Gesundheit | Beitrag | Lesedauer etwa 4 Minuten - Pflegegrad: So klappt die Einstufung
Ein Pflegegrad kann wichtige Unterstützung bringen. Der Weg dahin ist aber für viele überfordernd. Gut zu wissen: Es gibt Hilfe. Wir zeigen, wo.
Wenn Menschen pflegebedürftig werden, stehen Betroffene und auch Angehörige oft vor einem Wust an Anträgen, Fachbegriffen und viel Bürokratie. Der erste Schritt ist dann in der Regel, eine Einstufung in einen Pflegegrad vornehmen zu lassen. Pflegegrade gibt es von 1 bis 5, wobei der erste Grad für eine geringe Beeinträchtigung der Selbständigkeit steht, der fünfte für schwerste Beeinträchtigungen - "mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung". Das gilt etwa, wenn eine Demenz vorliegt.
Für die Einstufung werden verschiedene Bereiche, die unterschiedlich gewertet werden, berücksichtigt: "Mobilität", "kognitive und kommunikative Fähigkeiten", "Selbstversorgung", "Bewältigung und selbstständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen" sowie "Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte".
Die Einstufung selbst wird von Expertinnen und Experten des sogenannten Medizinischen Dienstes vorgenommen, in manchen Fällen auch von anderen unabhängigen Gutachterinnen oder Gutachtern. Sie besuchen Betroffene zuhause und schätzen die Situation ein. Die Pflegekasse gibt die Begutachtung vorab in Auftrag.
Erste Einschätzung mit dem Pflegegradrechner
Eine erste Hilfe für alle, die eventuell von einer Pflegebedürftigkeit betroffen sind oder diese bei Angehörigen vermuten, kann ein Pflegegradrechner sein. Es gibt verschiedene, unter anderem bieten die Verbraucherzentralen einen Pflegegradrechner an; er folgt den Richtlinien zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit.
Der Pflegegradrechner liefert eine erste Einschätzung, eine individuelle Bewertung durch eine Gutachterin oder einen Gutachter kann er nicht ersetzen. Mit dem Rechner können Betroffene zum Beispiel eine Idee davon bekommen, welcher Pflegegrad in Frage käme - und sich auch auf die Begutachtung vorbereiten.
Schritt für Schritt
Wer sich dazu entscheidet, die Einstufung in einen Pflegegrad zu beantragen, wendet sich als nächstes an die eigene Pflegekasse, diese gehört zur jeweiligen Krankenkasse. Bei der Pflegekasse wird ein formloser Antrag gestellt, was auch telefonisch möglich ist. Je früher, desto besser, denn für die Pflegeleistungen gilt der Tag der Antragsstellung - wer Wochen oder Monate verstreichen lässt, ist also nicht gut beraten.
Die Kasse wird dann zum einen Unterlagen zusenden, die von der betroffenen Person oder bevollmächtigten Angehörigen auszufüllen sind, zum anderen wird die Pflegekasse den Medizinischen Dienst mit einer Begutachtung beauftragen. Der Dienst wird einen Termin mit der Antragsstellerin oder dem Antragssteller vereinbaren.
Bei diesem Termin gilt dann eines: Ehrlich sein. Denn oft wollen sich Betroffene nicht die Blöße geben und versuchen, doch ein anderes, "besseres" Bild ihrer Situation abzugeben. Aber nur, wenn erkannt wird, welche Hilfe wirklich bei den Alltagsbelangen benötigt wird, erhalten Betroffene die Möglichkeit, den passenden Pflegegrad zu bekommen. Wichtig ist auch, den Termin mit einer Vertrauensperson oder der pflegenden Person zusammen wahrzunehmen.
Wenn die Unterlagen und das Gutachten bei der Pflegekasse vorliegen, wird über eine Einstufung in einen Pflegegrad entschieden. Und die betroffene Person erhält einen Bescheid. Entweder über die Bewilligung des jeweiligen Pflegegrads - oder über dessen Ablehnung. In diesem Fall kann Widerspruch eingelegt werden.
Tipps: Wenn's mal hakt
Nicht immer läuft die Einstufung in einen Pflegegrad problemlos. Das Wichtigste ist dann, dranzubleiben.
Hält sich die Pflegekasse nicht an vorgegebene Fristen? Die Pflegekasse hat beispielsweise höchstens 25 Arbeitstage nach Eingang des Antrags lang Zeit, um eine Entscheidung zu treffen. Die Verbraucherzentrale gibt praktische Tipps, welche Schritte Antragstellende dann gehen können.
Auch wenn der Antrag gänzlich abgewiesen wird, gibt es noch Handlungsspielraum. So kann innerhalb von vier Wochen nach Erhalt des Bescheids Widerspruch eingelegt werden. Seiten wie etwa die der Bundesinteressenvertretung für alte und pflegebetroffene Menschen e.V. (BIVA) oder auch dieses Dossier von Stiftung Warentest helfen weiter. In Härtefällen kann auch eine Pflegerechtsberatung der Verbraucherzentralen weiterhelfen. Und zuletzt kommt der Gang vors Sozialgericht in Frage.
Ein Beitrag von SUPER.MARKT, 06.05.2024.