1. Mai-Bilanz - Knapp 40 Ermittlungsverfahren eingeleitet - 34 Personen vorübergehend festgenommen

Do 02.05.24 | 16:50 Uhr
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01.05.2024, Berlin: Behelmte Einsatzkräfte der Polizei stehen am Rande der "Revolutionären 1. Mai-Demonstration".(Quelle: dpa/Sebastian Gollnow)
Audio: Antenne Brandenburg | 02.05.2024 | Tobias Moeck | Bild: dpa/Sebastian Gollnow

Berlins Innensenatorin Spranger zieht Bilanz: Insgesamt sei der 1. Mai friedlich verlaufen, es habe aber auch Festnahmen und Verletzte gegeben. Ob bei künftigen Mai-Demos wieder so viele Polizisten nötig sind, wird unterschiedlich bewertet.

  • 34 Festnahmen bei Mai-Demos in Berlin, 39 Ermittlungsverfahren
  • Fünf Polizeibeamte verletzt
  • Innensenatorin Spranger: Einsatz sehr gut gelaufen
  • Diskussion um weniger Polizeipräsenz

Die Berliner Polizei hat eine positive Bilanz ihrer Einsätze vom 1. Mai gezogen. Wie Berlins Innensenatorin Iris Spranger im Abgeordnetenhaus sagte, sind bei den Demonstrationen über den Tag verteilt 34 Personen vorübergehend festgenommen worden, allein 18 davon im Rahmen der so genannten "Revolutionären 1. Mai Demonstration" in Neukölln und Kreuzberg.

Nach Angaben der Gewerkschaft der Polizei (GdP) waren den Festnahmen etwa körperliche Angriffe, Böllerwürfe oder antisemitischen Parolen vorausgegangen. Laut Spranger wurden insgesamt fünf Beamte verletzt. Die Polizei habe zudem 39 Ermittlungsverfahren eingeleitet, der GdP zufolge unter anderem wegen schweren Landfriedensbruchs, gefährlicher Körperverletzung sowie Volksverhetzung.

Sowohl Spranger als auch die GdP zeigten sich zufrieden mit dem Verlauf des Tages, auch wenn die GdP ausdrücklich nicht von einem ""friedlichen" 1. Mai sprechen will. Der Einsatz sei aber sehr gut gelaufen. In ganz Berlin waren am Mittwoch rund 6.200 Polizisten im Einsatz, darunter 2.400 aus anderen Bundesländern und auch von der Bundespolizei.

Wegner zurückhaltend bei Forderung nach weniger Polizeipräsenz

Über die Zahl der eingesetzten Polizisten wird derweil diskutiert. Der Berliner Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) reagierte zurückhaltend auf Forderungen, in Zukunft am 1. Mai weniger Polizei einzusetzen. Der Linken-Innenexperte Niklas Schrader hatte nach dem erneut sehr friedlichen Verlauf gegenüber dem rbb gefordert, Berlin solle "abrüsten", es sei nicht zu rechtfertigen, jedes Jahr über 6.000 Polizeikräfte einzusetzen.

Wegner entgegnete, dass eher die Einschätzung der Polizei entscheidend sei - das könnten Politikerinnen und Politiker nicht beurteilen, weder aus der Opposition noch aus der Regierung. "Wenn die Polizeiführung dazu kommt, dass wir wieder 6.000 Kräfte brauchen, dann werden wir diese 6.000 Kräfte zur Verfügung stellen," so Wegner.

Auch Innenexperten der Fraktionen im Berliner Abgeordnetenhaus zogen ein grundsätzlich positives Fazit des 1. Mais. Martin Matz von der SPD sagte dem rbb, so wenig Zwischenfälle, Festnahmen und verletzte Einsatzkräfte habe es seit Ende der 80er Jahre nicht gegeben.

"Der Trend zur Befriedung setzt sich fort", kommentiert der Grüne Vasili Franco, dazu habe auch die konsequente Deeskaltionsstrategie der Polizei beigetragen. Die vereinzelten Zwischenfälle und antisemitischen Sprüche seien nicht das prägende Bild des Tages gewesen, so Franco. Lob für die Arbeit der Polizei kam auch vom AfD-Innenpolitiker Karsten Woldeit. Sorgen mache ihm aber, dass die sogenannte Migrantifa die linke Demo am Abend dominiert habe.

