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Der Staat Israel, vor 75 Jahren gegründet, ist Thema einer der spannendsten Ausstellungen dieses Sommers. Wie blicken israelische Künstler*innen selbst auf dieses wieder oder immer noch gespaltene Land? Wie gehen sie mit den Konflikten zwischen Jüd*innen und Nicht-Jüd*innen, zwischen Nicht-Religösen und Orthodoxen um? Eine künstlerische Innenansicht, die aktuell im Haus am Lützowplatz zu sehen ist.
"Who by fire" diesen Song schreibt Leonard Cohen 1973 als Reaktion auf den Jom-Kippur-Krieg. Bei der gleichnamigen Ausstellung im Lützowhaus dreht sich alles um Israel – in 12 künstlerischen Positionen. Die drusisch-israelische Künstlerin Fatma Shanan platziert Teppiche im Freien. Der Künstler Durar Bacri hat das Titelbild der Ausstellung gemalt: Ein Feigenkaktus auf seiner Dachterasse in Tel-Aviv.
Durar Bacri, Künstler
"Ich bin Palästinenser. Der Kaktus ist symbolträchtig für die palästinensische Kultur. Wo immer einer steht, war früher ein arabisches Dorf, sagt ein Sprichwort. Wenn ich einen Kaktus auf einem Dach in Tel-Aviv male, zeige ich: Ich bin immer noch verbunden zu meinen Wurzeln, meiner Geschichte. Ich bin stolz darauf und gleichzeitig auch flexibel. Ich kann andere Kulturen akzeptieren und in die Arme schließen. Damit spiele ich."
Eingeladen hat der israelische Künstler Liav Mizrahi. Er hat die Ausstellung am Lützowplatz kuratiert.
Liav Mizrahi, Kurator
"Auf eine Art ist die Ausstellung eine Kollaboration und vielleicht die Idee, Künstlerinnen und Künstler aus unterschiedlichen Religionen und Gesellschaften in Israel zusammenzubringen. So wollen wir die komplizierte Geschichte von Israel erzählen, mit unterschiedlichen Perspektiven und Narrativen."
Avner Pinchover, "Riot Glass", 2019
Die Idee zur Ausstellung entsteht während der Anti-Netanjahu-Proteste von 2021. Die Künstler wollen auf ihre Art Widerstand leisten.
Liav Mizrahi, Kurator
"Diese Ausstellung ist meine Antwort darauf, wie man mit Kunst Protest ausüben kann. Ich habe sie so kuratiert, um zu sagen, was ich wirklich sagen will. Für mich ist das ein aktivistischer Moment."
Dina Shenhav kritisiert die Politik schon in der Auswahl des Materials. Sie hat einen israelischen Merkava-Panzer originalgetreu nachgebaut, allerdings aus Schaumstoff.
Dina Shenhav, Künstlerin
"Ein Panzer ist für mich eines der angsteinflößendsten Dinge. Ich will immer sofort weglaufen, wenn ich einen sehe. In Israel sieht man öfters mal einen. Ich wollte dieses schlimme Ding aus etwas ganz weichem machen, das niemandem etwas tun kann. Ganz zärtlich."
Mullbinden sind das bevorzugte Arbeitsmaterial von Ariane Littmann. Die Schmerzen von Mensch und Land hat sie als freie Fotoreporterin vor Ort miterlebt, als sie über die Ereignisse der zweiten Intifada aus dem Gazastreifen berichtete.
Ariane Littman, Künstlerin
"Und etwa zur gleichen Zeit, vielleicht zwei, drei Jahre später, war meine Tochter verletzt und hatte diese Mullbinden an ihrem Körper. So fing ich an mit Verbänden aus dem Krankenhaus zu arbeiten, das geht mir sehr nah. Meine Tochter war neun und hatte Verbrennungen dritten Grades. Die Karten erinnern mich bis heute daran. Die Städte liegen unter den Verbänden, wie damals ihre Wunden."
Ariane Littmann hat eine Karte von Berlin mit Mullbinden überklebt, als wollte sie die ganze Stadt darunter heilen lassen. Für sie ist es ein Akt der Resilienz. Ein Akt der Versöhnung.
Ariane Littman, Künstlerin
"Es ist das erste Mal, dass ich mit meinen Verbänden Israel verlassen habe. Es fasziniert mich. Man kann überall hingehen und die Wunden der Menschen, der Länder, der Städte heilen. Berlin ist ein guter Start dafür."
Zwei Pässe, ein palästinensischer, ein israelischer hängen sich gegenüber. Ein einfacher, aber starker Kontrast. Wie die Videoarbeiten von Shlomo Pozner und Leon Kahane. Ein orthodoxer Jude lernt am nächsten Tag seine Braut kennen. Ein gleichalter junger Mann tritt in die israelische Armee ein.
Autor: Max Burk