- Schloss Wusterhausen
Parforcejagden und Heiratsintrigen, diese brisante Mischung beschreibt Theodor Fontane im Kapitel über Schloss Wusterhausen.
Theodor Fontane: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Band IV "Spreeland":
Königs Wusterhausen ist vielleicht mehr als irgendein anderer Ort, nur Potsdam ausgeschlossen, mit der Lebens- und Regierungsgeschichte König Friedrich Wilhelms I. verwachsen. Hier ließ er als Knabe seine »Kadetten« und einige Jahre später seine »Leibcompagnie« exerzieren. Hier übte und stählte er seinen Körper, um sich wehr- und mannhaft zu machen, und hier, nach erfolgtem Regierungsantritte, fanden jene weidmännischen Festlichkeiten statt, die Wusterhausen recht eigentlich zum Jagdschloß par excellence erhoben.
Hier auf dem Schloßhof, den jetzt die friedliche Pumpe ziert, war es, wo jedesmal nach abgehaltener Jagd den Hunden ihr »Jagdrecht« wurde. Das war die Nachfeier zum eigentlichen Fest. Der zerlegte Hirsch ward wieder mit seiner Haut bedeckt, an der sich noch der Kopf samt dem Geweih befinden mußte. So lag der Hirsch auf dem Hof, während hundert und mehr Parforcehunde, die durch ein Gatter von ihrer Beute getrennt waren, laut heulten und winselten und nur durch Karbatschen in Ordnung gehalten wurden. Endlich erschien der König, der Jägerbursche zog die Haut des Hirsches fort, das Gatter öffnete sich, und die Meute fiel über ihr »Jagdrecht« her, während die Piqueurs im Kreise standen und auf ihren Hörnern bliesen.
Wenigstens zwei Monat alljährlich wohnte König Friedrich Wilhelm I. in Wusterhausen. Spätestens am 24. August traf er ein, und frühestens am 4. oder 5. November brach er auf. Die ersten acht Tage gehörten der Rebhuhnjagd, vorzüglich auf der Großmachnower Feldmark; später dann folgten die Jagden auf Rot- und Schwarzwild. Zwei Festlichkeiten im größeren Stil gab es herkömmlich während der Wusterhausener Saison: die Jahresfeier der Schlacht bei Malplaquet am 11. September und das Hubertusfest am 3. November. Bei Malplaquet war der König, damals noch Kronprinz, zum ersten Mal im Feuer gewesen; das erheischte, wie billig, ein Erinnerungsfest. Das Hubertusfest war zugleich das Abschiedsfest von Wusterhausen. Nur einmal fiel es aus, am 3. November1730. Am 28. Oktober, sechs Tage vor dem Hubertustag, hatte das Kriegsgericht in Schloß Köpenick gesessen, das über Kronprinz Friedrich und Katte befinden sollte.
Hier in Wusterhausen spielten später die Hof- und Heiratsintriguen, und hier schwankte die Waage bis zuletzt, ob der Erbprinz von Bayreuth oder der Prinz von Wales (wie so sehr gewünscht wurde) die Braut heimführen würde; hier endlich, nachdem die Ungewitter sich verzogen und ruhigeren Tagen Platz gemacht hatten, teilte der früh alternde König, wenn Gicht und Podagra das Jagen verboten, seine Zeit zwischen Tonpfeife und Palette, zwischen Rauchen und Malen.
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Audio: Ausschnitt aus "Wanderungen durch die Mark Brandenburg" gelesen von Gert Westphal (Produktion des SWR 1982-1985)