Der Aufkleber "Bitte keine Werbung" auf einem Briefkasten (Quelle: IMAGO / Sven Simon)
Bild: IMAGO / Sven Simon

Recht | Beitrag | Lesedauer etwa 3 Minuten - Unerwünschte Werbepost: Das kann ich dagegen tun

Niemand will sie, fast alle bekommen sie: Werbepost, Wurfsendungen, teiladressierte Anschreiben. SUPER.MARKT checkt, was sich dagegen tun lässt.

Schon wieder ist der Briefkasten verstopft, schon wieder Werbung, Werbung, Werbung. Obwohl der Aufkleber "Bitte keine Werbung einwerfen" fett auf dem Kasten prangt. Doch nicht immer reicht dieser Hinweis aus, warnt die Verbraucherzentrale.
 
Was wir darüber hinaus unternehmen können, um die Werbeflut zu unterbinden, reicht von Anschreiben bis Klagen. Wann was sinnvoll sein kann, haben wir im Gespräch mit Dr. Julia Gerhards von der Verbraucherzentrale Rheinland Pfalz geklärt. Sie ist Referentin für Verbraucherrecht und Datenschutz. Das Gespräch findet sich weiter unten auf dieser Seite.

Opt-out vs. Opt-in

Derzeit gilt in Deutschland auf rechtlicher Ebene: Ich muss aktiv äußern, dass ich keine Werbung oder Wurfsendungen erhalten möchte. Etwa durch den entsprechenden Aufkleber am Briefkasten. Dieses Verfahren nennt sich Opt-out.
 
Im Gegensatz dazu fordern Verbraucherschützende das Opt-in Verfahren für Werbepost: In diesem Fall müssten Verbraucherinnnen und Verbraucher also aktiv äußern, dass sie Werbung erhalten möchten. Dann würde stattdessen zum Beispiel ein anderer Sticker am Kasten kleben: "Werbung erwünscht", oder ähnlich.
 
Durch eine Umstellung könnten jährlich mehrere hunderttausende Tonnen Papier eingespart werden, so der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) - und Verbraucher:innen müssten sich nicht mehr von der Werbepost belästigt fühlen.
 
Doch auch wenn es neben den Forderungen des vzbv einige Initiativen dazu gibt, gibt es nur wenig Bestrebungen in der Politik, dass Opt-out-Verfahren durch das Opt-in zu ersetzen.

Unterschiedliche Wege bei unterschiedlicher Werbung

Es ist Werbung. Aber bei dem Weg, den wir einschlagen können, um unerwünschte Werbung zu unterbinden, gibt es Unterschiede - und zwar abhängig davon, was für eine Form der Werbung es ist.
 
Was tun bei:
 
... persönlich adressierten Werbesendungen - also Werbung, die tatsächlich an uns adressiert ist, Name und Anschrift? Hier gilt: Wir müssen aktiv werden. Denn die Zusteller haben die Pflicht, adressierte Briefe zuzustellen. Es hilft zum einen, immer genau darauf zu achten, wem wir das Recht geben, uns postalisch Werbung zuzuschicken. Das kann schnell passieren, wen wir etwa etwas bestellen. Hier sollte immer der Verarbeitung unserer personenbezogenen Daten zum Zweck von Direktwerbung widersprochen werden. Diesen Widerspruch kann man auch im Nachhinein einlegen. Zum anderen können wir uns auf die die Robinson-Liste setzen lassen. Wir werden dann von den "derzeit existierenden Adressenlisten aller Werbeunternehmen gestrichen, die Mitglied im Deutschen Dialogmarketing Verband e.V. (DDV) sind", erläutert die Verbraucherzentrale. Firmen, die nicht in dem Verband sind, müssen gesondert dazu aufgefordert werden, die Zusendung von Werbematerial zu unterlassen - am besten per Einschreiben mit Rückschein.
 
Bei Firmen, die nicht Mitglied des Deutschen Dialogmarketingverbandes e.V. sind, bleibt Ihnen nur ein Weg: die Firma schriftlich, am besten per Einschreiben mit Rückschein, auffordern, zukünftig die Zusendung von Werbematerial zu unterlassen.
 
...nicht adressierten Werbesendungen? Das ist also etwa der Stoß von Flyern des neuen Pizza-Bringdienstes um die Ecke, der einfach auf alle Briefkästen verteilt wird. Diese Werbepost wird in der Theorie unterbunden, sobald man den "Keine Werbung-Sticker am Briefkasten pappen hat.
 
... teiladressierten Werbesendungen? Für diese Werbepost, die sich zum Beispiel an alle Bewohner eines Hauses oder einer Straße richtet, reicht der Aufkleber "Keine Werbung einwerfen" aus.
 
... Werbebeilagen in Tageszeitungen sind noch einmal ein anderer Fall. Denn hier reicht der "Keine Werbung einwerfen" auf dem Briefkasten nicht aus. Es muss ein erweitertes Verbot geäußert, also hingeklebt, werden: "Keine Werbung - keine Handzettel, keine Wurfsendungen, keine kostenlosen Zeitungen und Wochenblätter" würde hier greifen. Gelangen die Wochenblätter dennoch in den Briefkasten, sollte die Redaktion bzw. das Verlagshaus angeschrieben werden, hier lässt sich das Blatt abbestellen.
 
