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Sie ist Inbegriff des ewigen Berliner Wandels: die Kastanienallee, Prenzlauer Berg. Einst Arbeiterkiez, dann Bohème-Quartier, Szenemeile und internationale Touristen-Attraktion. Früher arm, heute sexy. 950 Meter Großstadt zwischen Hochglanz und Tradition.
Die Kastanienallee ist die älteste Straße des Prenzlauer Bergs – und doch ist hier alle paar Jahre alles neu. Fast alles: Otto Hauptmann lebt seit 1960 in dem Haus, dass sein Großvater einst gekauft hat. Zu DDR-Zeiten musste er mitansehen, wie es verfiel. 1990 wollte er es mit seinem Sohn zum Hotel umbauen, doch die Banken winkten ab. Die Hauptmans gaben nicht auf – heute liegt ihr "Kastanienhof" an einem der angesagtesten Boulevards der Hauptstadt.
In den vergangenen 30 Jahren wurde die Kastanienallee von einer Straße, in der man wohnt, zu einer Straße, auf die man geht: ein Hipster-Laufsteg, "Castingallee" genannt. Sehnsuchtsort für Menschen aus aller Welt. Seit der Wende haben sich die Mieten hier mitunter verzehnfacht – zum Beispiel die von Claire Lachkys Friseursalon „Vokuhila“ in der Nummer 21. Seit den 50er Jahren werden hier Haare geschnitten, aber inzwischen ist unklar, wie lange der Laden noch überleben kann.
Gehen oder Bleiben – diese Frage schwebt in der Kastanienallee über allem. Das war schon früher so: In den 80er Jahren wurde die Gegend zum Quartier von Bohemiens und Dissidenten, viele verließen die DDR von hier gen Westen: "Das tat jedes Mal sehr weh. Denn wenn jemand ging, ging er für immer. Und dann war die Frage: Bleibst du? Oder gehst du auch?" Ronald Lippok, Ex-Punk, Maler und Musiker blieb – bis heute.
Der Ruf als Künstler-Kiez zog nach dem Mauerfall Hausbesetzer, Studierende und junge Leute aus aller Welt an. Der Film "Berlin Kastanienallee - Von Häusern und Menschen" erzählt vom ewigen Berliner Wandel. Früher arm, heute sexy. 950 Meter Großstadt zwischen Hochglanz und Tradition. Ein Porträt über eine legendäre Straße anhand der Menschen, die an ihr leben und arbeiten.
Film von Tim Evers
Erstsendung: 24.11.2020/rbb