Positives Fazit von Polizeipräsidentin Slowik

"Es haben in 30 Versammlungen insgesamt 55.000 Menschen wirklich überwiegend friedlich und ohne Straftaten ihre Meinung auf die Straße gebracht - die einen sehr laut, sehr radikal und sehr aggressiv, andere dagegen eher mit Happening-Charakter", sagte Polizeipräsidentin Barbara Slowik.

An der "Revolutionärer 1. Mai"-Demo in Kreuzberg und Neukölln beteiligten sich laut Polizei etwa 11.500 Menschen. Die Veranstalter selbst sprachen von bis zu 30.000 Menschen. Der Protest richtete sich in diesem Jahr vor allem gegen das Vorgehen Israels im Gazastreifen.

Israelfeindliche und antisemitische Äußerungen waren von der Polizei vorab verboten worden. Laut Polizei gab es zahlreiche pro-palästinensische Ausrufe, allerdings nur vereinzelte Festnahmen - berlinweit lag die Zahl einer Sprecherin zufolge im "mittleren zweistelligen Bereich". Eine detaillierte Bilanz wollte die Polizei am Donnerstag veröffentlichen.

Der 1. Mai in Berlin in Bildern

Kein direkter Zusammenhang zwischen Autobränden und Demonstrationen vermutet

Die Nacht zum 2. Mai ist für die Berliner Polizei ruhig verlaufen. Es habe keine Einsätze mehr mit Bezug zu Demonstrationen und möglichen Ausschreitungen gegeben, teilte die Polizei am Donnerstag mit.

Zwar hätten zwischen 1 Uhr und 1:30 Uhr drei Autos gebrannt, zwischen den einzelnen Taten werde jedoch aktuell kein direkter Zusammenhang vermutet. Die Feuerwehr habe die Autobrände in Pankow, im Bereich Hasenheide in Neukölln und im Ostteil der Stadt gelöscht und die Polizei ermittle nun wegen mutmaßlicher Brandstiftung. Zum Ausmaß der Schäden konnte die Polizei zunächst keine weiteren Angaben machen.

Sendung: Antenne Brandenburg, 02.05.2024, 11:00 Uhr

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83 Kommentare

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  1. 83.

    Den erlebnisorientierten Linksextremisten ist es einfach zu blöd geworden, den am Straßenrand Prosecco trinkenden Einheimischen als Belustigung zu dienen. Also sind die dieses Jahr erst gar nicht nach Berlin gekommen.

  2. 82.

    Wie Recht Sie haben! Die Randalierer von damals vor 10 oder 20 Jahren leben heute ein anderes Leben.
    Und unsere Polizei hat ja auch dazu gelernt. Da wird schon vorher in Social Media gehorcht, wo wie was stattfinden könnte. Dass sich dennoch ein paar Flammenstifter finden, kann man leider nicht vermeiden. Aber insgesamt sind die Mai-Festspiele wie noch bis in die 2010er Jahren üblich hoffentlich vorbei. Jugend heutzutage hat mit sich selbst und vielen unterhaltenden Nebenschauplätzen des Lebens zu tun. Die paar gewaltbereiten Meinungsdurchsetzer oder Randaletouristen nehmen wir dann mal so hin in unserer offen Gesellschaft.
    Insgesamt: Respekt an unsere Ordnungskräfte, dass dieser 1. Mai überwiegend von gesellschaftlichen Diskussionen und Arbeitnehmerdemos beherrscht wurde.

  3. 81.

    "Da stellen Sie sich mal als Kommentarmoderator hin und müssen entscheiden zwischen Wut, Hass, Kneipendemagogie und wirklich zum Thema passende Kommentare. Welchen Kommentar Sie dann freischalten und welchen nicht: Es wäre immer falsch für den einen und die anderen."

    Das was Sie schreiben, weiß ich doch alles, deswegen finde ich es ja traurig. Es ging mir nicht um die Einschränkung der Meinungsfreiheit, sondern dass man solche Entscheidungen bei diesem Thema so treffen muss, weil man dementsprechende Erfahrungen gemacht hat. Das ist doch traurig oder nicht? Ich habe jedenfalls geschrieben, dass ich mir vorstellen kann, warum man so etwas tun musste. Was soll ich denn noch schreiben, um klarzumachen, dass ich es verstehen kann? Ich kann es verstehen und dennoch traurig darüber sein, zwei vollkommen verschiedene Dinge. Dass Sie gleich wieder die Frage nach Einschränkung der Meinungsfreiheit stellen, finde ich übrigens auch traurig.

  4. 80.

