- Beeskow - Marienkirche
Theodor Fontane macht in seinen Wanderungen nur einen kurzen Abstecher ins "Beeskow-Storkowsche" - "ein wenig gekannter Winkel, der nichtsdestoweniger seine Schönheit und seine Geschichte hat."
Theodor Fontane: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Band IV „Spreeland“:
Beeskow hat zwei Sehenswürdigkeiten: das Amt und die Kirche.
Das Amt, auf einer Spree-Insel unmittelbar vor der Stadt gelegen, war in alter Zeit ein Schloß, dann ein »bischöfliches Haus«, das die Bischöfe von Lebus zu Beginn des sechzehnten Jahrhunderts erwarben und gelegentlich auch bewohnten. Viele der noch jetzt vorhandenen alten Mauern reichen bis in das fünfzehnte Jahrhundert zurück, wo das alte Schloß ausbrannte. Dies erwies sich 1828, als wegen Baufälligkeit das dritte Stockwerk abgetragen wurde. An vielen Stellen fand man doppeltes Mauerwerk. Das innere zeigte die Bischofsmütze, während das dahinter gelegene, ältere Mauerwerk mit Moos und Asche bedeckt war. Es waren Überreste des alten Schlosses. In den untern Stockwerken steckt noch einzelnes davon.
Die Liebfrauenkirche, der wir uns jetzt zuwenden, existierte schon drei Jahrhunderte lang, als die Lebuser Bischöfe von Lebus und Fürstenwalde herüberkamen, und hat dann die geistlichen Herrn um ebenso lange Zeit überlebt. Es ist eine der schönsten Kirchen in der Mark, und der Efeu, der sich bis in die Spitzbogen emporrankt, scheint zu wissen, was er an ihr hat. Der massive Turm geht in seinem zweiten Stockwerk sehr gefällig aus dem Viereck ins Achteck über, und eine pyramidenförmige Spitze schließt den ganzen Bau gefällig ab.
Eine zweiundachtzigjährige Küstersfrau führte mich, und Großes und Kleines, Andacht und Stadtklatsch flossen gleichen Tones über ihre Lippen. Sie zeigte mir den Gekreuzigten und den einen Schächer, die beide »wegen Unschönheit« in einen Seitenraum geschafft worden waren, und erklärte mir die Grabsteine vorm Altar. Der eine war hellbraun und sehr abgetreten. »Das ist unser Pfefferkuchenmann«, sagte sie ruhig, und wirklich, das alte Ratsherrnbild konnte nicht treffender bezeichnet werden. Danach stiegen wir in einen Keller, drin dieselbe Küstersfrau während der Franzosenzeit ein tiefes Loch gegraben und die Kirchengüter versteckt hatte. »Wir fanden beim Graben nichts als Knochen und Schädel.« Sie sagte nicht »Knochen und Schädel von heimlich Verscharrten«, aber sie dacht es. Es gehört das mit zur Volkspoesie.
Audio: Ausschnitt aus "Wanderungen durch die Mark Brandenburg" gelesen von Gert Westphal (Produktion des SWR 1982-1985)