... Werbung politischer Parteien? Diese Werbung darf nicht eingeworfen werden, wenn wir einen Aufkleber auf dem Briefkasten haben, der Werbung unterbinden soll. Wird dennoch Parteienwerbung eingeworfen, können wir "den jeweiligen Bezirks- oder Landesverband dieser Partei anschreiben und unmissverständlich auffordern, zukünftig weitere Werbeeinwürfe zu unterlassen", so die Verbraucherzentrale.

Was tun, wenn die Werbung trotzdem kommt?

Wer trotz der oben beschriebenen Erstmaßnahmen - also der Opt-out-Sticker - dennoch Werbepost bekommt, die nicht an einen persönlich adressiert ist, kann sich zuerst "an den Werbetreibenden wenden und die Unterlassung der Werbeeinwürfe verlangen", so Gerhards Rat. Dies machen wir am besten per Einwurfeinschreiben. Per Mail geht es auch, "dann sollte aber der Eingang dokumentiert sein". Auf der Seite der Verbraucherzentrale finden sich dafür nützliche Textbausteine.
 
Als nächste Möglichkeit kann man eine Klage in Betracht ziehen. Dann sollte man aber "das mit jeder Klage verbundene Kostenrisiko bedenken" - eine Rechtschutzversicherung macht die Entscheidung leichter - wenn die Gesellschaft für das Verfahren eine Deckungszusage erteilt hat. Aber trotzdem beachten: "Einige dubiose Unternehmen sitzen im außereuropäischen Ausland - und sind dort oft weder für Bußgelder noch für Abmahnungen greifbar. In diesem Fall können Sie Ihr Recht leider nur schwer durchsetzen", warnt die Verbraucherzentrale.

"Immer mehr Verbraucher:innen hinterfragen die Praxis"

Papier um Papier um Papier - Werbung verbraucht ganz schön Ressourcen: Laut der Deutschen Umwelthilfe sind es im Jahr rund 975.000 Tonnen, allein an unadressierter Werbung. Das ärgert Verbraucherinnen und Verbraucher, hat Julia Gerhards von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz beobachtet. Dazu kommt natürlich der Nerv-Faktor von Wurfsendungen und Co. Im Gespräch mit SUPER.MARKT zeigt sie, wie weit Verbraucher:innen gehen (können), um die Werbeflut abzustellen.

Wirken die oben genannten Maßnahmen, um die Werbeflut einzudämmen, Frau Gerhards?

Natürlich ist ein werbefreier Briefkasten möglich – 100 % möchte ich nicht versprechen, weil es ja auch immer wieder neue Anbieter am Markt gibt, aber so gut wie werbefrei ist möglich. Am wirksamsten ist dabei eine Kombination von Maßnahmen:

 

Die Robinson-Liste ist vor allem für die Bereiche Mailwerbung, Telefonwerbung und postalische adressierte und teiladressierte ("An alle Haushalte Musterstr. 12") Werbung gut. Natürlich halten sich gerade die ganz schwarzen Schafe nicht daran. In meiner Wahrnehmung arbeiten die aber vermehrt im Bereich telefonischer und E-Mail-Werbung - trotzdem gibt es natürlich auch noch eingeworfene Werbeflyer, allerdings eher nicht adressiert oder teiladressiert.

 

Mit dem neuen Postgesetz gibt es übrigens eine Änderung: Auch teiladressierte Werbung muss jetzt vom Postzusteller ausdrücklich nicht mehr zugestellt werden. Das heißt aus Sicht der Verbraucherzentralen, Postzusteller müssen Werbewidersprüche beachten.

 

Für teiladressierte und nicht adressierte Werbesendungen ist der "Keine Werbung"-Aufkleber am Briefkasten da.

 

Und eine grundsätzliche Datensparsamkeit hilft auch, den Briefkasten werbefrei zu halten.

Und es gibt Verbraucher:innen, die dann aktiv werden und Unternehmen anschreiben?

Ja. Das ist sicher nicht die Masse der Verbraucher:innnen, aber manche ärgern sich sehr über die Missachtung Ihres klaren Wunschs und werden dann auch tätig. Immer mehr Verbraucher:innen hinterfragen die Praxis der massenhaften Verteilung haptischer Werbeprospekte auch unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten sehr kritisch.

Klagen denn Verbraucher:innen wirklich wegen unerwünschter Werbung?

Wir haben keinerlei Zahlen zu Klagen. Ich würde davon ausgehen, dass Klagen häufig erfolgreich verlaufen, da die Organisationsverantwortung der Anbieter nach der Rechtsprechung beträchtlich ist. Allerdings hat jede Klage ein Prozess- und Kostenrisiko – und sei es das Risiko, dass der Anbieter insolvent wird. Und natürlich müssen die Voraussetzungen eines Unterlassungsanspruchs vorgetragen und bewiesen werden können.

Was mache ich, wenn ich am Briefkasten jemanden dabei erwische, der Wurfsendungen einwirft, obwohl überall die "Werbung-nein danke"-Sticker kleben?

Die Person auffordern, den Werbewiderspruch zu beachten. Man kann die Person auch bitten, den eigenen Namen und den des Unternehmens zu nennen. Mit diesen Angaben kann man sich dann an den Werbetreibenden wenden und Unterlassung der Werbeeinwürfe verlangen.

Ein Beitrag von SUPER.MARKT mit Material der Verbraucherzentrale, 24.07.2024.