Gefahren des Zika-Virus in Rio de Janeiro - Tigermücke auf Olympia-Kurs?
Zu den Olympischen Spielen dreht sich zurzeit vieles um die Vernichtung der ägyptischen Tigermücke. Sie überträgt das Zika-Virus, das vor allem für ungeborene Kinder gefährlich werden kann. Doch auch Sportler haben ihre Teilnahme an den Spielen aus Angst vor Ansteckung schon abgesagt.
Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist der Zika-Krankheitserreger inzwischen in fast 60 Ländern aktiv, hauptsächlich in Mittel- und Südamerika, aber auch in Asien und dem tropischen Afrika. Aus Angst vor einer weiteren Verbreitung des Zika-Virus haben Mitte Juni 150 Ärzte und Wissenschaftler aus der ganzen Welt einen offenen Brief an die WHO gerichtet, indem sie forderten, die Olympischen Spiele zu verlegen. Die Spiele wie geplant auszutragen wäre "unverantwortlich" und "unethisch", so der Wortlaut. Die Stadt erwarte eine halbe Million Besucher, die sich mit dem Zika- Virus anstecken und es nach ihrer Rückkehr in ihren Heimatländern verbreiten könnten.
Daraufhin wurde ein Notfallkomitee der Weltgesundheitsorganisation aufgefordert, die Lage in Rio de Janeiro erneut einzuschätzen. Die Experten kamen zu dem Schluss, dass es zu keiner erhöhten Verbreitung von Zika durch die Besucher kommen werde, zumal im August Winter in Brasilien herrscht und die Zahl der Mücken schon jetzt deutlich zurückgegangen sei. Lediglich Schwangeren wird davon abgeraten, in die betroffenen Gebiete zu reisen. Dennoch haben verschiedene Sportler, darunter der Golf-Star Jason Day, der US-Radprofi Tejay van Garderen und der Tennisprofi Tomas Berdych ihre Teilnahme an den Olympischen Spielen abgesagt.
Mückenschutzmittel, lange Kleidung und kühle Orte
Anders als die Malaria übertragende Anopheles Mücke, die vor allem in der Dämmerung und nachts aktiv ist, sticht die ägyptische Tigermücke tagsüber – angelockt vom Kohlendioxid der menschlichen Atemluft und dem Schweiß der Menschen. Das Zika-Virus wird sowohl über Mücken als auch von Mensch zu Mensch übertragen. Daher gilt es, Stiche zu vermeiden, etwa durch chemische Mückenschutzmittel (Repellentien) und entsprechende Kleidung.
Sportlern wird zudem geraten, außerhalb des Wettkampfs möglichst in klimatisierten Räumen zu bleiben und Gegenden zu meiden, in denen vermehrt Tigermücken auftreten können. Zudem sollten sie ungeschützten Geschlechtsverkehr vermeiden, da inzwischen erwiesen ist, dass Zika sexuell übertragbar ist.
Folgen einer Zika-Infektion
Normalerweise verläuft eine Zika-Infektion bei gesunden Erwachsenen ohne Symptome oder mit leichten grippeähnlichen Beschwerden. So hat der jamaikanische Läufer Kemar Bailey-Cole im Juni berichtet, dass er an Zika erkrankt sei, was er an einer Schwellung im Nacken und Muskelkater ähnlichen Schmerzen festgestellt habe. In seltenen Fällen erkranken Menschen, die sich mit dem Zika-Virus angesteckt haben, an dem Guillain-Barré Syndrom. Ungeborene Kinder von infizierten Schwangeren, haben ein erhöhtes Risiko mit Schädelfehlbildungen (Mikrozephalie) und damit verbundenen geistigen Einschränkungen auf die Welt zu kommen.
Einen ersten europäischen Fall gibt es seit dem 25. Juli im spanischen Barcelona. Dort ist ein Kind mit Schädel- und anderen Fehlbildungen zur Welt gekommen. Das Zika-Virus ist zwar vor fast 70 Jahren zum ersten Mal in Uganda identifiziert worden. Doch vor allem seit dem Ausbruch in Südamerika wird immer mehr über das Virus bekannt. So wird aktuell von einem Fall in den USA berichtet, bei dem höchstwahrscheinlich eine Frau ihren Mann mit dem Zika-Erreger angesteckt hat. Bislang war nur von einer Ansteckung von Mann zu Frau die Rede.
Mückenbekämpfung: das Übel an der Wurzel packen
Bilder von Menschen in weißen Schutzanzügen, die mit Insektenschutzmitteln durch südamerikanische Städte ziehen, sind bekannt. Weniger bekannt sind Ansätze, die versuchen, das Übel an der Wurzel zu fassen, sprich an der Mücke als Überträger. Eine dieser Strategien besteht darin, Tigermücken mit Wolbachia-Bakterien zu infizieren, um die Übertragung des Zika-Virus zu verhindern. Mit dem Bakterium Wolbachia infizierte Mücken tragen weniger Teile des Zika-Virus in sich, sodass die Übertragung der Krankheit auf den Menschen erschwert wird.
Eine andere Strategie besteht darin, Mücken im Labor gentechnisch so zu verändern, dass sie sich zwar fortpflanzen können, ihre Larven aber an der Produktion eines Eiweißstoffes ersticken. In Feldversuchen auf den Cayman Inseln und in Panama, ist es gelungen die Mückenpopulation innerhalb weniger Monate um 90 Prozent zu dezimieren.
Dem Impfstoff auf der Spur
Zurzeit gibt es noch keine Impfung, die vor einer Infektion mit dem Zika-Virus schützen könnte. Allerdings haben europäische Forscher bei der Suche nach einem Impfstoff in menschlichen Zellkulturen Antikörper gefunden, die das Virus "neutralisieren" konnten. Die Zellkulturen waren von Menschen gewonnen worden, die zuvor am Denguefieber erkrankt waren. "Wir hätten nie gedacht, dass das Dengue-Virus und das Zika-Virus sich so sehr ähneln, dass gegen das Dengue-Virus gebildete Antikörper auch das Zika-Virus so wirksam neutralisieren können", erklärte Studien-Coautor Felix Rey vom französischen Pasteur-Institut.
Nun muss allerdings noch geklärt werden, ob das im Menschen auch so zuverlässig funktioniert wie in den Zellkulturen. Auch an der Harvard Medical School in Boston wurden zwei Impfstoffe gegen das Zika-Virus erfolgreich getestet – bislang allerdings nur an Mäusen. Studienleiter Dan Barouch ist optimistisch, mahnt aber im Fachmagazin "Nature", dass die Studienergebnisse nicht einfach auf den Menschen übertragbar seien.
Wissenschaftler der Universität Lübeck haben die DNA des Zika-Virus "geknackt" und damit die Grundlage dafür geschaffen, dass die Vermehrung des Virus blockiert werden kann. Das geschieht, indem ein Enzym, welches das Zika-Virus braucht, um sich zu vermehren, mit Borsäure lahmgelegt wird. Die Hoffnung ist, dass dieses Medikament auch vor der Infektion mit anderen Flaviviren wie Dengue und Gelbfieber schützen könnte. Der Wirkstoff soll Schwangeren und vorsorglich deren Kontaktpersonen verabreicht werden. Es wird aber noch Jahre dauern, bis ein solches Medikament auf dem Markt sein wird.