Recht | Beitrag | Lesedauer etwa 4 Minuten - Kaufverträge: Wann ist der Widerruf möglich?
Eine Kaufentscheidung ist manches Mal zu schnell getroffen, umso besser, wenn man sie rückgängig machen kann. Mit dem Widerrufsrecht geht das - nicht in allen Fällen.
Klick, klick, scroll, scroll, klick - schon hat man das Teil gekauft, den Vertrag abgeschlossen, die Versicherung klargemacht. Wer per pedes und nicht online unterwegs ist, geht vielleicht in ein Geschäft und kauft dort ein.
Aber es kommt vor, dass wir von diesem Kaufvertrag wieder zurücktreten wollen. Das Abo ist doch zu teuer, die Versicherung deckt nicht ganz das ab, was man abgedeckt haben wollte - und das zwanzigste weiße T-Shirt? Muss auch nicht wirklich sein.
In Deutschland gilt dann in vielen - aber längst nicht in allen - Fällen das Widerrufsrecht. Es besagt, dass wir in der Regel 14 Tage nach Abschluss eines Vertrages oder dem Erhalt bestellter Ware den Kaufvertrag rückgängig machen können.
Allerdings verändert sich die Rechtslage je nachdem, wo wir den Vertrag abgeschlossen haben. Grob lässt sich sagen, dass es drei Antworten auf die Frage gibt, ob man in einem konkreten Fall den Kauf widerrufen kann: "Ja", "Nein" und "Seltsam, aber ja". Hier erklären wir, welche Antwort wann gilt - und eine besondere Ausnahme!
Hier gilt das Widerrufsrecht
• Kaufverträge, die außerhalb eines Geschäftsraums abgeschlossen wurden.
• Kaufverträge, die im Internet abgeschlossen wurden.
• Kaufverträge, die am Telefon abgeschlossen wurden.
Bei sogenannten Fernabsatzverträgen, also etwa via Telefon oder Website, ist das Widerrufsrecht anwendbar. Genauso für Verträge, die außerhalb des Geschäftsraums - etwa auf der Straße bei einem Abo-Verkäufer - gemacht wurden.
Die Ausnahme bei Versicherungen und Finanzdienstleistungen
Bei Versicherungen und anderen Finanzdienstleistungen dreht das Widerrufsrecht eine Volte: Hier ist es anwendbar, wenn der Vertrag per Fernabsatz abgewickelt wurde, also am Telefon, per Post oder im Internet. Nicht anwendbar ist es aber, wenn der Vertrag außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossen wurde.
Dies bestätigte am 3. Juli 2024 ein Urteil des Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe; eine Ausweitung auf Haustürgeschäfte sieht deutsches Recht nicht vor und ist auch durch EU-Recht nicht vorgegeben (Az. I ZR 137/23).
Der BGH wies die Klage einer Frau aus Oberbayern ab. Sie hatte ihren Versicherungsvertreter beauftragt, den Tarif ihrer privaten Krankenversicherung "günstiger zu gestalten". Als Honorar für den Vermittler wurden 80 Prozent der Jahresersparnis plus Mehrwertsteuer vereinbart - letztendlich 1.948 Euro. Der Vertrag für diese Leistung, den die Frau dann widerrufen wollte, wurde im Ladengeschäft der Frau getätigt.
Hier gilt das Widerrufsrecht trotzdem
• Wenn man einen finanzierten Vertrag im Laden abschließt, gilt auch hier das gesetzliche Widerrufsrecht. Also etwa, wenn man das Sofa auf Ratenkauf im Laden bestellt oder der Kaufvertrag mit einem Kreditvertrag verbunden ist. Auch wenn die Ware nach und nach geliefert wird - etwa bei Buchreihen - und ratenweise bezahlt wird, gilt das
Widerrufsrecht.
Bitte beachten: Die Höhe der vereinbarten Finanzierung bzw. Rate muss über 200 Euro liegen und über mehr als drei Monate kreditiert sein, damit diese Regelung greift.
• Besondere Ausnahmen macht das Widerrufsrecht bei Lebens- und Rentenversicherungen. Wer aus einer laufenden Lebens- oder Rentenversicherung aussteigen will, kann unter Umständen auch Jahre nach Vertragsschluss noch widersprechen und eine Rückabwicklung des Vertrages erreichen. Dafür müssen die Verträge zwischen dem 29. Juli 1994 und Ende 2007 abgeschlossen worden sein - und falsche Kundeninformation enthalten, etwa, wenn nicht über die Widerrufsfrist belehrt wurde. Ob der Widerruf des eigenen Vertrags möglich ist, bei der Frage hilft die Verbraucherzentrale weiter.
