Montage - Symbolbild Lektine. Salat, Nüsse und Tomaten (Quelle: imago/CHROMORANGE/STTP/Rüdiger Wölk)
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Wie gefährlich sind Lektine? - Lektine - Gefahr im Gemüse?

Gemüse gilt weithin als kalorienarm, nährstoffreich und gesund. Doch Empfehlungen des US-amerikanischen Arztes Steven R. Gundry stellen das gerade in Frage. In seinem Buch "The Plant Paradox" weist er auf die Gefahren von Lektinen hin und rät dazu, Tomaten und Salat zu meiden. Wissenschaftler diskutieren kontrovers. Wie gefährlich sind Lektine wirklich?

Machen uns Tomaten, Hülsenfrüchte, Auberginen oder Salat krank? Geht es nach dem US-Arzt Steven Gundry, dann ja. Denn Gundry ist der Überzeugung, dass der Pflanzenwirkstoff Lektin dick macht, zu Verdauungs- und Hautproblemen führt. Und diese Lektine stecken natürlicherweise in vielen Lebensmitteln, die gemeinhin als gesund gelten.

Bei Lektinen handelt es sich um eine besondere Form von Proteinen. Ihre vielleicht wesentlichste Eigenschaft: Bindung. Sie können Kohlenhydratstrukturen binden und so eine Art "Klebstoffreaktion" hervorrufen - das hat positive wie negative Folgen.
 
Eine schädliche Wirkung sagen Wissenschaftler den Lektinen in rohen Bohnen zu. Schon der Verzehr einer kleinen Menge roher Bohnen kann dazu führen, durch die "Klebstoffreaktion" Blut zu verklumpen. Da die meisten Lektine jedoch sehr hitzeempfindlich sind, verändern sie beim Kochen ihre Struktur und werden ungefährlich.

Schutz vor Fressfeinden

Prinzipiell bilden Pflanzen Lektine, um sich vor Fressfeinden zu schützen: Schon nach dem Verzehr einer geringen Dosis beginnen Symptome wie Magenschmerzen oder Sodbrennen. Aber nicht nur in Pflanzen, sondern auch in tierischen Produkten wie Eiern oder Milch kommen Lektine in geringen Mengen vor. Die meisten Lektine gelten aber für Menschen seit Jahrzehnten als unbedenklich.
 
Trotzdem kommt der amerikanische Arzt Steven R. Gundry in seinem neuen Buch "The Plant Paradox" zu dem Schluss, lektinhaltige Nahrungsmittel grundsätzlich als giftig vom Speiseplan zu verbannen. Wieso?

Gefahr durch Lektine?

Steven R. Gundry hat in Yale Medizin studiert und arbeitete jahrelang als Chirurg an amerikanischen Kliniken, bis er 2001 auf einen übergewichtigen und chronisch kranken Patienten getroffen sein soll. Durch eine spezielle Ernährung ist es ihm gelungen, das Risiko für Herz-Kreislauferkrankung zu reduzieren. Gundry ging dem unter anderem in Selbstversuchen und Patientengruppen nach. In seinem neuen Buch vertritt Gundry nun die These, dass Lektine eine Art biochemischen Kriegszustand im Körper auslösen, der im schlimmsten Fall auch zu Krebs, neurologischen Erkrankungen wie Parkinson, aber vor allem zu Übergewicht und Herz-Kreislauferkrankungen führen und Entzündungen und Auto-Immunerkrankungen begünstigen.
 
Deshalb empfiehlt Gundry in seinem Buch eine Diät, die Gemüsesorten wie Tomaten, Auberginen, Kürbis und Salat oder Nüsse vom Speiseplan verbannt. Eine detaillierte wissenschaftliche Publikation zu seinen Ergebnissen gibt es bislang nicht.

Gegen die These Gundrys, Lektine-enthaltene Lebensmittel prinzipiell als gefährlich einzustufen, stehen etliche solide Studien. Sie bringen die genannten Gemüsearten teilweise sogar mit mit gesundheitsfördernden Eigenschaften in Verbindung: zum Beispiel einer gesunden Gewichtsreduktion, der Risikominderung für  Herz-Kreislauferkrankungen oder im Kampf gegen Diabetes.

Der Beweis der Gefahr fehlt

Lektine sind in der Ernährungswissenschaft und Biochemie lange bekannt und gut erforscht - daher stammen beispielsweise auch die Erkenntnisse über die Gefahr durch den Verzehr von rohen Bohnen.

Am Ende gibt die klare Mehrheit der Wissenschaftler Entwarnung. Auch die Wissenschaftlerin der britischen Ernährungsgesellschaft BDA, Megan Rossi, betont in einem Times-Interview: Für die meisten Menschen sind viele Lektine gänzlich harmlos. Bei einigen wenigen könnten Lektine allerdings zu ähnlichen Reaktionen führen wie es etwa bei einer Glutenunverträglichkeit der Fall ist: Verdauungsprobleme und Blähungen.

Alltägliche Pflanzengifte

Klar ist: Viele Pflanzen bilden zur Abwehr von Fressfeinden Giftstoffe, die diesen die Mahlzeit madig machen sollen. Bekannte Beispiele sind Nachtschattengewächse wie Tomaten oder Kartoffeln, deren grüne Stellen man aus diesem Grund meiden sollte.
 
In der Tat können zum Beispiel auch Kürbipsflanzen wie die Zucchini giftige Bitterstoffe bilden. Die stellen dann unter Umständen vor allem für Menschen mit geschwächtem Immunsystem und Kinder eine Gefahr dar. Doch auch hier gibt es Einschränkungen: Denn beim Gemüse aus dem Handel ist die Eigenschaft der Pflanzen, diese Bitterstoffe zu produzieren, meist weggezüchtet worden. Und: Wie der Name "Bitterstoff" schon erkennen lässt, sind diese Gifte leicht am Geschmack zu erkennen – außerdem gilt auch hier, dass sie beim Kochen harmlos gemacht werden.

Den verbleibenden Risiken stehen am Ende wichtige Nährstoffe gegenüber. Hinzu kommt, dass das Gemüse fett- und zuckerarm und damit deutlich gesünder als etwa industriell hergestellte Lebensmittel ist – und das wiederum ist vielfach wissenschaftlich nachgewiesen.

Beitrag von Lucia Hennerici

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