Europäisches Metastasenzentrum in Berlin eröffnet - Letzte Hoffnung für Tumorpatienten?
Es ist das Erste seiner Art in Deutschland und soll für Tumorpatienten, ihre Angehörigen und Ärzte eine Anlaufstelle sein, wenn nichts mehr zu helfen scheint: das Europäische Metastasenzentrum der Charité. Es bietet die Chance auf eine Zweitmeinung durch eine Gruppe unterschiedlicher Spezialisten. Wie das genau funktioniert - das hat die rbb Praxis den geschäftsführenden Oberarzt und Chirurgen Dr. Robert Öllinger gefragt.
Herr Dr. Öllinger, welche Ziele verfolgt das Europäische Metastasenzentrum der Charité?
In der Medizin hat sich vieles verändert in den letzten Jahren, technisch sowie in der Chirurgie. Aber auch in der Strahlentherapie, der Radiologie und der Onkologie gab es Veränderungen hinsichtlich der Chemotherapie. Heute kann man Krankheitsbilder behandeln, bei denen man früher gesagt hat, da kann man nichts mehr machen.
Für Patienten ist es natürlich schwierig das herauszufinden. Es besteht also ein großer Bedarf an der Zweitmeinung. Und das war unsere Motivation. Es gab in Deutschland bisher kein Zentrum dieser Art. Das Portal, das wir im Internet geschaffen haben, bildet die Eintrittspforte für Patienten aus Deutschland und dem europäischen Raum, um eine Meinung von uns einzuholen.
Konkret bieten Sie also individuelle Beratungen und Behandlungen für Patienten mit Metastasen an?
Genau. Wenn bei einem Tumorpatienten in den Verlaufskontrollen beispielsweise diagnostiziert wird, dass er Leber- oder Lungenmetastasen hat, dann stellt sich die Frage: Kann man da noch was machen? Denn für viele Patienten ist das nach wie vor ein Todesurteil. Auch viele Ärzte sagen, dass man bei Metastasen nichts machen kann. Ende des letzten Jahrhunderts hat man dann erst gesehen: Wenn man diese Tumore entfernt, kann man das Leben verlängern. Nicht nur um Monate, sondern um Jahre. Und wir haben unsere Tumorboards, in denen diese Patienten alle besprochen werden.
Der Kontakt zu Ihnen läuft über ein Onlineformular oder die Telefon-Hotline. Wie ist der konkrete Ablauf?
Das Onlineformular ist für Patienten, Angehörige und Ärzte gedacht. Und über dieses Onlineformular werden die Patienten zentral verwaltet. Wir kommunizieren dann mit den Patienten, telefonisch oder via Mail. Da filtern wir sozusagen vor. Bei der Großzahl der Fälle sagen wir dann: Da kann man wirklich nichts machen. Oder aber wir sagen: Bitte schicken Sie uns die Befunde, wir schauen uns das im Detail an. Und wenn es dann Sinn ergibt, holen wir den Patienten zu uns und machen eine weiterführende Diagnostik und dann die Therapie.
Wie steht es um die Kosten?
Der erste Kontakt ist natürlich kostenfrei. Das sind ja keine Patienten, die bei uns im System sind. Wenn es in Richtung Therapie geht, dann wird der Patient ganz normal durch seine Krankenversicherung abgerechnet und an der Charité behandelt.
Was sind Ihre Hoffnungen an das Zentrum in diesem ersten Jahr?
Ich kann jetzt nicht sagen: Ich hätte gerne 50 Patienten geholfen. Meine Motivation ist es, Patienten die Möglichkeit zu geben sich einer Behandlung zu unterziehen, die Sinn macht und wo andere vielleicht sagen würden: Da geht nichts mehr.
Der Informationsfluss ist wichtig, denn es gibt nicht viele Zentren, die therapeutisch so breit aufgestellt sind wie die Charité. Und man muss ganz offen sagen: Hier können nicht alle Menschen mit Metastasen geheilt werden. Wenn Metastasen bestehen, dann ist das in den meisten Fällen absolut kritisch. Aber: Die Medizin entwickelt sich weiter und wir sehen das Metastasenzentrum als eine Weiterentwicklung der Medizin. Es ist die Aufgabe einer Uniklinik und eines solchen Zentrums wie der Charité Forschung zu betreiben und die Dinge weiter zu sehen, als es in der standardisierten Medizin der Fall ist.
Vielen Dank für das Gespräch, Herr Öllinger.
Das Interview führte Lucia Hennerici.