Eine Herde Merinoschafe auf einer Weide in Neuseeland (Quelle: IMAGO / VWPics)
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Freizeit| Beitrag | Lesedauer etwa 4 Minuten - Merinowolle: Es geht auch ohne Mulesing

Merinowolle hält uns im Winter warm, doch die Schafe müssen dafür leiden: Beim Mulesing werden ihnen Hautfalten abgeschnitten. Es gibt aber auch Wolle ohne Tierquälerei.

Die Bekleidungsgeschäfte sind im Wintermodus. Pullis, Schals und Strickjacken füllen Schaufenster und Online-Shops. Kuschelige Kleidung für die kalten Tage geht in vielen Läden jetzt über die Theke oder in die Paketpost. Besonders beliebt ist Merinowolle. Die nachhaltige Ressource gilt als besonders warm, nicht kratzig, atmungsaktiv und wird deshalb gerne in Outdoor-Kleidung und Wintermode eingearbeitet. Doch kaum ein Verbraucher weiß, dass Millionen Schafe für die warmen Wollprodukte leiden. Mit diesen Tipps lassen sich fair produzierte Kuschelpullis im Shopping-Dschungel erkennen.

Merinowolle und Tierquälerei: Was ist Mulesing?

Zwei exakt gleich wirkende Woll-Kleidungsstücke können die unterschiedlichsten Herstellungswege gegangen sein. Angefangen von der Schafhaltung über die Verwendung von Chemikalien bis hin zum Zusatz von Kunststofffasern. Besonders umstritten ist die Tierhaltung in einigen Betrieben. Vor allem das sogenannte Mulesing, das auf Merinofarmen in Australien praktiziert wird. Dabei wird den Lämmern rund um den After ohne Betäubung Haut abgeschnitten oder vereist.
 
"Mulesing ist einer der größten Eingriffe, den es bei Nutztieren gibt", sagt Corinna Reinisch von der Tierschutzorganisation Vier Pfoten. "Die Tiere haben großen Schmerzen, verlieren Gewicht und meiden die Person, die den Eingriff durchgeführt hat", so Reinisch. Damit Merinoschafe möglichst viel Wolle produzieren, wurden sie so gezüchtet, dass die Schafe möglichst viel Haut haben. Dadurch entstehen Hautfalten und in diesen Falten, besonders am After, niesten sich Fliegenlarven ein. Ein starker Befall kann die Tiere krankmachen. Durch das Mulesing sollen die Schafe vor Fliegenbefall bewahrt werden. Einige Schafe werden außerdem hin und wieder in der krebserregenden Chemikalie Permethrin gebadet, um Insekten und deren Maden und Larven im Fell des Tieres abzutöten. Der krebserregende Stoff Permethrin kann in den Wollprodukten nachgewiesen werden.

Mulesing freie Wolle durch Siegel erkennen

Es gibt aber auch Betriebe, die auf das schmerzhafte Mulesing und Chemikalien in der Tierhaltung verzichten. Erkennen kann man das an verschiedenen Siegeln für Bio-Textilien und auch speziell für Merinowolle. Diese finden sich auf Etiketten am und im Kleidungsstück, oder beim Online-Shopping in den Artikelbeschreibungen. Aber Achtung: die Begriffe "Bio", "Öko" und "Natur" sind in der Kleidungsindustrie nicht geschützt - theoretisch kann jeder sie verwenden. Bei folgenden Labels müssen jedoch hohe Standards erfüllt werden, damit ein Unternehmen sie verwenden darf.

Siegel für Merinowolle ohne Tierquälerei

Merinowolle ohne Siegel

Es gibt auch Merinowolle-Produkte, die ohne Mulesing hergestellt wurden und trotzdem kein Label tragen. Das liegt daran, dass Label teuer sind und kleine Hersteller sich die Zertifizierung manchmal nicht leisten können. Im Zweifel kann man direkt beim Hersteller nachfragen, unter welchen Bedingungen die Tiere gehalten und die Wollte hergestellt wird. "Die Label sind noch nicht sehr verbreitet. Oft bleibt nichts anderes übrig, als den Aussagen der Marke zu vertrauen, dass die Tiere bei der Herstellung nicht leiden", sagt Corinna Reinisch von der Tierschutzorganisation Vier Pfoten. Um sicher zu sein, kann man sich auch vergewissern, dass die gesamte Lieferkette regelmäßig kontrolliert wird. "Als Konsument können Sie so auch Druck machen und mehr Transparenz in dem Bereich einfordern", sagt Reinisch.
 
Auch ein Blick ins Etikett ist hilfreich, um herauszufinden, ob billige Polyester-Fasern dazwischen gemischt wurden. Und noch ein Tipp: Abseits der großen Geschäfte - auf kleinen Bio-Höfen und in deren Onlineshops - gibt es oft auch nachhaltige Wollprodukte zu kaufen.

Ein Breitag von SUPER.MARKT, 11.12.2024.