Ein Mann cremt sich im Park den Arm mit Sonnencreme ein (Quelle: picture alliance / dpa-tmn | Zacharie Scheurer
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Gesundheit | Beitrag | Lesedauer etwa 4 Minuten - Sonnencremes: Probleme mit UV-Schutz und Weichmachern

Beim alljährlichen Sonnencreme-Test von Stiftung Warentest konnte nur die Hälfte der Produkte überzeugen. Immerhin: Guter Schutz muss nicht teuer sein.

Schützen die UV-Filter ausreichend vor Sonnenbrand und Hautalterung? Wie verbraucherfreundlich ist die Anwendung? Und welche ungewünschten Stoffe sind möglicherweise enthalten? Stiftung Warentest hat wieder Sonnenschutzmittel getestet: insgesamt 20 Sonnenschutzsprays, -cremes und -gels zu Preisen von 1,58 bis 42 Euro pro 100 ml (siehe Video).
 
Neben dem UV-Schutz - sechs Produkte hielten den auf der Verpackung angegebenen Schutz nicht ein - stand das erste Mal das Thema Weichmacher mit auf der Liste der Tester und Testerinnen.

Auch untersucht: gesundheitsgefährdende Weichmacher

Anfang des Jahres wurde die Substanz Mono-n-hexylphthalat (MnHexP) in Urinproben von Kita-Kindern und später auch von Erwachsenen gefunden. Der Stoff entsteht im Körper beim Abbau des Weichmachers Di-n-hexylphthalat (DnHexP) und gilt als fortpflanzungs- und gesundheitsgefährdend.
 
Schnell rückten Sonnenschutzmittel als möglicher Grund für den Weichmacher-Fund in den Fokus, genauer der Filter DHHB, da dieser durch Verunreinigungen den Weichmacher DnHexP enthalten kann. Stiftung Warentest hat beim diesjährigen Sonnenschutzmittel-Test daher auch nach dem Weichmacher gesucht - und ist fündig geworden.

Sonnenschutzfilter ohne Weichmacher

Mehrere der getesteten Sonnenschutzmittel enthielten den Filter DHHB, aber nur in vier Produkten konnten die Tester den laut EU-Kosmetikverordnung verbotenen Weichmacher DnHexP in geringer Konzentration finden. Die Produkte erhielten daher das Urteil "ausreichend".
 
Auch das NDR-Verbrauchermagazin Markt hat kürzlich zehn Sonnenschutzmittel, die den Filter DHHB verwenden, auf den Weichmacher DnHexP getestet - in dreien wurde er gefunden.
 
Doch wie kommt der Weichmacher in die Sonnencreme und warum sind nicht alle Produkte, die den DHHB-Filter nutzen, mit ihm belastet? Anscheinend kann DnHexP im Herstellungsprozess des Sonnenschutzfilters DHHB entstehen. Dieser wird immer mehr in Sonnenschutzmitteln eingesetzt, seit der UV-Filter Oxybenzon unter anderem mit dem Korallensterben in Verbindung gebracht wird. Eine Untersuchung des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamtes Karlsruhe (CVUA) kommt zu dem Schluss, dass es auch möglich ist, den DHHB-Filter so herzustellen, dass er nicht mit Weichmachern verunreinigt wird. Es kommt also auf die Auswahl der Rohstoffe an.

In geringen Mengen ungefährlich?

Kurz nachdem Fund von Weichmachern in den Urinproben der Kinder und Erwachsenen, gab das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) eine erste Einschätzung ab: "Die in Urinproben nachgewiesenen Konzentrationen des Stoffes Mono-n-hexylphthalat (MnHexP) geben nach einer ersten, vorläufigen Bewertung des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) keinen Anlass für eine erhöhte Besorgnis", heißt es in der Stellungnahme vom 23. Februar 2024. Auch in einer überarbeiteten Stellungnahme vom 21. März 2024 hat sich die Grundaussage nicht geändert, dass "unerwünschte gesundheitliche Wirkungen [...] sehr unwahrscheinlich" seien.
 
Dem widerspricht der Toxikologe Holger Koch vom Bochumer Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung. Er hatte den Weichmacher bei Routineuntersuchungen im Urin von Kindergartenkindern in Nordrhein-Westfalen entdeckt. Der Forscher hält DnHexP für "eines der toxischsten Phthalate, das wir kennen". NDR-Markt sagte Koch: "Wir waren schon überrascht, als wir erste Sommerproben genommen haben, dass wir plötzlich eine breite Belastung gefunden haben." In den vorher untersuchten Winterproben hatte er keine erhöhten Werte feststellen können. Auch das Umweltbundesamt konnte in Proben aus Januar dieses Jahres kein MnHexP finden.
 
Der Inhaltsstoff DnHexP selbst ist übrigens in kosmetischen Mitteln verboten. Wenn er als Verunreinigung von Ausgangsstoffen in die Produkte gelange, wäre das nach Auffassung des BfR und der Hersteller aber in geringen Mengen erlaubt. Das BfR schreibt außerdem auf Nachfrage von SUPER.MARKT, dass DHHB zwar in Einzelfällen in kosmetischen Mitteln gefunden werde, die nicht Sonnenschutzmittel sind - diese Produkte aber auch eine viel geringere Verwendungsmenge hätten.

Weichmacher sind überall

Das BfR weist in der Stellungnahme aus Februar dieses Jahres zusätzlich daraufhin, dass Weichmacher auch in anderen Produkten zu finden sind. So seien Studien "aus dem
europäischen und nicht europäischen Ausland identifiziert" worden, "in denen der Nachweis von
DnHexP in Hausstaub, Kinderspielzeug und auch Kinderkleidung berichtet wird". Aktuell könne keine Aussage dazu getroffen werden, ob in den bewerteten "Proben weitere Phthalate vorlagen und inwieweit demzufolge mögliche Kombinationswirkungen zu berücksichtigen wären", erklärt das BfR.

Wie vor Weichmachern schützen?

Ein Leben ohne Weichmacher ist in unserer Welt also nahezu unmöglich. Dennoch können wir natürlich versuchen, den Konktakt mit ihnen so gering wie möglich zu halten. Bei Sonnenschutzmitteln würde dies bedeuten, auf Produkte mit dem Filter DHHB zu verzichten, beispielsweise bis es genauere Untersuchungen gibt. Auch wenn Produkte mit DHHB-Filter getestet wurden, die keine Weichmacher enthielten.
 
Das BfR könne hier keine Verbraucherempfehlung geben. "Allerdings ist der Zusammenhang zwischen Sonneneinstrahlung auf ungeschützter Haut und der Entstehung von Hautkrebs wissenschaftlich belegt; keinesfalls sollte daher der Sonnenschutz (textil und durch Sonnenschutzmittel) vernachlässigt werden", so das BfR zu SUPER.MARKT. Beim Kauf neuer Produkte können wir auf den Hinweis "phthalatfrei" achten, da diese stattdessen gesundheitlich unbedenkliche Weichmacher enthalten.

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Ein Beitrag von SUPER.MARKT mit Material von AFP, 19.06.2024.