Reisemedizin - Gesund beim Urlaub am Meer
In den grauen Wintermonaten erwacht bei Millionen Menschen die Lust auf Meer. Allein 37 Prozent der Reisen ins Ausland führten deutsche Touristen 2016 ans Mittelmeer. Auch Asien und die Karibik sind beliebt. Meerwasser kann der Gesundheit gut tun. Doch es lauern auch Gefahren im und am Wasser. Die rbb Praxis informiert
Die Sehnsucht nach dem Meer ist bei deutschen Touristen ungebrochen: Laut Zahlen des Deutschen Reiseverbandes zog es 2016 allein 37 Prozent der Reisenden ans Mittelmeer. Auch das Urlaubsbarometer 2017, eine jährlich erscheinende Studie zum Reiseverhalten bescheinigte im Vorjahr: 64 der Reisenden aus Deutschland wollen im Sommer ans Meer. Und gerade in den kalten Monaten beginnen die Planungen und Vorbereitungen – so manch einer verlegt den Sommerurlaub auch nach vorne.
Sonne, Wind und Meer haben viele positive Wirkungen auf die Gesundheit: zerstäubtes Meerwasser in der Luft beispielsweise löst Schleim in den Atemwegen. Auch die positive Wirkung von Salzwasser für Neurodermitispatienten ist schon lange gut untersucht und in Studien nachgewiesen. Doch der Urlaub am Meer birgt auch gesundheitliche Gefahren: Plastik und Keime im Meerwasser zum Beispiel, aber auch die erhöhte UVB-Strahlung am Strand.
Gutes Meerwasser, schlechtes Meerwasser
Eine Brise Meerluft, Salzgeschmack im Mund – das ist für viele Reisende auch der Geschmack von Urlaub. Der Grund ist maritimes Aerosol – durch das Brechen der Wellen werden feinste Salzwassertröpfchen in die Luft geschleudert. Mit der Atemluft kann es in den Nasen-Rachenraum und bis in die Lungenbläschen vordringen. Je näher man an der Brandung steht, desto höher der Salzgehalt. Das Aerosol fördert eine tiefere Atmung, kann Nasennebenhöhlenentzündungen lindern oder bei chronischer Bronchitis helfen. Allergikern kommt zu Gute, dass die Luft am Meer meist arm an Pollen ist.
Doch das Salzwasser birgt auch Gefahren, insbesondere dann, wenn man es schluckt: So hat Beispielsweise eine Studie von der University of Exeter nachgewiesen, dass Surfer mit dem Meerwasser an britischen Küsten besonders viele antibiotikaresistente Keime aufnahmen. Auch im Meerwasser sind die weltweit verbreiteten Escherichia-Coli-Bakterien zu finden. In Wasserproben für die Studie an englischen und walisischen Küsten fanden die Forscher dabei auffällige Resistenzen gegen Cephalosporine, eine wichtige Gruppe von Breitbandantibiotika. Resistente, also schwer zu behandelnde Keime, gelangen z.B. über Flüsse und Bäche ins Meer – auch aus Deutschland, wie eine Recherche des NDR im Februar 2018 zu Tage fördert.
Sonne am Strand – heilsam und gefährlich
Mediziner nennen es Reizklima – die Mischung aus Wind, Sonne und Wasser, die den Körper einerseits fordert, andererseits heilsame Effekte auslöst, wie die oben beschriebene Wirkung des Aerosols durch die Meeresluft. Zwei Seiten hat jedoch auch die Sonne auf der Haut am Strand: einerseits braucht der Körper das Licht, um Vitamin D bilden zu können – das beeinflusst die Immunabwehr des Körpers positiv. Außerdem wird durch die UV-Strahlung auch das körpereigene Hormon Kortisol vermehrt freigesetzt. Umgangssprachlich wird es manchmal „Stresshormon“ genannt, tatsächlich aktiviert es Stoffwechselvorgänge im Körper, dämpft aber eher das Immunsystem. Davon können besonders Allergiker profitieren. Auch Entzündungen werden so gehemmt.
Das zu viel an Sonne birgt allerdings zuerst die Gefahr eines Sonnenbrandes, später die einer Hautkrebserkrankung. Die erhöhte UVB-Strahlung am Strand und direkt an der Küste spielt dabei eine besondere Rolle: denn gerade UVB-Strahlen dringen in die tiefen Hautschichten ein und können auf Dauer die Zellen dort schädigen, genauer die DNS der Zellen.
