Ein Mann schaut sorgenvoll auf sein Smartphone (Quelle: IMAGO / Westend61)
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Multimedia | Beitrag | Lesedauer etwa 2 Minuten - Dark Patterns: beispielhaft manipulatives Webdesign

Temu, Shein, Amazon & Co: Webseiten arbeiten oft mit Dark Patterns, um uns zu beeinflussen. Wir zeigen Beispiele - Stichwort: Cookie Banner - und worauf es zu achen gilt.

Was wollen die von mir? Diese Frage stellt sich bei vielen Webseiten nicht, denn die sind so programmiert und designt, dass man gar nicht groß nachdenken muss, bevor man hierhin klickt oder dorthin. Das Design der Webseite führt uns sozusagen.
 
Das kann konkret so aussehen: Ein Button kurz vor dem Bezahlvorgang, der uns verleiten soll, schnell das Abo abzuschließen, um dann - scheinbar - deftig zu sparen. Oder ein Produkt, das uns beim Bestellvorgang noch untergejubelt werden will - "Das könnten Sie brauchen". Die schnelle Abfrage von persönlichen Daten, die sich darstellt, als müsse man diese Daten angeben. Oder auch einfach die nochmalige Frage, ob man wirklich kündigen oder nicht doch die Rabatte genießen wolle.
 
All das sind sogenannte Dark Patterns. Also manipulative Designelemente, die in den allermeisten Fällen eines wollen: uns zum Kaufen animieren. Unternehmen wie Temu und Shein arbeiten stark mit Dark Patterns. Aber etwa auch Amazon. "Ist ein Prozess oder ein Design so ausgerichtet, dass eher das Ziel des Anbieters verfolgt wird als der Nutzen für Verbraucher:innen, spricht man von einem Dark Pattern", so die Fachleute der Verbraucherzentrale.

Dark Patterns bei Temu, Shein, Amazon & Co - und ihre Funktionsweise

Dark Patterns nutzen im Grunde drei Tricks, um uns zu Handlungen zu bewegen.
 
Zum einen setzen die manipulativen Designs darauf, dass wir in den vergangenen 20 Jahren gelernt haben, uns schnell und einfach - und vor allem instinktiv! - durchs Internet zu bewegen. Dabei nutzen wir viel Vorwissen, wie etwa: "eingefärbter Bereich = wichtige Information", "Button = klicken" oder "Häkchen entfernen = kein nerviger Newsletter". "Genau diese gelernten Verhaltensmuster nutzen Dark Patterns aber, um gewünschte Handlungen herbeizuführen", erläutert die Fachleute der Verbraucherzentrale - auch wenn wir diese Handlungen vielleicht gar nicht tätigen wollen. Aktuelles Beispiel: die Gestaltung von Cookie-Bannern, die uns zum Akzeptieren aller Cookies bewegen möchte.
 
Dann geht es auch einfach ums geschickte Verstecken von wichtigen Informationen, etwa, wenn eine nicht rechtzeitige Kündigung bedeutet, dass man ein Abo abgeschlossen hat. Solche Informationen sind teilweise auf Unterseiten oder an absurden Stellen im Seitenaufbau versteckt.
 
Und zuletzt geht es darum, uns zu überfordern. Denn wissenschaftlich ist es erwiesen, dass wir Menschen uns am liebsten gar nicht entscheiden, wenn wir von zu vielen Informationen überflutet werden - der sogenannte "choice overload". In solchen Fällen klicken wir einfach weiter, akzeptieren Cookies und andere Dinge - nach dem Motto "Hauptsache weg hier". Wer die Startseiten von Apps und Webseiten wie Temu, Shein oder Amazon vor Augen hat, weiß, wie übervoll diese sind.

Manipulation vermeiden: Cookie-Banner nicht einfach wegklicken

Wer Dark Patterns erkennen und erfolgreich umgehen will, muss vor allem eines vermeiden: Bequemlichkeit. Denn die meisten dieser Manipulationen vereinfachen uns den Weg durch eine Webseite, und verleiten uns somit dazu, sie zu wählen - oder nicht aktiv abzuwählen.
 
Das Europäische Verbraucherzentrum (EVZ) und die Verbraucherzentrale haben Tipps erarbeitet, um nicht auf diese Manipulationstechniken hereinzufallen. Die wichtigsten fassen wir hier zusammen:
 
Nur kaufen, was man auch braucht. So können wir übermäßigen Konsum vermeiden.

 
Bei einem Internetkauf immer Preise in verschiedenen Onlineshops oder auf Preisvergleichsportalen vergleichen. Und: Lohnt sich das Angebot auch noch, wenn etwa hohe Liefergebühren hinzukommen?
 
Nicht unter Druck setzen lassen. Zum Beispiel durch den Hinweis, dass nur noch ein Produkt vorhanden ist oder dieses Produkt schon in einem anderen Warenkorb liegt.
 
Nicht zu schnell auf Buttons klicken und lieber bei jedem Pop-up genau anschauen, welche Optionen es gibt.
 
Alles immer nochmal überprüfen: Checkboxen mitsamt Formulierungen, Warenkorb, Endpreis.
 
In der Regel gilt bei Onlinekäufen das 14-tägige Widerrufsrecht!
 
Und: Auch Daten sind eine Form der Währung. Wer weniger Daten preisgeben möchte, schaut sich deshalb die Cookie-Banner genau an und klickt nicht vorschnell auf "annehmen".

Rechliche Lage: Ist das Marketing mit Dark Patterns erlaubt?

Dark Patterns sind in Europa nicht grundsätzlich verboten; bisher gibt es noch nicht einmal eine einheitliche Definition von Dark Patterns. "Die manipulierenden Marketing-Strategien unterliegen jedoch unterschiedlichen Richtlinien und Verordnungen aus den Bereichen Wettbewerbsrecht, Verbraucherrecht, Datenschutzrecht und künstliche Intelligenz", erläutern die Verbraucherschützer:innen des EVZ.
 
So könnten manche Vorgehensweisen etwa als unlautere Geschäftsmethoden betrachtet werden. Zum Beispiel, wenn für ein als "kostenlos" beworbenes Produkt gezahlt werden müsse oder wenn mit attraktiven Preisen für Artikel geworben werde, die aber nicht lieferbar sind.
 
Laut neuer Verbraucheragenda will die Europäische Kommission in den kommenden Jahren verstärkt gegen Dark Patterns vorgehen.
Ein erster Vorschlag der Kommission sieht etwa ein Verbot von Vorgehensweisen vor, die Verbraucherinnen und Verbraucher stark benachteiligen. Auch könnten Gewerbetreibende zu einem fairen oder neutralen Design verpflichtet werden.
 
Bis der gesetzliche Rahmen angepasst worden ist, können Datenschutzbehörden immerhin kontrollieren, ob Händlerinnen und Händler gegen Datenschutzvorschriften (DSGVO) verstoßen.

Ein Beitrag von SUPER.MARKT, 30.08.2024.