Mediterran kochen - auf deutsche Art - Essen wie im Urlaub
Eine Göttinger Studie zeigt, dass mediterrane Küche auch Deutschen beim Abnehmen hilft. Dafür sollte sie allerdings den hiesigen Essgewohnheiten angepasst sein.
Fisch, Getreide, Gemüse, Obst, Kräuter und Olivenöl – das sind die Zutaten der viel gerühmten Mittelmeerküche. Wissenschaftler des Instituts für Ernährungspsychologie (IfE) an der Universitätsmedizin Göttingen wollten jetzt wissen, ob sich der Speiseplan auch stärker an deutsche Ernährungsgewohnheiten anpassen lässt – wenn man dabei die Grundregeln der Mittelmeerküche beachtet. "Je mehr ein Ernährungsregime von den örtlichen Ernährungsgewohnheiten abweicht, umso größer ist das Risiko, dass die Diät nicht durchgehalten wird", erklärt Institutsleiter Thomas Ellrott das Vorgehen. Für die Göttinger Studie ernährten sich die 100 Teilnehmer zwölf Wochen lang nach einer speziellen, an deutsche Vorlieben angepassten mediterranen Kost.
Der durchschnittliche BMI der Probanden lag bei 31 – und damit deutlich über dem Normalwert von 25. Aktuelle Zahlen des Robert-Koch-Instituts (RKI) zeigen, dass zwei Drittel der Männer und jede zweite Frau hierzulande zu dick sind. Die Gründe dafür sind zahlreich: zu wenig Bewegung, Frustessen bei Stress im Job, das Alter, in dem der Körper weniger Energie braucht, eine To-go-Gesellschaft mit kulinarischen Verführungen an jeder Ecke. Einer Forsa-Umfrage im Auftrag der Techniker Krankenkasse (TK) zufolge haben jede zweite Frau und jeder vierte Mann schon einmal versucht, mit einer kurzfristigen Diät abzunehmen, viele auch mehrfach. "Tatsächlich ist eine Diät zur Gewichtsreduktion im Vergleich zu einer gesteigerten körperlichen Aktivität effektiver", so Ellrott.
Die meisten übergewichtigen Deutschen wünschen sich, deutlich weniger zu wiegen. Dafür sollten sie, so die Empfehlung der aktuellen Leitlinie zur Adipositas-Behandlung, täglich 500 Kalorien weniger essen. Das entspricht einer Tafel Schokolade oder zwei belegten Brötchen. Wer Kalorien sparen will, sollte vor allem weniger Fett und Kohlenhydrate zu sich nehmen; im besten Falle reduziert er sogar beide Nährstoffe. Dass die Mittelmeerkost ähnlich gut wie eine fettreduzierte oder kohlenhydratarme Kost wirkt, hat unter anderem eine israelische Studie aus dem Jahr 2008 gezeigt. "Man kann mit der mediterranen Kost trotz des relativ hohen Fettgehaltes tatsächlich abnehmen", bestätigt auch Ellott. Darüber hinaus hat eine mediterrane Kost wahrscheinlich einen besonderen Schutzeffekt vor Herz-Kreislauferkrankungen und manchen Krebserkrankungen.
Trotz der vielen positiven Daten bleibt ein Problem. Wir Deutschen essen ganz anders als unsere südeuropäischen Nachbarn: Butter statt Olivenöl, Wurst statt Fisch, dazu weniger Gemüse und Nüsse. Deshalb ersetzten die Göttinger Forscher in ihrer Studie Olivenöl durch Rapsöl. Zudem verwendeten die Probanden Albaöl, ein Rapsöl mit Buttergeschmack, Walnussöl und Walnüsse – alles hochwertige Fette, die – wie die originale Mittelmeerdiät auch – viele gesunde ungesättigte Fettsäuren enthalten. Die Wissenschaftler planten auch süße Snacks wie kleine Schokoriegel oder karamelisierte Walnüsse als Zwischenmahlzeiten ein. "Wer beim Abnehmen auf alles verzichtet, was gut schmeckt, hat ein erhöhtes Risiko für Fressattacken und Essstörungen", erklärt Ernährungspsychologe Ellrott. Rigide Verbote seien daher kontraproduktiv. Nach den drei Monaten hatten die Studienteilnehmer etwa 1.300 Kalorien täglich im Schnitt 5,2 Kilo verloren. Die deutsche Variante der Mittelmeerdiät funktioniert also, so das Fazit aus Göttingen. Mit einem zusätzlichen Coaching, das Bewegungspgrogramme und Verhaltensmodifikationen beinhaltet, glaubt Ellrott, ließe sich das Ergebnis sogar noch mal um 50 bis 80 Prozent steigern.