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Mnyaka Sururu Mboro ist Ingenieur und lebt schon seit über 30 Jahren in Berlin. Geboren wurde er in einem Dorf am Kilimandscharo. Getauft wurde er auf den Namen Ludwig Johann. Seit vielen Jahren engagiert er sich gegen die Verdrängung der deutschen Kolonialherrschaft in Tansania, die mit der Afrika Konferenz vor 140 Jahren in Berlin begann. Ein wichtiges Thema Mboros ist die Rückführung menschlicher Überreste, die aus Kolonien wie Tansania gestohlen und für rassistische Forschungen nach Europa und Deutschland gebracht wurden. Welche Probleme und offenen Fragen sich aus der Deutsch-Tansanischen Geschichte ergeben, weiß er aus eigener Erfahrung.
Wenn er geht, ist er inzwischen auf seinen Stock angewiesen – aber das schmälert die Kampfkraft von Mnyaka Sururu Mboro kein bisschen. Wir sind mit ihm in der Wilhelmstraße in Berlin-Mitte verabredet – hier, wo 1884 die Afrikakonferenz begann. Dass es diese Gedenktafel gibt, ist auch Mboro zu verdanken.
Mnyaka Sururu Mboro, Berlin Postkolonial e.V.
"Und dann hat Bismarck gesagt, ich lade euch nach Berlin ein, kommt mal, wir sitzen zusammen wie Gentlemen und dann sehen wir, wer den Kongo kriegt und Afrika und überhaupt alles. Und für den Rest haben sie ein Lineal genommen und haben es geteilt wie man eine Hochzeitstorte teilt."
Unter anderem wurden das heutige Tansania, Burundi und Ruanda zu Deutsch-Ostafrika. 140 Jahre ist das her, die Sache mit der Torte - die schon Zeitgenossen so empfanden. Die Nachwirkungen dessen sind Mnyaka Sururu Mboros Lebensthema geworden. Er kämpft darum, die Folgen des Kolonialismus ins deutsche Bewusstsein zu rücken. Hier zeigt er Fotos von Trauermärschen vor 20 Jahren, die an die Opfer kolonialer Gräueltaten erinnern sollten. Als er vor über 40 Jahren nach Deutschland kam – stieß er damit auf große Unkenntnis und Desinteresse.
Mnyaka Sururu Mboro, Berlin Postkolonial e.V.
"Ich habe ja versucht, zu fragen. Sie haben mich als gestört angesehen, als wäre ich nicht normal. Worüber redet er?"
Geboren ist er 1951 in Tansania, am Fuße des Kilimanjaro. Als er zum Studium nach Deutschland geht, gibt er seiner Großmutter ein noch unerfülltes Versprechen. Den Schädel des verehrten Freiheitskämpfers Mangi Meli zurück nach Tansania zu bringen – die Kolonialherren hatten ihn gehängt und seinen Schädel nach Deutschland gebracht.
Mnyaka Sururu Mboro, Berlin Postkolonial e.V.
"Du gehst nach Deutschland, nicht? Da habe ich ja gesagt. Und du bringst den Kopf von Mangi Meli zurück? Ich habe ja gesagt. Also. Dieses Versprechen, das ich abgegeben habe, ist das, was mich bis heute jagt."
Inzwischen hat er etliche Mitstreiter gefunden – zum Beispiel in dem Projekt "Dekoloniale", das genau dort sein Büro hat, wo die Afrika-Konferenz stattgefunden hat. Mboro kämpft für die Rückgabe der Gebeine tausender Menschen aus den Kolonien, die in Museumsdepots lagern. Und für die Umbenennung von Straßen – die nach einem Kolonialisten benannte Petersallee im Wedding heißt nun Maji-Maji-Allee. Nach einem blutig niedergeschlagenen Aufstand in der Kolonie – noch so ein viel zu unbekanntes Kolonialkapitel.
Mnyaka Sururu Mboro, Berlin Postkolonial e.V.
"Die deutsche Strategie war die "Verbrannte Erde". Sie haben alles niedergebrannt, Häuser, auch wenn Kinder darin sind und alte Leute. Oder die, die versuchen, wegzurennen, werden mit dem Maschinengewehr erschossen. Es war so brutal…"
Die "Dekoloniale" hat auch diese Ausstellung in der Nikolaikirche mitgestaltet, die Berlins Verstrickung in den Kolonialismus zum Thema hat. Ein früher Kolonialherr ist hier begraben – Carl Constantin von Schnitter kommandierte schon im 17. Jahrhundert die Festung Groß Friedrichsburg im heutigen Ghana. Von hier aus betrieb schon Preußen Sklavenhandel.
Mnyaka Sururu Mboro, Berlin Postkolonial e.V.
"Sie haben Menschen gejagt wie Tiere, das waren dann die Sklaven. Sie wurden dann in diese Burg gebracht."
Nach seiner Geburt wurde Mboro von einem französischen Priester als "Ludwig Johann" getauft – doch diese Namen hat er schon lange abgelegt. Auch die Kirchen haben eifrig mitgewirkt am Kolonialismus – in Tansania gibt es dazu ein Sprichwort.
Mnyaka Sururu Mboro, Berlin Postkolonial e.V.
"Die Bibel in der Hand, aber unter dem Arm hängt die Pistole."
Seit über 40 Jahren kämpft Mnyaka Sururu Mboro von Berlin aus darum, an die Greuel der Kolonialzeit zu erinnern. Und so lange es geht, wird er weiter kämpfen.
Mnyaka Sururu Mboro, Berlin Postkolonial e.V.
"Ich sehe, ich werde langsam müde, alt, und dann, irgendwann, werde ich dorthin zurückkehren."