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Das "Bauhaus", die berühmte Kunst-, Design- und Architekturschule hat ihren Ursprung im Deutschland der Weimarer Republik hat. Die Bauhaus-Architektur steht vielerorts unter Denkmalschutz; die Bauhaus-Bauten in Bernau, Weimar und Dessau sind UNESCO-Welterbe. Mit Blick auf das 100. Jubiläum des Bauhaus-Standorts Dessau hat die AfD im Landtag von Sachsen-Anhalt einen Antrag eingebracht, der das Bauhaus als "Irrweg der Moderne" bezeichnet. Es könnte der Anfang eines neuen Kulturkampfs sein, der schon sehr alt ist.
Das nächste Bauhaus-Jubiläum steht bevor. Von einer Nazi-Rechts-Regierung aus Weimar vertrieben, zog die Kunstschule vor 100 Jahren ins sozialdemokratische Dessau, bevor sie dann in Berlin geschlossen wurde. Walter Gropius entwarf in Dessau das Schulgebäude. Hier wurde das Bauhaus zur Weltmarke der Moderne - Ihre Bauten sind Weltkulturerbe.
Konträr dagegen stellte sich vor kurzem ein AfD-Antrag im Landtag von Sachsen-Anhalt: Das Bauhaus hätte als "Irrtum der Moderne" eine "globalistische Uniformität" erzeugt.
Hans-Thomas Tillschneider, Landtagsabgeordneter AfD
"Nur weil das Bauhaus im Nationalsozialismus verfolgt wurde, kann es doch nicht sein, dass es nicht mehr kritisiert werden darf und dass es gewissermaßen sakrosankt ist, unantastbar, das kann doch nicht sein. Wir leben im Hier und Heute und wollen uns diese Fesseln der Vergangenheit nicht mehr anlegen lassen."
Philipp Oswalt, Direktor Stiftung Bauhaus Dessau 2009-2014
"Dass rechtsradikale Kreise sich da positionieren, ist erst einmal nicht überraschend. Das Bauhaus war für Rechtsradikale schon in der Weimarer Republik ein rotes Tuch, von Anfang an, das zieht sich durch bis zur Schließung."
Bis zur Vertreibung aus Dessau 1932 durch die NSDAP blieben sieben Jahre. Grundprinzip war weiterhin die komplexe Ausbildung vom Material aus. Die Schule war geprägt von sehr verschiedenen Meistern, Künstlern von Weltrang. Ziel war, Werkstatt, Kunst und Technik zu vereinen, was in dem AfD-Antrag in Unkenntnis oder bewusst glattgebügelt wird.
Hans-Thomas Tillschneider, Landtagsabgeordneter AfD
"Leitidee des Bauhauses war der Bruch mit allen existierenden Bautraditionen, die Abwendung vom Handwerk, die industrielle Fertigung von Bauteilen und damit verbunden das sogenannte modularisierte Bauen, also die Zusammensetzung von Häusern aus Fertigteilen."
Anke Blümm, Bauhaus-Museum Weimar
"Also, das Bauhaus war angetreten, damit dass jeder Bauhaus-Student ein Handwerk lernen sollte. Man hat also im Gegenteil das Handwerk sehr hochgehalten. Und auch noch in Dessau hat das eine große Rolle gespielt, selbst wenn man hier stärker die Zusammenarbeit mit der Industrie befördert hat."
Ziel des Antrags ist die Diskreditierung der Moderne an sich. Das Bauhaus wird für alles industrielle Bauen verantwortlich gemacht. Der soziale Gewinn wird geleugnet, ebenso wie die Selbstkritik: Großsiedlungen, wie die Gropius-Stadt in Berlin sind längst als problematisch erkannt. Stattdessen wird behauptet, eine "globalistische" Bauhaus-Ideologie sei daran schuld.
Hans-Thomas Tillschneider, Landtagsabgeordneter AfD
"Das Bauhaus wollte ja ganz bewusst nicht deutsch sein, es hat auch die Begriffe Heimat und Tradition verflucht, da gibt’s ganz schlimme Texte, ja, schmeißen wir das weg, vergiftete Begriffe, wollte damit abschneiden, und international sein. Die Entortung des Menschen war erklärtes Programm und ebenso die Aufhebung von Individualität zugunsten der amorphen Masse."
Amorphe Masse? Am Bauhaus?
Hans-Thomas Tillschneider, Landtagsabgeordneter AfD
Das Bauhaus suchte unverhohlen Anschluss an sozialistische und kommunistische Vorstellungen, und verstand seine Entwürfe als Beitrag zu einer neuen Wohnkultur für eine klassenlose Gesellschaft.
Anke Blümm, Bauhaus-Museum Weimar
"Das Bauhaus wird reduziert auf eine rein linkspolitisch gerichtete Haltung und die Ästhetik des Bauhauses ist damit auch politisch links und alle die traditionell bauen sind somit rechts. Das ist die einfache Lösung, die einfache Gleichung, die aber viel zu simplifiziert ist."
Die Verbindung von Kunst und Technik war das Programm von Bauhaus-Direktor Walter Gropius – ein Architekt des Bürgertums, der auf sein Renommee achtete, nicht auf Ideologie. Alternative zum "Irrweg der Moderne des Bauhauses" sollen nach dem Antrag der AfD ältere Vorbilder sein.
Hans-Thomas Tillschneider, Landtagsabgeordneter AfD
"Zu nennen wäre etwa die sogenannte "um-1800-Bewegung", die sich an dem Baustil orientierte, der um das Jahr 1800 gepflegt wurde. Mit dem – neenee, ich gebe schon ein Beispiel – mit dem 1802 eröffneten Goethe-Theater in Bad Lauchstädt hat Sachsen-Anhalt ein Bauwerk, das diesem Stil vollumfänglich entspricht."
Was wiederum nur kurios scheint, ist allerdings politische Offenbarung: Hat die AfD abgeschrieben? Denn die gleiche retrospektive Architektur empfahl schon die NSDAP, als sie sich im schon älteren Dächerkrieg gegen die "kommunistischen" Moderne-Dächer positionierte.
Anke Blümm, Bauhaus-Museum Weimar
"Es sind 1:1 Argumente, wie sie schon damals von den Nationalsozialisten gebracht wurden, also an jedem Haus ein Steildach propagiert wurde, und das verband man mit Gemütlichkeit und Behaglichkeit."
Die AfD diffamiert das Bauhaus als links-modernes Feindbild, um das "moderne Denken" als Slogan des Landes zu kritisieren. Und: Bauhaus ist wieder ein Mittel im politischen Kampf.
Anke Blümm, Bauhaus-Museum Weimar
"1931 hat die NSDAP Wahlkampf mit dem Bauhausgebäude in Dessau gemacht und hat versprochen, es abreißen zu lassen nach der Wahl. Das ist nun nicht passiert, sondern es sind sofort Nazi-Institutionen eingezogen und haben die hellen schönen neuen Räumlichkeiten sehr zu schätzen gewusst."
Der Antrag ist fachlich falsch und verfälscht demagogisch. Er wurde natürlich abgelehnt.
Autoren: Meinhard Michael, Tom Fugmann