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Berlins Clubszene ist weltbekannt für harte Beats, extreme Freiheit und nie endende Nächte. Es ist eine Welt hinter verschlossenen Türen. Wer heute in einen Berliner Club geht, dem wird direkt an der Tür die Handykamera abgeklebt. Die Dokureihe "Exzess Berlin – Haupstadt der Clubs" gibt intime Einblicke und taucht tief ein - Sie begegnet den Menschen, die die rauschende, wilde Clubkultur leben. Ein Reise durch fünf Jahrzehnte Nachtleben in Ost- und West.
Westbam, Techno-Ikone
"Musik, Tanzen, Rausch ist immer ein Thema, weil der Mensch immer eine Sehnsucht nach etwas hat, was über das ganz normale Leben hinausgeht. Dass er sagt: Ich möchte diesen Moment erleben, wo ich irgendwie abhebe und fliege."
Darum geht es in der Nacht: dem Alltag entfliehen durch Selbstübertreibung - stampfend beim Techno-Rave oder einst mit Flitter und Strass im Tanzlokal. Allen gemein ist die Illusion, alles sein zu können.
1974 kommt Zazie de Paris, damals noch als Mann, von Paris nach Berlin.
Zazie de Paris
"Und ich sprach natürlich kein Wort Deutsch, nur ja, nein und Scheiße."
Gemeinsam mit Romy Haag eröffnet sie eine neue Ära des Feierns. Das "Chez Romy Haag“ als queerer Tanzplatz. Nachtleben als rauschhafte Selbstverwirklichung und Selbstbefreiung in einer Stadt ohne Sperrstunde.
Zazie de Paris
"Berlin war eine sehr, sehr tolerante Weststadt, eine Insel, eine absolute Insel der Toleranz."
In Ostberlin sind das Café Nord und das Operncafé in den 80er Jahren die angesagten Diskotheken. Und auch ein Hotspot für Westberliner. Was immer die Feiernden der Stadt in Ost und West trennt, auf der Tanzfläche treffen sie sich zur allabendlichen Wiedervereinigung in einer geteilten Stadt.
Petra Schreiber, Hafenbar
"Es gab auch Westkontakte, klar. Ist ja nun mal Berlin, war jetzt nicht so weit. Es kam ja nicht darauf an, woher jemand kam, sondern wie gut er aussah."
Die Mauer fällt: Die Feierszene siedelt um – ein Abenteuerland entsteht. In bröckelnden Industriebrachen und Kellergewölben erwacht die Anarchie der Nacht. Eine neue Generation aus Ost und West erobert sich ihre Freiräume in der neuen Hauptstadt Berlin.
Britt Kanja, Mitbegründerin "90Grad"
"Das Schöne an Berlin ist, egal welche Präferenzen du im Kopf hast, wo du herkommst, was dir gefällt, was du machen willst, wenn du offen genug bist, dann findest du hier deinen Kreis, der dich weiterbringt, egal ob es im Nachtleben ist oder sonst wo ist. Jeder einzelne findet, wenn er offen genug ist, für sich die Kicks, die man so braucht im Leben."
Die Corona Pandemie: Die ewige Party in Berlin endet ganz plötzlich. Einsamkeit statt Exzess. Doch in der ungewohnten Stille zappelt bereits eine neue Party-Generation für ihren Auftritt.
Pfandidos, DJ-Kollektiv
"Über die Corona-Zeit hat sich auf jeden Fall alles bisschen verhärtet."
- "Auf jeden Fall."
"Dickerer Bass, mehr schrillere Sounds."
- "Exzessiver!"
"Exzessiver."
Alexandra Dröner
"Es gibt immer wieder eine neue Generation von Leuten, die haben eine bestimmte Art mit Musik und Feiern umzugehen. Und wir möchten das in Räumen tun, wo wir nicht das Gefühl haben, dass wir kontrolliert sind. Wenn wir im Club sind, sind wir in einem Raum, der uns einfach leben lässt."
Nur wenige Klubs haben ein Abo für die Ewigkeit - Partyorte vergehen und entstehen. Doch noch immer gilt Berlin als Hauptstadt der Klubs. Davon erzählt die Dokuserie "Exzess" - vom Rausch der Nacht in den Blitzgewittern der Freiheit.
Autor: Lutz Pehnert