patientenakte (Quelle: IMAGO / Shotshop)
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Recht | Beitrag | Lesedauer etwa 3 Minuten - EuGH-Urteil: Recht auf kostenlose Kopie der Patientenakte

Ärztinnen und Ärzte dürfen keine Gebühren für eine Kopie der Patientenakte verlangen, urteilte nun der Europäische Gerichtshof. Welche Folgen das hat.

Was wohl in so einer Patientenakte bei Haus- oder Fachärzten steht? Würde man ja gern mal wissen. Egal ob Sie nur die Neugier treibt oder Sie die Vermutung eines Behandlungsfehlers haben - Sie haben das Recht, eine erste Kopie kostenlos zu erhalten, urteilte jetzt der Europäische Gerichtshof (EuGH).

Datenschutzrecht schlägt bisherige Rechtslage

Nachdem ein Patient prüfen wollte, ob seiner Zahnärztin ein Behandlungsfehler unterlaufen war, verlangte er eine Kopie seiner Patientenakte. Nach deutschem Recht durfte die Zahnärztin hierfür Ersatz der durch das Kopieren entstehenden Kosten verlangen. Der Patient war allerdings der Ansicht, dass ihm die Aktenkopie unentgeltlich zusteht. Denn einen Anspruch auf eine kostenlose Kopie der Akte gebe es nach dem Datenschutzrecht.
 
Er klagte, woraufhin der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe den Streit dem EuGH vorlegte. Der stellte nun klar, dass in der europaweit geltenden Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) "das Recht des Patienten verankert ist, eine erste Kopie seiner Patientenakte zu erhalten, und zwar grundsätzlich ohne dass ihm hierdurch Kosten entstehen". Erst für eine zweite Kopie könnten Ärzte und Krankenhäuser ein Entgelt verlangen. (Az. C-307/22)

Keine Begründung notwendig

Laut DSGVO müsse der "Verantwortliche" für erhobene Daten eine erste Kopie unentgeltlich zur Verfügung stellen, begründeten die Luxemburger Richter ihre Entscheidung. Datenschutzrechtlich "Verantwortliche" sei hier die Zahnärztin. Dabei sei der Patient "nicht verpflichtet, seinen Antrag zu begründen".
 
Kostenlos zur Verfügung gestellt werden müssen demnach auch in der Akte enthaltene Dokumente, soweit sie zum Verständnis erforderlich sind. Insgesamt erfasst seien alle Daten aus der Patientenakte, die Informationen wie Diagnosen, Untersuchungsergebnisse, Befunde der behandelnden Ärzte oder Angaben zu Behandlungen oder Eingriffen enthielten.
 
Anderweitige deutsche Regelungen verstoßen laut EuGH gegen die DSGVO. "Selbst mit Blick auf den Schutz der wirtschaftlichen Interessen der Behandelnden dürfen die nationalen Regelungen dem Patienten nicht die Kosten einer ersten Kopie seiner Patientenakte auferlegen."

Urteil hat weitreichende Folgen

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz sprach von einer Entscheidung mit "weitreichenden Folgen" für das deutsche Gesundheitswesen. "Ab jetzt dürfen Krankenhäuser und niedergelassene Ärzte den Patienten keine Gebühren für die erste Kopie der Patientenakte in Rechnung stellen", erklärte Stiftungsvorstand Eugen Brysch in Dortmund.
 
Darüber hinaus habe das EuGH-Urteil auch juristische und politische Konsequenzen, fügte er an. So müsse der Paragraf des Bürgerlichen Gesetzbuchs, der die Einsicht in die Patientenakte regele, geändert werden. Auch die Einführung der elektronischen Patientenakte sei berührt.

Ein Beitrag von SUPER.MARKT mit Material von AFP und DPA, 27.10.2023