Interview l Gesund durch die Nacht - Abendessen: Wie Nahrung Schlaf beeinflusst
Guter Schlaf hängt auch von der Ernährung ab, denn hat der Körper zu viel mit der Verdauung zu tun, liegt Erholung fern - fatal vor allem für das Gehirn. Welche Lebensmittel abends gut tun und was den Körper belastet, hat rbb-Praxis mit Ernährungsberaterin Edda Schick-Lang besprochen.
Es gibt Menschen, die können abends noch eine Kohlroulade mit Klößen essen und schlafen seelig. Andere vertragen nicht mal ein belegtes Brot – woran liegt das?
Die Menschen sind unterschiedlich und somit kann sich auch das Essverhalten unterschiedlich auf den Schlaf auswirken. Auch hier gilt: Was dem einen gut tut, raubt dem anderen den Schlaf.
Wie beeinflusst die Nahrung unseren Schlaf?
Man kann das grob unterteilen in:
1. den Zeitpunkt, also den Abstand zwischen Nahrungsaufnahme und Schlaf,
2. wie anspruchsvoll die Nahrung für unseren Verdauungsapparat ist und
3. ob ich durch die Nahrung das Schlafhormon Melantonin oder dessen Grundbaustein, die Aminosäure Tryptophan, zu mir nehme.
Welche Rolle spielt die Uhrzeit bei der Mahlzeit?
Wer kurz vor dem Schlafengehen eine üppige Mahlzeit verschlingt, hat schlechte Karten für einen erholsamen Schlaf. Die Verdauungsarbeit wird nicht im Schlaf erledigt und wird einen damit noch ein wenig wachhalten. Denn der Stoffwechsel wird zunächst hochgefahren, Hormone, aber auch Insulin werden ausgeschüttet, die die Produktion des Schlafhormons verzögern.
Wer ganz sicher gehen möchte, dass einem die Verdauungsarbeit beim Schlafen nicht in die Quere kommt, sollte vier Stunden vor dem zu Bettgehen mit dem Essen fertig sein. Bei leichter Kost könnten auch zwei Stunden ausreichend sein.
Aber auch hungrig sollte das Bett nicht aufgesucht werden, denn auch ein knurrender Magen erschwert das Einschlafen. Hier können zum Beispiel ein paar Mandeln oder Nüsse helfen. Sie verfügen zudem über die Aminosäure Tryptophan, woraus der Körper das Schlafhormon Melantonin herstellen kann.
Wie sieht eine ideale Abendmahlzeit aus?
Das ist eine Mahlzeit, die sättigend, bekömmlich und leicht zu verdauen ist. Also gegartes Gemüse mit ein wenig Eiweiß, also Fisch, Fleisch, Soja oder Quark zum Beispiel.
Beim Gemüse sollte man darauf achten, dass es leicht verdaulich ist, nicht bläht und auch sonst nicht zu viele Ansprüche an den Verdauungsapparat stellt, wie zum Beispiel Paprika. Schmeckt lecker, aber die Haut stellt für viele Verdauungsapparate eine echte Herausforderung dar.
Was sollte man abends nicht essen?
Neben fettem Fleisch und den erwähnten schwer verdaulichen Gemüsesorten, nicht zu viel von den leicht verwertbaren Kohlenhydraten, wie Nudeln, Reis, Kartoffeln oder zuckerreiche Nachtische. Abends kann der Körper nicht so gut leichtverwertbare Kohlenhydrate, also Zucker, speichern. Der Insulinspiegel steigt, der Stoffwechsel wird für eine Weile nach oben gefahren - unterm Strich haben sie zu viel Energie und die Produktion des Schlafhormons Melantonin wird herausgezögert.
Wie sieht es mit Süßigkeiten am Abend aus?
Danach ist man fit und der Stoffwechsel wird aktiv. Die neue Energie möchte der Körper eigentlich loswerden. Schlaf ist dann nicht gefragt.
Was wäre dann abends mit einer heißen Milch mit Honig?
Da geht es eher ums Ritual. Wissenschaftlich konnte eine schlaffördernde Wirkung von Milch nicht nachgewiesen werden. Im Milcheiweiß kommt zwar die Aminosäure Tryptophan - der Baustein des Schlafhormons - vor, aber leider in so geringer Konzentration, dass das nicht ausreichend ist, um schneller einschlafen zu können.
Wem eine heiße Milch mit Honig am Abend beim Einschlafen hilft, dann nicht wegen der Inhaltsstoffe.
Welche Nahrungsmittel sind denn schlaffördernd?
Alle, die viel Melatonin enthalten. Cranberries sind da ganz oben auf der Liste, auch in vielen Pilzsorten ist das Hormon enthalten.
Bei jüngeren Menschen hat es allerdings nicht ganz so viel Wirkung, wenn sie Melatonin zu sich nehmen, weil es schneller in der Leber abgebaut wird. Bei Menschen ab 55 ist es eher ratsam, solche einschlaffördernden Lebensmittel zu sich zu nehme, denn sie bauen das Melatonin nicht so schnell ab.
Auch Lebensmittel, die den Eiweißbaustein - die Aminosäure Tryptophan beinhalten - sind schlaffördernd. Denn aus ihr kann der Körper im Zwischenhirn das Schlafhormon selber herstellen. Tryptophanreich sind zum Beispiel Käse, Fleisch, Nüsse und Eier. Ganz nebenbei wird aus Tryptophan das Glückshormon Serotonin hergestellt.
Wie sieht es mit Alkohol aus?
Alkohol hat erst mal eine einschlaffördernde Wirkung. Das Problem ist, wenn der Alkohol in der Leber entgiftet wird, wird das Stresshormon Cortisol hergestellt. Und wer Stress hat, läuft auf Hochtouren und kann nicht entspannt schlafen. Der Hopfen an sich hat eine Wirkung wie Melatonin, ist also schlaffördernd. Ein Alkoholfreies kann man abends darum gut trinken.
Frau Schick-Lang, danke für das Gespräch.
Das Interview führte Laura Will