Kurzzeitpflege und Verhinderungspflege: Was ist das? - Urlaub von der Pflege
Die Pflege eines Angehörigen ist für viele ein Vollzeitjob, der eine Menge Kraft kostet. Umso wichtiger ist es, dass pflegende Angehörige zwischendurch Pausen für die eigene Erholung haben. Oder in Übergangszeiten Unterstützung finden. Möglich macht das die so genannte Kurzzeitpflege.
Kurzzeitpflege immer in stationärer Einrichtung
Jedes Jahr haben Angehörige Anspruch auf maximal acht Wochen Kurzzeitpflege in einer vollstationären Pflegeeinrichtung. Nicht jedes Pflegeheim darf Kurzzeitpflege anbieten. Vielmehr gibt es in Berlin selbständige Einrichtungen, die Kurzzeitpflege leisten und mit den Pflegekassen abrechnen können. Informationen, welche Einrichtungen das sind, bekommt man bei der Pflegekasse oder auf bestimmten Portalen im Internet (siehe Infokasten). "In Brandenburg ist es anders, da gibt es vertraglich eingestreute Kurzzeitpflegeplätze in den Pflegeheimen", sagt Pflegeberaterin Wiebke Minowitz vom Pflegestützpunkt Steglitz-Zehlendorf am Teltower Damm. Den Antrag auf Kurzzeitpflege stellt man bei der Pflegekasse. Antragsteller ist der Pflegebedürftige, sofern er keinen Betreuer hat. "Die Ansprüche leiten sich immer vom Pflegebedürftigen ab, auch wenn der Angehörige es nutzen möchte", sagt Wiebke Minowitz. Der Nachweis, dass man als Angehöriger tatsächlich pflegt, erfolgt in der Regel über das Pflegegutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK), welcher die Einstufung in einen Pflegegrad vornimmt. In diesem Gutachten kann man sich als Pflegeperson aufnehmen lassen.
Anspruch auf Kurzzeitpflege
Kurzzeitpflege soll helfen, Krisensituationen zu überbrücken und Entlastung für pflegende Angehörige zu schaffen. Sie greift zum einen, wenn bereits ein Pflegegrad besteht oder wenn durch einen Krankenhausaufenthalt oder einen Unfall kurzfristig ein erhöhter Pflegebedarf besteht, der in der Häuslichkeit nicht geleistet werden kann. Ab einem Pflegegrad 2 besteht grundsätzlich der Anspruch auf Kurzzeitpflege. Ist noch kein Pflegegrad vorhanden, gibt es seit 2016 trotzdem die Möglichkeit zur Kurzzeitpflege. Diese wird dann aber von der Krankenkasse und nicht von der Pflegekasse bezahlt. Außerdem dient sie dann nur der Überbrückung von pflegerischen Engpässen und nicht der Entlastungspflege von Angehörigen. Solche Situationen können entstehen, wenn ein älterer Mensch nach einem Krankenhausaufenthalt nicht gleich wieder in seine häusliche Umgebung kann (Kurzzeitpflege nach Krankenhausaufenthalt). Oder wenn er nach einem Unfall kurzfristig professionell gepflegt werden muss (Kurzzeitpflege nach Unfall). Darüber hinaus greift die Kurzzeitpflege auch, wenn Pflegebedürftigkeit unerwartet auftritt und zunächst geklärt werden muss, wie der Angehörige dauerhaft gepflegt werden kann. Oder, wenn kurzfristig noch kein reguläres Pflegeheim einen Platz frei hat. Kurzzeitpflege zur Entlastung greift dann, wenn man als pflegender Angehöriger krank wird oder eine Reha-Maßnahme benötigt. Wenn der pflegende Angehörige Urlaub machen will, greift die Verhinderungspflege (siehe unten). Sind die Mittel aus der Verhinderungspflege erschöpft, bewilligen die Pflegekassen in der Regel aber auch Mittel aus der Kurzzeitpflege, um den Angehörigen eine "Auszeit" zu ermöglichen.
