Dagmar Reim, Intendantin rbb - Der Fährmann von Elbdeich
Die Elbtalaue an der Grenze von Brandenburg zu Mecklenburg-Vorpommern: Weite Landschaft, das satte Grün der Uferwiesen, Wassermassen in dynamischem Fluss. Mit etwas Glück radelt man bei Rückenwind und mit Schwung auf den Elbdeich in Mödlich zu, passiert reetgedeckte Häuser sowie die eine oder andere Gruppe von Schafen. Der Blick verliert sich in der Schönheit der Flusslandschaft.
Die Elbtalaue an der Grenze von Brandenburg zu Mecklenburg-Vorpommern: Weite Landschaft, das satte Grün der Uferwiesen, Wassermassen in dynamischem Fluss. Mit etwas Glück radelt man bei Rückenwind und mit Schwung auf den Elbdeich in Mödlich zu, passiert reetgedeckte Häuser sowie die eine oder andere Gruppe von Schafen. Der Blick verliert sich in der Schönheit der Flusslandschaft.
Und dann, von Weitem schauend, hält man inne, schärft den Blick: In der Ferne eine Figur mit langer Sichel in den Händen, einen Hut auf dem Kopf, der der Krone Nofretetes ähnlich ist. Im langen Gewand steht dort auf dem Deich eine priesterhafte Gestalt auf einem Floß mit vier Rädern.
Diesen ersten Moment, in dem ich Bernd Streiters Kunstwerk Charon auf dem Elbdeich in der Prignitz erblickt habe, vergesse ich nicht, und er wiederholt sich, wann immer ich den Künstler und seine Frau dort besuche. Es geht eine Kraft von der knapp 4 mal 4,50 Meter großen Skulptur aus Eisen, Zink und Holz aus, die die Weite der Landschaft drumherum neu zu ordnen scheint. Dieser Fährmann am Fluss ist nicht erschreckend. Er hat kein Schädelgesicht wie in der griechischen Mythologie, wo er als grämlicher Alter die Toten in den Hades schifft. Die Überfahrt mit ihm müsste man nicht fürchten. Die Ruhe, beinahe Güte, die Streiters Charon-Figur ausstrahlt, lädt ein zum Nachdenken über Vergänglichkeit und Ewigkeit. "Die einmalige Erscheinung einer Ferne, so nah sie sein mag" – Walter Benjamins Definition der Aura eines Kunstwerks, sie wirkt hier im mehrfachen Sinne.
Das gefällt mir – und daher gehört die Skulptur zu meinen fünf Favoriten, nach denen man mich für dieses Buch und das mit ihm einhergehende multimediale Projekt bei radioeins und im Kulturmagazin Stilbruch des rbb Fernsehen gefragt hat. Die 50 liebsten Werke und Orte von 103 prominenten Personen aus Brandenburg und Berlin stellen wir Ihnen vor. Ob Caravaggios ungläubiger Thomas in Sanssouci, die Stolpersteine, die an die Opfer des Nazi-Terrors erinnern, im Pflaster der Berliner Straßen, Olafur Eliassons Installationen, Fotografien aus den frühen Mauer-Jahren, das barocke Stift Neuzelle oder die Universitäts-Bibliothek von Herzog & de Meuron in Cottbus – mit all diesen Werken und Orten verbinden sich ganz persönliche Geschichten derjenigen, denen sie am Herzen liegen.
"Das gefällt mir!" lädt Sie ein, den Eindrücken anderer zu folgen und dabei ganz eigene zu gewinnen. Anders als in den virtuellen Welten, in denen es mit einem schnellen "Like"-Klick getan ist, müssen, dürfen Sie sich dafür auf die Reise machen. Es lohnt sich. Nicht allein die Kunstmetropole Berlin, auch Brandenburg hat ganz besondere kulturelle Schätze zu bieten. Die Landschaftsdarstellungen der Brandenburgischen Kunstsammlungen im alten Dieselkraftwerk in Cottbus etwa oder der Schinkel’sche Sternenhimmel in der Kirche zu Neuhardenberg.
Was Ihnen gefallen wird – ich bin gespannt. Und wenn Sie meinem Fährmann begegnen in der Prignitz, nehmen Sie für alle Fälle eine Münze mit, man weiß ja nie.
Und dann, von Weitem schauend, hält man inne, schärft den Blick: In der Ferne eine Figur mit langer Sichel in den Händen, einen Hut auf dem Kopf, der der Krone Nofretetes ähnlich ist. Im langen Gewand steht dort auf dem Deich eine priesterhafte Gestalt auf einem Floß mit vier Rädern.
Diesen ersten Moment, in dem ich Bernd Streiters Kunstwerk Charon auf dem Elbdeich in der Prignitz erblickt habe, vergesse ich nicht, und er wiederholt sich, wann immer ich den Künstler und seine Frau dort besuche. Es geht eine Kraft von der knapp 4 mal 4,50 Meter großen Skulptur aus Eisen, Zink und Holz aus, die die Weite der Landschaft drumherum neu zu ordnen scheint. Dieser Fährmann am Fluss ist nicht erschreckend. Er hat kein Schädelgesicht wie in der griechischen Mythologie, wo er als grämlicher Alter die Toten in den Hades schifft. Die Überfahrt mit ihm müsste man nicht fürchten. Die Ruhe, beinahe Güte, die Streiters Charon-Figur ausstrahlt, lädt ein zum Nachdenken über Vergänglichkeit und Ewigkeit. "Die einmalige Erscheinung einer Ferne, so nah sie sein mag" – Walter Benjamins Definition der Aura eines Kunstwerks, sie wirkt hier im mehrfachen Sinne.
Das gefällt mir – und daher gehört die Skulptur zu meinen fünf Favoriten, nach denen man mich für dieses Buch und das mit ihm einhergehende multimediale Projekt bei radioeins und im Kulturmagazin Stilbruch des rbb Fernsehen gefragt hat. Die 50 liebsten Werke und Orte von 103 prominenten Personen aus Brandenburg und Berlin stellen wir Ihnen vor. Ob Caravaggios ungläubiger Thomas in Sanssouci, die Stolpersteine, die an die Opfer des Nazi-Terrors erinnern, im Pflaster der Berliner Straßen, Olafur Eliassons Installationen, Fotografien aus den frühen Mauer-Jahren, das barocke Stift Neuzelle oder die Universitäts-Bibliothek von Herzog & de Meuron in Cottbus – mit all diesen Werken und Orten verbinden sich ganz persönliche Geschichten derjenigen, denen sie am Herzen liegen.
"Das gefällt mir!" lädt Sie ein, den Eindrücken anderer zu folgen und dabei ganz eigene zu gewinnen. Anders als in den virtuellen Welten, in denen es mit einem schnellen "Like"-Klick getan ist, müssen, dürfen Sie sich dafür auf die Reise machen. Es lohnt sich. Nicht allein die Kunstmetropole Berlin, auch Brandenburg hat ganz besondere kulturelle Schätze zu bieten. Die Landschaftsdarstellungen der Brandenburgischen Kunstsammlungen im alten Dieselkraftwerk in Cottbus etwa oder der Schinkel’sche Sternenhimmel in der Kirche zu Neuhardenberg.
Was Ihnen gefallen wird – ich bin gespannt. Und wenn Sie meinem Fährmann begegnen in der Prignitz, nehmen Sie für alle Fälle eine Münze mit, man weiß ja nie.
Dagmar Reim
Indentantin des rbb bis 2016