- Groß Köris - Modderseen
An Bord der "Sphinx" segelt Theodor Fontane von Köpenick bis Teupitz. Die Reise hinterlässt bei ihm einen tiefen Eindruck.
Theodor Fontane: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Band IV „Spreeland":
Es begann zu dunkeln, als wir, zwischen Groß- und Kleinköris, in ein schwieriges, aus mehreren flachen Becken bestehendes Seegebiet einfuhren, das in seiner Gesamtheit den wenig klangvollen, aber bezeichnenden Namen der »Modder-See« führt. Die Karten unterscheiden einen großen und kleinen. Das Wasser in diesen Becken stand nur etwa fußhoch über einem aus gelbgrünen Pflanzenstoffen bestehenden Untergrund, der so weich war wie ein mit Hülfe von Reagenzien eben gefällter Niederschlag. Unser Schiff durchschnitt diese reizlosen, aber für die Wissenschaft der Torf- und Moorbildungen vielleicht nicht unwichtigen Wassertümpel, die vor uns, unaufgerüttelt, in smaragdner Klarheit, hinter uns in graugelber Trübe, wie ein Quirlbrei von Lehm und Humus, lagen.
Es wurde still und stiller an Bord. Jene Schweigelust überkam uns, die nach einem schönen, an Bildern und Eindrücken reichen Reisetage auch den Heiter-Gesprächigsten anzuwandeln pflegt und, weder in Ermüdung noch in Verstimmung wurzelnd, ihren Grund in dem plötzlichen Berührtwerden von dem Ausgehen alles Glückes, von der Endlichkeit aller Dinge hat. Auch wir hatten diesen Tribut zu zahlen, stärker als bei mancher anderen Gelegenheit, da nichts da war, uns dieser Stimmung zu entreißen. Die Dörfer hörten auf; nur in einiger Entfernung lag Sputendorf. Es klang wie eine Mahnung, und wir ließen sie uns gegeben sein. Ein neues Segel bei! Der Wind setzte sich hinein, und plötzlich, wie aufatmend, fuhren wir aus einem Gewirr von Tümpeln und Schmalungen, die wir während der letzten zwei Stunden zu passieren gehabt hatten, in ein imposantes und beinah haffartig wirkendes Wasserbecken ein. Nur in sehr unbestimmten Umrissen erkannten wir die Ufer. Nach links hin, in langer Linie, blitzten Lichter und spiegelten sich in dem dunkelen See. An Bord drängte alles zu neuer Tätigkeit. Lieutenant Apitz, mit eigner Hand, feuerte den landeinwärts gerichteten Böller ab; Mudy, auf Befehl des Kapitäns, ließ eine Rakete in den Nachthimmel aufsteigen. In wenigen Minuten sahen wir unseren Zweck erreicht: Gestalten, hin und her laufend, sammelten sich an einer Stelle, die ein Landungsplatz, eine Anlegebrücke sein mochte. Stimmen klangen herüber. Gleich darauf fiel der Anker.
Im Angesicht von Teupitz, dunkel und rätselvoll, lag die »Sphinx«.
Audio: Ausschnitt aus "Wanderungen durch die Mark Brandenburg" gelesen von Gert Westphal (Produktion des SWR 1982-1985)