Eine Männerhand hält einen Bio-Diesel-Zapfhahn (Quelle: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | MARTIN MEISSNER)
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Mobilität | Beitrag | Lesedauer etwa 4 Minuten - Diesel: jetzt auch zu 100 Prozent aus altem Frittenfett

Bio-Sprit aus gebrauchten Speiseölen und anderen Abfällen soll nun auch in Deutschland an die Tankstellen kommen. Was geplant ist.

Die Bundesregierung hat den Weg für erdölfreien Biodiesel im Autotank nach langer Hängepartie freigemacht, am 22. März zog der Bundesrat nach. Dieselfahrzeuge können nun ab Mitte April klimafreundlichen Sprit aus Abfallstoffen tanken.

Was ist das für ein Kraftstoff?

Im Moment erlaubt der Gesetzgeber in Deutschland im Diesel nur Biokraftstoff-Beimischungen von 7 Prozent. Laut Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB) ist dieser B7 die gängige Dieselsorte an deutschen Tankstellen. Künftig sollen die auch 100-prozentigen Biodiesel aus zertifizierten nachhaltigen Rest- und Abfallstoffen verkaufen dürfen, sogenannten HVO100. Meist handelt es sich um alte Fette aus Großküchen, aber auch Holzreste, Zelluloseabfälle oder Fischreste. Das Kürzel HVO bedeutet Hydrotreated Vegetable Oils: Mit Wasserstoff behandelte Pflanzenöle.

Was bringt HVO dem Klima?

In Deutschland sind laut Kraftfahrt-Bundesamt heute mehr als 14 Millionen Autos, Lastwagen und andere Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren unterwegs. Laut Bundesverkehrsministerium beträgt die Einsparung von CO2-Emissionen bis zu 95 Prozent im Vergleich zu herkömmlichem Diesel.

Ab wann gibt es HVO100 an Tankstellen in Deutschland?

Der neue Kraftstoff werde nicht an jeder Tankstelle verfügbar sein, "sondern nach und nach erst flächendeckend angeboten werden", teilte der ADAC mit.
 
Der Bundesverband Energie-Mittelstand (Uniti) teilte mit, der Tankstellenmittelstand "steht in den Startlöchern": HVO100 könnte am 13. April in den öffentlichen Verkauf gehen. Biogener HVO-Diesel und grünstrombasierter synthetischer E-Diesel werde an den Tankstellen mit dem Hinweis "XtL" gekennzeichnet. "Wir gehen nicht davon aus, dass mit der Einführung von HVO100 andere Angebote entfallen."
 
Dagegen hieß es vom Bundesverband freier Tankstellen (BfT): "HVO wird bei Markteinführung an einigen wenigen Tankstellen zu tanken sein - aus Platzgründen und da auch eine technische Umstellung erfolgen muss." Der BfT würde es begrüßen, wenn Benzin E5 nicht mehr von den Tankstellen vorgehalten werden müsse: "Damit wäre der Platz frei für HVO."

Ist der Biodiesel teurer als Diesel aus Erdöl?

Ja, weil die Produktionskosten höher sind. Nach den Erfahrungen in anderen europäischen Ländern, in denen HVO schon längst getankt werden kann, ist er 15 bis 20 Cent pro Liter teurer als fossiler Diesel, wie der BfT mitteilte. Uniti, bei dem 40 Prozent der Straßentankstellen organisiert sind, erwartet, "dass in der ersten Anlaufphase HVO100 für Flottenbetreiber besonders interessant sein wird": Sie können so CO2-Vorgaben auch mit bestehenden Fahrzeugen leichter erreichen.

Schadet HVO100 dem Motor?

"Es bedarf keiner technischen Anpassungen oder Umrüstungen der Fahrzeuge oder des flächendeckenden Tankstellennetzes", heißt es in einer Erklärung von ADAC, Uniti, Kfz-Gewerbe, Logistikverbänden und einigen Lkw-Herstellern. Der ADAC weist allerdings darauf hin, dass die Freigabe von Kraftstoff für einen Motor grundsätzlich beim Fahrzeughersteller liege. "Aktuell liegen solche Freigaben nur für wenige Modelle der Marken Audi, BMW, Citroën/Peugeot/Opel, Nissan, Renault/Dacia, Seat/Cupra, Skoda, Toyota, Volvo und VW vor." Man brauche "dringend weitere umfassende Herstellerfreigaben für bisherige Pkw-Modelle", damit HVO100 von den Verbrauchern angenommen werde.

Wie groß ist die wirtschaftliche Bedeutung von HVO100?

Wie der BfT mitteilte, wird der Biodiesel heute ausschließlich im öffentlichen Nahverkehr, von Logistikbetreibern und in der Landwirtschaft verwendet; an Tankstellen ist er noch nicht frei verfügbar. Aber das Potenzial in der Speditions- und Logistikbranche sei groß: "Wir schätzen, dass 80 Prozent der HVO-Nutzung gewerblich sein wird." Laut VDB wird die globale HVO-Produktion bis 2025 voraussichtlich 30 Millionen Tonnen überschreiten.

Ein Beitrag von SUPER.MARKT mit Material von DPA, 22.03.2024.