Finanzierung
Die Pflegekassen bezuschussen die im Rahmen einer Kurzzeitpflege anfallenden Pflegekosten mit einem Pauschalbetrag von 1612 Euro jährlich. Dieser Betrag wird ab dem Pflegegrad 2 gezahlt und gilt für alle Pflegegrade gleich. Allerdings berechnen die Kurzzeitpflegeheime für jeden Pflegegrad unterschiedlich, so dass ein höherer Pflegegrad die Pauschalsumme schneller verbraucht. Die Kosten für Unterkunft, Verpflegung sowie die Investitionskosten des Heims müssen aus eigener Tasche bezahlt werden. Hat der Pflegebedürftige diese finanziellen Mittel nicht, kann das Sozialamt einspringen oder Angehörige müssen diese Kosten übernehmen. Es besteht allerdings die Möglichkeit, die finanziellen Mittel für die Kurzzeitpflege aufzustocken. Und zwar, indem Leistungen aus der so genannten Verhinderungspflege auf die Kurzzeitpflege angerechnet werden. Die Verhinderungspflege ist eine weitere Leistung der Pflegekassen, um pflegende Angehörige zu entlasten. Sie wird für Leistungen gezahlt, die die häusliche Pflege erleichtern, wenn der pflegende Angehörige verhindert ist. Auch hierfür gibt es einen Pauschalbetrag von 1612 Euro für maximal sechs Wochen im Jahr. Dieser Betrag kann zum Beispiel eingesetzt werden, um einen Pflegedienst, aber auch Nachbarn oder Angehörige zu bezahlen, die dann die Pflege stundenweise übernehmen. Einen Anspruch auf Verhinderungspflege hat ein pflegender Angehöriger aber erst, wenn er mindestens sechs Monate gepflegt hat. Bei der Kurzzeitpflege besteht dieser Anspruch sofort. Wird die Verhinderungspflege zum Beispiel gar nicht genutzt, kann der daraus resultierende Betrag zu 100 Prozent auf die Kurzzeitpflege angerechnet werden. Daraus ergäbe sich ein Förderbetrag von 3224 Euro pro Jahr. Umgekehrt können auch ungenutzte Kurzzeitpflege-Zeiten auf die Verhinderungspflege angerechnet werden, allerdings nur bis zu 50 Prozent; das hieße, hier käme ein Maximalbetrag von 2418 Euro zusammen. Während der pflegebedürftige Angehörige in der Kurzzeitpflegeeinrichtung ist, wird weiterhin 50 Prozent des Pflegegeldes gezahlt und zwar bis zu acht Wochen lang.
Zusätzliche Finanzierungsmöglichkeiten
Auch für Angehörige, die nur einen Pflegegrad 1 haben, können Mittel aus der Pflegekasse genutzt werden, um Kurzzeitpflege zu finanzieren. Und zwar über die so genannten zusätzlichen Betreuungs- und Entlastungsleistungen. Dafür bekommt jeder Pflegebedürftige 125 Euro im Monat. Diese 125 Euro werden in der Regel für die psychosoziale Unterstützung genutzt, indem zum Beispiel jemand nach Hause kommt und mit den Pflegebedürftigen Spiele spielt, spazieren geht oder Hausarbeit übernimmt. Dieses Geld kann aber auch genutzt werden, um im Rahmen einer Kurzzeitpflege die Unterbringungskosten zu finanzieren. Angehörige müssen die Rechnungen nach Inanspruchnahme der Kurzzeitpflege bei der Pflegekasse einreichen und erhalten die Kosten in Höhe der "angesparten" Entlastungsleistungen zurück. Pflegeberaterin Wiebke Minowitz vom Pflegestützpunkt Steglitz-Zehlendorf weist aber auch noch auf eine andere Möglichkeit hin: "Die 125 Euro sind auch eine Möglichkeit, den Transport zur Kurzzeitpflege zu finanzieren, wenn ich meinen Angehörigen nicht selbst hinbringen kann."
Kurzzeitpflege und Verhinderungspflege
Die Verhinderungspflege eignet sich eher für kurzfristige "Auszeiten". Zum Beispiel, wenn pflegende Angehörige einen Arzttermin wahrnehmen oder regelmäßig zum Sport gehen wollen. Die Kurzzeitpflege ist dann sinnvoll, wenn Angehörige längere Zeiträume überbrücken müssen. "Es gibt keine Vorgabe von den Pflegekassen", sagt Wiebke Minowitz, "aber der Aufwand für zwei, drei Tage ist für eine Kurzzeitpflegeeinrichtung doch zu groß, aber eine Woche dürfte kein Problem sein." Das heißt, pflegende Angehörige können den Anspruch auf Kurzzeitpflege auch über das Jahr verteilen. Allerdings immer gesetzt den Fall, dass sie einen Platz in einer Einrichtung finden. Information und Beratung leisten die Pflegestützpunkte (siehe Infokasten), aber auch die Pflegekassen. Bei einer Kurzzeitpflege nach Krankenhausaufenthalt unterstützen die Sozialdienste der jeweiligen Krankenhäuser bei der Suche. Findet sich in Berlin keine Kurzzeitpflegeeinrichtung oder gibt es andere, zum Beispiel berufliche Gründe, weshalb eine Einrichtung in einem anderen Bundesland infrage kommt, ist das grundsätzlich auch möglich, so Pflegeberaterin Wiebke Minowitz. "Wenn sie eine Einrichtung finden, die eine Zulassung als Kurzzeitpflegeeinrichtung hat, müsste man das vorher mit der Pflegekasse klären." Allerdings sind die Kosten für die Kurzzeitpflege in den jeweiligen Bundesländern unterschiedlich hoch. Außerdem können pflegende Angehörige, die eine Reha-Maßnahme brauchen, ihren Angehörigen inzwischen sogar dorthin mitnehmen. Der Angehörige kann entweder in der gleichen oder einer nahegelegenen Einrichtung auch ohne Pflegezulassung untergebracht werden.