Ein Schriftzug der Sparkasse unter dunklen Wolken (Quelle: IMAGO / BeckerBredel)
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Geld | Beitrag | Lesedauer etwa 3 Minuten - Prämiensparen: Höhe der Zinsen geklärt

Zinsen plus Prämie, jahrelang - diese Aussicht lockte Sparkassen-Kunden. Wegen einseitiger Vertragsklauseln steht ihnen nachträglich Geld zu. Der BGH hat nun geklärt, in welcher Höhe.

Nun ist es geklärt: Kundinnen und Kunden von Sparkassen mit sogenannten Prämiensparverträgen bekommen Zinsen, die sich an den Durchschnittsrenditen börsennotierter Bundeswertpapiere orientieren. Das entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe am 9. Juli und wies damit höhere Forderungen von Verbraucherschützern zurück.
 
In den konkreten Fällen ging es um Verträge von Kund:innen mit der Saalesparkasse und der Ostsächsischen Sparkasse Dresden aus den 90er- und Nullerjahren. (Az. XI ZR 40/23 und XI ZR 44/23)

Am Ende wurde es Sparkassen und Banken zu teuer

Einst Verkaufsschlager - nun Ärgernis: Seit Jahren gibt es Streit um Prämiensparverträge, die Sparkassen und Volksbanken mit Hunderttausenden Kundinnen und Kunden abschlossen. Dass Geldhäuser in vielen Fällen die Zinssätze einseitig zu ihren Gunsten ändern konnten, hat der Bundesgerichtshof (BGH) bereits vor 20 Jahren für rechtswidrig erklärt. Nicht höchstrichterlich geklärt war bislang die Frage, wie die Zinsen für diese Produkte zu berechnen sind.

Was ist ein Prämiensparvertrag?

Sparerinnen und Sparer erhalten bei diesem Produkt zusätzlich zum variablen Zins eine Prämie, die meist nach Vertragslaufzeit gestaffelt ist. Je länger regelmäßige Sparbeiträge eingehen, umso höher fällt die Prämie aus. Solche Sparverträge wurden in den 1990er und Anfang der 2000er Jahre vertrieben - vor allem von Sparkassen ("Vorsorgesparen", "Vermögensplan"), aber auch von Volks- und Raiffeisenbanken ("Bonusplan", "VRZukunft").

Bundesgerichtshof bestätigt Urteile von Oberlandesgerichten

Seit mehr als zwei Jahrzehnten beschäftigten sich Gerichte mit Prämiensparverträgen und deren Verzinsung. Der BGH entschied bereits 2004, dass Vertragsklauseln rechtswidrig waren, mit denen sich Sparkassen eine Senkung ihrer Zinsen nach Belieben erlaubten. Seither wird gestritten, wie hoch die Verzinsung hätte sein sollen.
 
Im April 2022 legte das Oberlandesgericht Dresden in einem Einzelfall erstmals einen Referenzzins fürs Prämiensparen fest: die Umlaufrendite börsennotierter Bundeswertpapiere mit 8 bis 15 Jahren Restlaufzeit. Zugleich sprach sich das OLG gegen die Nutzung des sogenannten gleitenden Durchschnitts bei der Zinsberechnung aus, der anhand aktueller und historischer Geld- und Kapitalmarktzinsen ermittelt wird. Es folgten Anfang 2023 vergleichbare Urteile des OLG Naumburg und des OLG Dresden in Massenverfahren, die nun Gegenstand der BGH-Verhandlung waren.

Verbraucherschützer und Sparkassenvertreter zufrieden

Die Verbraucherzentralen zeigten sich mit dem Urteil zufrieden. Nun gebe es endlich Klarheit, sagte Patrick Langer vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). Mit der nun gültigen Berechnungsmethode würden trotzdem "in nicht seltenen Fällen vierstellige Beträge" für die Kunden herauskommen. Bundesweit rechnet der vzbv mit mehreren tausend Betroffenen.
 
Ebenfalls zufrieden wegen der Rechtssicherheit äußerte sich Carsten Biesok, Direktor Recht der Sparkasse Dresden. Er betonte, dass seine Sparkasse bereits mit mehr als der Hälfte der betroffenen Kunden Vergleiche geschlossen habe. Die Auswirkungen des Urteils für das Dresdner Institut seien daher eher gering.

Wie können Verbraucher ihre Rechte durchsetzen?

Wenn der BGH, wie in diesem Fall, ein Urteil zu den Musterfeststellungsklagen spricht, gibt dieses eine allgemeine Tendenz vor. Durchsetzen müssen es die einzelnen Betroffenen jeweils individuell bei ihrer Bank. "Sparkassen müssten nicht zwingend reagieren, sondern könnten auf Individualklagen warten", sagt der Referatsleiter Recht bei der Verbraucherzentrale Sachsen, Michael Hummel. "Ich halte es jedoch für wenig wahrscheinlich, dass die Institute das aussitzen, denn es stehen schon diverse Rechtsdienstleister in den Startlöchern, um die Ansprüche der Verbraucher durchzusetzen."
 
Wer sich keiner Musterklage angeschlossen hat, kann seine Bank unter Berufung auf bereits ergangene BGH-Urteile auffordern, die Zinsen des Sparvertrages neu zu berechnen. Im Fall eines gekündigten Vertrages müssen Ansprüche nach vorherrschender Rechtsmeinung aber binnen drei Jahren angemeldet werden, damit sie nicht verjähren.

Brandenburger Prämiensparende müssen sich noch gedulden

Auch die Verbraucherzentrale Brandenburg (VZB) ist vor den Bundesgerichtshof gezogen. Sie sah die vom Brandenburgischen Oberlandesgericht laut Urteil aus dem Mai dieses Jahres "vorgesehene Ausgesaltung" der Zinsanpassung kritisch. Die beiden Verfahren der VZB gegen die Sparkassen Barnim und Spree-Neiße sind also noch nicht abgeschlossen. Urteile seien erst im kommenden Jahr zu erwarten. Daneben läuft auch noch ein Verfahren des Verbraucherzentrale Bundesverbandes gegen die Sparkasse Märkisch-Oderland.

Ein Beitrag von SUPER.MARKT mit Material von DPA AFP und den Verrbraucherzentralen, 09.07.2024.