Nicht von der Brise täuschen lassen
Wasser und Strand wirken zusätzlich zur direkten Sonnenstrahlung als Reflektoren und eine kühle Brise vom Wasser her täuscht oft darüber hinweg, wie viel Sonne die Haut schon abbekommen hat, warnen Experten wie Dr. Kauer, Referentin des CRM Centrum für Reisemedizin: "Sonnenschutz ist Pflicht – bei Reisen ans Meer umso mehr! Ideal ist es, wenn Reisende ihren eigenen Hauttyp kennen und ihr Verhalten darauf abstimmen – auch dabei hilft eine Beratung durch einen Reisemediziner."
Keime im Sand
Aber auch am Strand ist es nicht ungefährlich: Wissenschaftler der University of Hawaii haben 2015 eine Studie veröffentlich, nach der im Sandstrand etwa 100 Mal mehr Bakterien nachweisbar sind, als im Meerwassser. In einer Laborstudie konnten die Forscher zeigen, dass viele Bakterien durch den Sand tendenziell geschützt werden, beispielsweise vor Sonneneinstrahlung. Die meisten Bakterien im Versuch überlebten daher länger, als im Meerwasser. Eine Ausnahme bildeten E. coli-Bakterien.
Infektionsrisiko Kreuzfahrt
Auch der Urlaub auf dem Meer boomt: Kreuzfahrtreisen. Von 2010 bis 2016 hat sich laut Daten des Deutschen Reiseverbandes die Passagierzahl fast verdoppelt – auf 2,5 Millionen deutsche Kreuzfahrtreisende. Und auch auf der Internationalen Tourismusbörse Berlin (ITB) 2018 sind Kreuzfahrtreisen ein großes Thema. Neben Nutzen und Chancen eines Strandurlaubes kommen hier noch einige andere Gesundheitsaspekte hinzu, geben Reisemediziner zu bedenken. Einerseits ist zum Beispiel an Deck eines Kreuzfahrtschiffes die positive Aerosolwirkung der Seeluft sozusagen jederzeit gegeben.
Andererseits verbreiten sich auf Kreuzfahrtschiffen auch Krankheiten tendenziell schneller, da die Reisenden mehr Zeit an einem Ort – dem Schiff - verbringen. Zu den besonderen Risiken gehören auf Kreuzfahrten Durchfall- und Grippeausbrüche. In den vergangenen Jahren kam es immer wieder dazu, allein 2012 traf es drei Schiffe, Folge: 700 Infizierte.
Wichtiger Impfschutz
Gerade die ganz kleinen Reisenden, ältere Menschen und solche mit Immunschwächen sollten vor dem Urlaub – nicht nur auf dem Kreuzfahrtschiff – ihren Impfstatus überprüfen und gegebenenfalls auffrischen, raten Experten des Centrums für Reisemedizin. Allgemein betreffe das die Grundimpfungen: Tetanus, Diphtherie, Pertussis, Poliomayelitis und Masern. Bei Reisen ins Ausland seien in der Regel auch Impfungen gegen Hepatitis A & B und Typhus sinnvoll, so CRM-Experten. Weitere individuelle Schutzmaßnahmen passt man am besten auf das Reiseland an – z.B. im vorbereitenden Beratungsgespräch mit einem Reisemediziner.
Nicht vor allem kann eine Impfung derzeit schützen: An Impfstoffen gegen Zika (vor allem in Mittel- und Südamerika und Afrika), dem Chikungunya-Fieber (vor allem in Regionen der Subtropen und Tropen, 2007 auch Italien), Ebola (Afrika), West Nil-Fieber (Amerika, Asien, Mitteleuropa, Afrika), Noroviren und andere Erreger wird gearbeitet. Auch einen effektiven Impfstoff gegen Dengue-Fieber (Mittel- und Südamerika, Südost-Asien, Karibik, Afrika) gibt es zur Zeit noch nicht. Im besten Fall allerdings hat eine Impfung nicht nur für die Reise selbst Vorteile: Für ältere Menschen und solche mit chronischen Leiden dürfte es besonders interessant sein, dass noch in der ersten Jahreshälfte 2018 ein neuer Totimpfstoff gegen Herpes Zoster, also die Gürtelrose in Deutschland verfügbar sein soll.