    "Früher war mehr Lametta" hieß es schon bei Loriot. Heute gibt es Menschen von gestern, die den Zeiten von damals nachtrauern und bedröppelt feststellen, da die Kumpels aus der Ära erwachsen geworden sind. Heute macht Chillen im Görli den meisten Menschen mehr Spaß. Das MyFest dürfte seine Teil dazu beigetragen haben, dass in der Regel ein Umparken im Kopf stattgefunden hat.

  5. 79.

    >"Alleine dass hier die Kommentarfunktion freigeschaltet werden konnte, bei den anderen Artikeln aber nicht, spricht Bände."
    Welche Bände? Sehen Sie mal wieder die Einschränkung der Meinungsfreiheit? Wenn Sie eine poltische Meinung haben, ist eine Kommentarfunktion der schlechteste Platz, weil anonym.
    Die Freischaltung der Kommentarfunktion entscheiden die Redakteure, soweit mir bekannt. Irgendjemand muss sich dann um die Moderation dieser Kommentare kümmern. Stichwort Kostendruck beim rbb...
    Bei allgemeinen Triggerthemen (Aufregerthemen) kann ich es gut nachvollziehen, dass die Kommentarfunktion nicht freigeschaltet ist. Da stellen Sie sich mal als Kommentarmoderator hin und müssen entscheiden zwischen Wut, Hass, Kneipendemagogie und wirklich zum Thema passende Kommentare. Welchen Kommentar Sie dann freischalten und welchen nicht: Es wäre immer falsch für den einen und die anderen.

  6. 77.

    In Barnim haben jedenfalls Polisisten gefehlt, auch wenn es ein anderes Thema ist. Alleine dass hier die Kommentarfunktion freigeschaltet werden konnte, bei den anderen Artikeln aber nicht, spricht Bände. Und ich kann mir sehr gut vorstellen, warum das vom rbb so entschieden werden musste. Wirklich traurig sowas.

  7. 76.

    Paradox oder erstaunlich: Der schwarze Block wurde tatsächlich von den Palästinademonstranten in den Hintergrund abgedrängt. Sind nicht zum Zuge gekommen und die Polizei war erleichtert. So hatte das - unfreiwillig - auch mal was Gutes.

  8. 75.

    Wenn Du einen ,,Polizeistaat'' erleben willst, hier ist er nicht, aber in Rußland wirst Du fündig.

  9. 74.

    Danke für die Blumen, natürlich ist uns an einem ruhigen Dienst gelegen.

  10. 73.

    Eindeutig: JA!

    Nur mit solch einer Anzahl von Polizisten lässt sich solch eine Menge an Menschen stoppen bei Bedarf.
    Ein einzelner Polizist hätte mit oder ohne Trillerpfeife keine einzige Chance!

    Die Grundsatz-Frage ist doch warum wird Demonstriert und welcher erkennbare Erfolg ist zu
    verzeichnen?

    PS:Danke an sämtliche Einsatzkräfte! Hoffe ohne Blessuren.

  11. 71.

    „Erinnerst du dich noch an Hausbesetzer. Das war Bürgerkrieg.“

    Komm ma runter. War auch dabei, mir kannst du nichts erzählen.

    Das war bei weitem kein Bürgerkrieg.

    Ich zeige dir andere Bürgerkriege, wenn du willst.

    Gruß

    Altlinker

  12. 70.

    Erinnerst du dich noch an Hausbesetzer. Das war Bürgerkrieg. Mir braucht ihr nichts erzählen.

  13. 69.

    Gerade bei jungen Linksextremisten war die Polizei unbeliebt. Die Steinewerfer von damals sind aber heute erwachsen geworden - die meisten jedenfalls.

  14. 68.

    Ich bin nach Kreuzberg gezogen und finde es ruhig besser. Im ganzen ist es hier wirklich ruhiger geworden, dank vieler Grüner und weniger Linker.

  15. 67.

    Fast

    Meine Kinder wohnen in Kreuzberg, Kiezlage.

    Ich bin alter Ur-Kreuzberger.

    Und Sie? Zugezogen und kein Kreuzberger?

  16. 66.

    Glaub ich nicht. Schon mal was von Verschärfung Polizeigesetze gehört? Polizeistaat im Aufwuchs würd ich sagen.

  17. 65.

    Ich war mehrmals in einem Diktatur - Staat bei Demos, und hierzulande in unserer rechtsstaatlichen Demokratie auch mehrmals, Ergo kann ich mehr mitreden als die meisten hier im Forum.

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