Hier gilt das Widerrufsrecht nicht
• Kaufverträge, die im Geschäft geschlossen wurden.
• Verträge für Versicherungen und andere Finanzdienstleistungen, die außerhalb von Verkaufsräumen abgeschlossen wurden, können nicht widerrufen werden. Widerrufe sind nur bei Versicherungen und Finanzdienstleistungen möglich, wenn der Vertrag per Fernabsatz, also über das Internet oder per Telefon und Post, abgewickelt wurde.
• Kaufverträge, die mit einer Privatperson geschlossen wurden, etwa über Ebay.
"Viele Menschen denken, dass sie auch Einkäufe im Laden mit einem Widerruf rückgängig machen können. Doch das stimmt nicht", so die Verbraucherzentrale. Händler seien gesetzlich nicht dazu verpflichtet, die Ware zurückzunehmen und den Kaufpreis zu erstatten. Dennoch ist es gang und gäbe, dass der Widerruf aus Kulanz möglich ist. Viele Händler bieten etwa einen Umtausch oder die Rückgabe innerhalb einer bestimmten Frist an. Hier lohnt es sich, nachzufragen oder bereits im Geschäft ein Umtauschrecht zu vereinbaren, am besten gegen Rückzahlung des Kaufbetrags.
Gewährleistungsrechte greifen noch weiter
Wer etwas gekauft hat - auch im Laden - und es zeigt sich bald nach dem Kauf, dass die Ware defekt ist, kann von seinem Gewährleistungsrecht Gebrauch machen. Dieses gilt, unabhängig davon, wo man die Ware gekauft hat.
Das Gewährleistungsrecht greift übrigens auch, wenn reduzierte Ware, die mit dem Hinweis versehen war, dass sie vom Umtausch ausgeschlossen sei, defekt ist. "Auch Sonderangebote müssen in einem einwandfreien Zustand sein. Ist das nicht der Fall, haben Sie die üblichen Gewährleistungsrechte", so die Verbraucherzentrale.
So funktioniert der Widerruf
Will man einen Vertrag widerrufen, mus man dieses dem Vertragspartner, also etwa dem Händler mitteilen. Das geht formlos, zum Beispiel per E-Mail. Musterbriefe gibt es dafür bei der Verbraucherzentrale. In vielen Fällen liefern die Händler aber auch gleich ein Widerrufsformular mit.
Wichtig zu wissen: Der Widerruf muss in der Regel 14 Tage nach Abschluss eines Vertrages oder dem Erhalt bestellter Ware erfolgt sein.
Waren, die vom Widerrufsrecht ausgeschlossen sind
Es gibt Produkte, für die das Widerrufsrecht nicht gilt, auch wenn sie etwa online gekauft worden sind. Dies betrifft folgende Dinge:
• Waren, die personalisiert sind, etwa Maßanzüge oder Tassen mit einem selbst gewählten Namen darauf.
• Schnell verderbliche Waren wie frische Lebensmittel.
• Versiegelte Produkte, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet sind, etwa Cremes. "Wenn die Ware dagegen wieder verkauft werden kann, nachdem sie gereinigt wurde, greift die Ausnahme nicht. WC-Sitze sind zum Beispiel keine Hygieneartikel, ebenso wenig wie Matratzen"; erläutert die Verbraucherzentrale. Auch Unterwäsche oder Bademoden seien vom Widerrufsrecht nicht ausgenommen.
• Versiegelte CDs, DVDs oder ähnliche sensible technische Geräte, wenn das Siegel entfernt wurde.
• Verträge über die Lieferung von Zeitungen, Zeitschriften oder Illustrierten - außer es handelt sich um ein Abo.
• Auch der Kauf von Bahntickets, Flügen, Pauschalreisen oder Tickets für Konzerte kann nicht widerrufen werden.
Widerrufsrecht "abgelaufen"
Achtung: Wer eine Ware kauft, die nach Benutzung sozusagen "verbaucht ist" beziehungsweise die der Dienstleister schon vollständig erbracht hat, dessen Widerrufsrecht entfällt schon vor Ablauf der 14 Tage. Etwa, wenn wir digitale Inhalte kaufen, einen Film beispielsweise, der einmalig gestreamt werden darf. Ist er gestreamt, ist das Widerrufsrecht erloschen. Wichtig: "Sie müssen dem zugestimmt haben und dem Unternehmen bestätigt haben, dass Sie wissen, dass Sie dadurch Ihr Widerrufsrecht verlieren. Ein versteckter Hinweis in den Geschäftsbedingungen reicht dafür nicht aus", so die Verbraucherzentrale.
Ein Beitrag von SUPER.MARKT mit Material der Verbraucherzentrale, 17.10.2024.